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Konferenz soll Lösungen findenGefährlicher Plastikmüll

Mikroplastik ist noch bedrohlicher als angenommen, warnen For­sche­r:in­nen – und hoffen auf die am Dienstag beginnende UN-Plastikkonferenz in Genf.

Mikroplastik verursacht Krankheiten und kann bei Säuglingen ebenso wie im hohen Alter zum Tod führen Foto: Fabio Teixeira/imago

Berlin afp/dpa | Vor den am Dienstag beginnenden Verhandlungen über ein UN-Abkommen gegen Plastikmüll warnen For­sche­r:in­nen vor dem Gesundheitsrisiko von Plastikverschmutzung. Der Müll sei eine „ernsthafte, wachsende und unterschätzte Gefahr“ für die Gesundheit, betonten Me­di­zin­ex­per­t:in­nen in einem am Montag im Fachmagazin Lancet erschienenen Bericht. Plastik verursache Krankheiten und könne bei Säuglingen ebenso wie im hohen Alter zum Tod führen.

Die For­sche­r:in­nen riefen die an den Verhandlungen in Genf teilnehmenden Vertreter aus fast 180 Ländern auf, einem UN-Abkommen gegen Plastikverschmutzung zuzustimmen. Der Arzt und Forscher Philip Landrigan appellierte an die Delegierten, die Gelegenheit zum Finden einer „gemeinsamen Basis“ zu nutzen, um auf die „globale Krise“ zu reagieren.

Auch wenn die Auswirkung auf die Gesundheit noch nicht umfassend erforscht ist, warnten die Wis­sen­schaft­le­r:in­nen auch vor dem Einfluss von Mikroplastik. Die winzigen Kunststoffpartikel wurden in der Vergangenheit in der Natur und auch im menschlichen Körper nachgewiesen.

Einer weiteren Studie zufolge atmen Menschen etwa deutlich mehr Mikroplastik ein als bislang angenommen. Die Forschenden um Nadiia Yakovenko von der Universität Toulouse berichteten vergangene Woche in der Fachzeitschrift PLOS One, dass die Belastung mit besonders kleinen Teilen zwischen einem und zehn Mikrometern Durchmesser weit höher liegt als zuvor vermutet.

Teilchen dieser Größe gelten als problematisch, weil sie tief in die Lunge vordringen und dort möglicherweise Entzündungen oder andere gesundheitliche Probleme auslösen können. Hauptquellen der Belastung sind laut Studie der Abrieb von Textilien, Kunststoffmöbeln oder der Innenverkleidung von Fahrzeugen.

Die Verhandlungen über ein UN-Plastikabkommen werden am Dienstag im schweizerischen Genf wieder aufgenommen, nachdem die Delegierten 2024 im südkoreanischen Busan keine Einigung erzielt hatten. Mehr als 100 Länder, darunter Deutschland, unterstützten damals ein ehrgeiziges Plastikabkommen. Sie stießen jedoch bei einer Handvoll überwiegend ölproduzierender Länder, die die Ausgangsstoffe für Plastik liefern, auf Widerstand.

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9 Kommentare

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  • Nennt die Verursacher doch einmal beim Namen. Es sind nicht die Europäer die für den Plastikmüll im Pazifik hauptverantwortlich sind.

  • Das globale Plastikproblem kann man auch in zwei Bereiche aufteilen :

    1) Länder mit einem funktionierenden Mülleinsammelsystem, am Besten noch mit nachfolgender Müllverbrennung (und ggf. sinnvollem Plastikrecycling).

    2) Länder, in denen Plastikabfall entweder direkt in die Umwelt, insbesondere via Flüssen die Meere damit anreicheren, oder als riesige, ungesicherte Müllansamlungen wegkippen.

    Letzteres ist das signifikanteste Hauptproblem.



    Lösung: Exportverbot sämtlicher Plastikprodukte in solche Länder verhängen. Und welche Wahrscheinlichkeit hätte so eine sinnvolle Umweltrettungsmaßnahme?

    • @ton.reg:

      Ich muss erganzen....



      Die oben beschriebene Problematik -die besonders schwere Schuld div. Staaten an dem Plastikabfallproblem (was erheblich zur Umwelt- und insbesondere- zur Meervermüllung beiträgt, welche sich Final zu Mikroplastik zerbröselt)- soll kein Freibrief für unseren, maßlos übertriebenen Plastikkonsum sein.



      Neben unnötigen Um-bzw. Verpackungen wie etwa 80g Wurst in vergleichbar schweren Präsentationstellern im Supermarkt,



      Wegwerfproduktkultur usw. ist da einiges zu optimieren.

      Ebenso sollte nicht an der Entwicklung tatsächlich abbaubarer -mutmaßlich teureren- Polymeren mit anwendungsspezifischer Eignung verzichtet werden.

      Das geforderte Exportverbot sollte daher nur für problematischen Billigkunststoff gelten, ob die Teuerkunststoffe dort noch bezahlbar sein können..., das regelt der "Markt".

      Anmerkung: die als "aus nachwachsenden Rohstoffen" beworbenen Produkte sind in der Regel nur ein Marketinggag. Das Endprodukt hat im allg. die Abbaueigenschaften von "Vollplastik" nur mit deutlich mehr fossilem Rohstoffbedarf (Energie für Anbau, Extraktion, chem. Modifizierung) als eine Direktsynthese...



      Kunststoffe? Nicht mehr verzichtbar, aber wie das Problem lösen?

      • @ton.reg:

        Und da ich mich gerade warmgeschrieben habe, noch eine Ergänzung (diesmal mit Stichen über dem a)



        Was kann bestenfalls von dieser UN-Konferenz wohl erwartet werden? Einer, bei der die mutmaßlichen "Problemstaaten" die Mehrheit haben?



        -> Die reichen Industriestaaten mit dem höchsten Plastikkonsum müssen "Entschädigungszahlungen" -ergo, verschwindet in den dort üblichen "Schwarzen Löchern"- leisten, um globale "Gerechtigkeit/Schadensersatz" zu leisten. Und, da bin ich mir sicher, deutsche Gerichte werden solche Ansprüche legitimieren.....



        Sooo, falls kein Widerspruch anderer hier angehängt wird -dem ich natürlich heftigst Entgegnen werden muss- fällt mir jetzt nichts mehr erwähnenswertes ein......



        ..... mal abhängen lassen.....

  • Plastikverbrauch USA 216 kg p.a. / Afrika 13 Kg p.a. Nutzung fossiler Rohstoffe: langfristig rückläufige Tendenz im Bereich Mobilität und Stromgewinnung zu erwarten.



    Was tun also erdölproduzierende Länder: sie erkennen einen Markt im Bereich Petrochemie, also der Plastikproduktion. Wo entstehen aktuell die größten und leistungsstärksten petrochemischen Produktionsstqndorte: auf der arabischen Halbinsel. Und wer ist als Kooperationspartner von Saudi Aramco immer dabei: ExxonMobil, Royal Dutch Shell, BP, Chevron, TotalEnergies.



    Wo ein Markt ist, findet sich immer ein kapitalistisches Unternehmen, dass die Profite einkassieren will. Die Folgen sind dann egal. Das wird die UN nicht ändern. Und eine antikapitalistische Regung ist in der UN auch nicht zu erwarten.

  • Ein vielen unbekanntes und weithin unterschätztes Thema mit alarmierender "Sprengwirkung" für Industrie und Verbraucherschutz qua Umwelttoxikologie❗



    "Reifenabrieb hat den größten Anteil am Mikroplastikeintrag in die Umwelt



    Diese Zahl überrascht: Jedes Jahr gelangen pro Bundesbürger etwa 1,2 Kilogramm Reifenabrieb, also Partikel, die durch das Reiben von Autoreifen auf dem Straßenbelag entstehen, in die Umwelt. Damit belegt Reifenabrieb Platz eins unter den Emissionen von Mikroplastik.



    Es besteht also Handlungsbedarf – doch um geeignete Maßnahmen zu entwickeln, braucht man belastbare Daten darüber, wo wieviel Reifenabrieb entsteht und wie er sich in die Umwelt verteilt."



    bmbf-plastik.de/de/node/505.html

  • Was mir in dieser ganzen Debatte zunehmend fehlt: Erstens eine gemeinsame Verständigung darauf, was genau als "Microplastik" gilt (und was nicht) und zweitens der Blick über all die Plastikflaschen hinaus, die von den Mittelmeerwellen langsam zerrieben werden.



    Leute, bitte macht euch doch mal ehrlich(er). Auch jede Turnschuhsohle, jeder Fahrradreifen oder jeder in Plastik eingeschweißte Spülmaschinentab, dessen Hülle sich erst im warmen Wasser auflöst, tragen fleißig zur Weiterverbreitung von "Microplastik" bei.



    Das Problem sind nicht nur die anderen, sondern das Problem sind wir alle und selbst unser bestmeinendes eigenes Handeln!

  • Bringt doch eh nix.

    Als kleine Kinder werden wir gesagt, wir sollen keine Legosteine in den Mund nehmen oder Verpackungen essen. 30 Jahre später ist es jedem völlig egal, wie sehr ihr Körper mit Mikroplastik verseucht ist. Gegen diese Ignoranz des Bürgers, der anfangen soll, seinen Konsum in Frage zu stellen, ist kein Kraut gewachsen.

    • @Troll Eulenspiegel:

      Und nu? Kopf in den Sand stecken? Vielleicht können wir Trump dazu bringen Strafzölle auf Plastik zu erlassen. Oder ihm ein Schloss auf einer Plastikinsel bauen. Vielleicht ärgert das sogar Putin. Oder wir sterben einfach schneller als wir das Zeug einatmen..