Europäisches Klimaziel: EU-Umweltminister finden nur kleinsten gemeinsamen Nenner
Ressortchefs der 27 EU-Länder können sich nicht auf ein konkretes Klimaziel einigen, es gibt nur eine Absichtserklärung. Das finden Kritiker „peinlich“.
Stattdessen einigten sich die EU-Länder nur auf einen Zielkorridor: Sie wollen ihre Emissionen demnach bis 2035 zwischen 66,25 Prozent und 72,5 Prozent im Vergleich zu 1990 senken.
Vor der nächsten Weltklimakonferenz im November in Brasilien sollen die Teilnehmerländer bei den Vereinten Nationen Klimaschutzpläne (NDC) einreichen, in denen sie darlegen, was sie bis zum Jahr 2035 vorhaben. Die Abgabefrist läuft nächsten Mittwoch ab.
Schon vor dem Zusammenkommen der Umweltminister an diesem Donnerstag war klar, dass die EU-Staaten sich dabei nicht auf einen solchen formellen Plan einigen können. Der Grünen-Abgeordnete Michael Bloss kritisierte, die Erklärung zeige die europäische „Handlungsunfähigkeit“. Dabei brauche es gerade nach dem Rückzug der USA aus dem Pariser Klimaabkommen eine starke europäische Führungsrolle, sagte er.
EU spricht bei der Uno mit einer Stimme
Linda Kalcher von der Brüsseler Denkfabrik Strategic Perspectives bezeichnet es als „peinlich“, dass die EU die UN-Frist verpasst. „Die Absichtserklärung ist nur ein hart erkämpfter Trostpreis, ermöglicht es der EU aber, nächste Woche bei der Generalversammlung mit einer Stimme zu sprechen“, so Kalcher. Die Aufgabe müsse sein, den weiteren Pfad und das 2040-Ziel vor der Weltklimakonferenz im November zu verabschieden.
Denn unmöglich war bislang auch, eine Einigung für ein EU-Klimaziel für 2040 unter den Mitgliedsstaaten zu finden. Dafür legte die Kommission im Juli einen Vorschlag vor: die Emissionen klimaschädlicher Treibhausgase bis 2040 um 90 Prozent zu senken, im Vergleich zu 1990. Zu dem Vorschlag müssen sich die Länder gemeinsamen positionieren. Er entspricht in den wesentlichen Punkten den im Koalitionsvertrag festgehaltenen Klimazielen der schwarz-roten Bundesregierung.
Dass die EU-Umweltminister sich bei ihrem Treffen auch auf das 2040-Ziel einigen, scheiterte am Donnerstag am Widerstand mehrerer EU-Staaten. Auch Deutschland sorgte dafür, dass das Thema erst bei einem Treffen auf einer Ebene höher diskutiert wird: einem Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der EU im Oktober – nach der UN-Frist.
Auf höchster Ebene werden Entscheidungen in der Regel im Konsens getroffen. Da Ungarn und Polen und einige weitere Staaten bereits angekündigt haben, dass sie einem 90 Prozent-Ziel für 2040 nicht zustimmen werden, fürchtet Bloss „eine massive Aufweichung des Kommissionsvorschlags“.
Proteste von Fridays for future
Angst ums Klima haben auch die Aktivisten von Fridays for future. Unter dem Motto „#ExitGasEnterFuture“ rufen sie für den Samstag weltweit zu Protesten auf. In Deutschland plant die Klimaschutzbewegung Aktionen in 70 Städten, wie sie am Freitag in Berlin mitteilte.
Zentrale Forderungen sind der Ausstieg aus fossilem Gas und Investitionen in eine gerechte Energiewende. Neben Demonstrationen seien in 15 Städten auch andere Aktionsformen geplant, darunter Berlin, Köln, Chemnitz und Lüneburg. So wollen die Klimaschützer „mit großen Schriftzügen bildstark die Botschaft des Aktionstages sichtbar machen“.
Der Bundesregierung aus CDU, CSU und SPD warf „Fridays for Future“ vor, „völlig im Gasrausch“ zu sein: „Sie sichert die Gewinne der fossilen Lobby, statt Wohlstand und Sicherheit der Bevölkerung im Blick zu haben“, hieß es.
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