piwik no script img

Donnerstags suchen Rentner MörderWenn Mutter auf der Couch sitzt und über Se­nio­ren lacht

Die Bestsellerreihe „Der Donnerstagsmordclub“ ist zum Schreien komisch. Die Verfilmung ist zwar nett anzusehen, doch reicht der Witz nicht an das Buch heran.

Bei Kaffee und Kuchen spürt der Club Mör­de­r*in­nen nach: Helen Mirren, Ben Kingsley, Pierce Brosnan und Celia Imrie (v.l.n.r.) Foto: Giles Keyte/Netflix/dpa

Feierabend, scrollen durch die beliebtesten Neuerscheinungen bei Netflix. „The Thursday Murder Club“ ploppt dort auf und irgendwas klingelt da ganz leise im Hinterkopf. Nach längerem Grübeln dann die Erkenntnis: „Der Donnerstagsmordclub“, da gab es doch auch ein Buch. Langsam sickern die Erinnerungen wieder durch, an diverse Elternbesuche der vergangenen Jahre. Mal lag ein Buch der internationalen Bestsellerreihe von Richard Osman neben dem designierten Couchplatz der Mutter, beim nächsten Mal dann auf der Seite des Vaters.

Erinnerungen von schallendem Gelächter. Mutter und Vater mit einem Buch auf ihren Plätzen. Schon wieder. Lautstark durchbricht das Lachen der Mutter die Stille, die alle versunken in ihre Bücher hergestellt haben. Wie lustig kann ein Buch sein, dass es immer wieder aus einer Person nur so herausbricht?

Nun aber Netflix. Mal schauen, ob die Krimikomödie filmisch ähnliches bewirken kann. Im von Steven Spielberg produzierten „Cozy Crime“ fehlt einigen Be­woh­ne­r*in­nen der Seniorenresidenz „Coopers Chase“ trotz schier endloser Möglichkeiten der Freizeitgestaltung der gewisse Nervenkitzel. Jeden Donnerstag treffen sich daher vier von ihnen, um unaufgeklärte Mordfälle zu untersuchen. Doch natürlich bleibt es nicht dabei, mitten in der aktuellen Ermittlung wird Tony Curran (Geoff Bell) ermordet, der Besitzer der Residenz, deren Fortbestand zugleich auf dem Spiel steht.

Angeführt von Elizabeth (Helen Mirren), der Miss Marple dieser Geschichte, scharfsinnig und mit Vergangenheit als Geheimdienstlerin, nutzen die Clubmitglieder deshalb ihre gesamte Lebenserfahrung, um die Morde aufzudecken. Joyce (Celia Imrie) liefert als frühere Krankenschwester die medizinische Expertise und Kuchen, der so gut ist, dass er der Polizei einige geheime Informationen entlockt.

Ibrahim (Ben Kingsley) war Psychiater und ist der Feingeist der Runde, während der etwas gröbere Ron (Pierce Brosnan) als ehemaliger Gewerkschaftler seine agitatorischen Fähigkeiten noch nicht verloren hat. Weil die überaus noble Seniorenresidenz zu einem noch nobleren Luxusressort umfunktioniert werden soll, organisiert er kurzerhand einen Protest der Se­nio­r*in­nen und gibt dem Krimi so einen Hauch von Kritik an Verdrängungspolitik und kapitalistischem Zwang zur Profitmaximierung.

Potential der Buchvorlage nicht ganz ausgeschöpft

Als dann aber auch noch der zweite Besitzer der Residenz ermordet wird, muss der Club seine gesamte Finesse nutzen, um die Verbindungen zwischen den Fällen aufzudecken. Die Geschichte hält überraschende Wendungen offen und bleibt so zwei Stunden spannend, dennoch spürt man, dass Regisseur Chris Columbus 400 Seiten Buch in einen Film pressen musste.

Die Charaktere sind fantastisch besetzt, doch ein Funken mehr Tiefe hätte ihnen gut gestanden. Alle versprühen einen eigenen – vielleicht so nur im Alter vorhanden – Charme und sind mit sprachlichem Witz ausgestattet. Das Gefühl, dass der in der Buchvorlage aber noch stärker zum Vorschein kommt, ist trotzdem den gesamten Film vorhanden.

Nachgefragt bei der Person, die sich beim Lesen vor Gegacker kaum halten konnte. „Toll gespielt, aber dem Film fehlt es an Sprachwitz und mir wurden zu viele Erzählstränge ausgelassen“, sagt die Mutter. Auf den fünften Band der Buchreihe, der just vergangenen Donnerstag erschienen ist, freue sie sich aber nun umso mehr. Mal schauen, ob der die Stille des Lesekreises beim nächsten Elternbesuch wieder durch plötzliches Prusten durchbrechen kann.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare