Die SPD und die Rüstung: Heiße Eisen
Vor dem Parteitag liegt bei den Sozialdemokraten Unmut in der Luft. Klingbeil steht in der Kritik. Die Streitfragen sollten offen diskutiert werden.

E s war nicht klug bei der Flüchtlingskrise 2015 alle die zweifelten, ob wir das schaffen, unter Rassismusverdacht zu stellen. Es war nicht klug, bei der Coronapandemie, alle die an Impfstoffen zweifelten, als Egoisten zu verdammen. Und es ist auch beim Ukrainekrieg nicht klug, alle die an Waffenlieferungen zweifeln, um Putin zum Verhandeln zu zwingen, in eine zwielichtige Ecke zu rücken.
In der Bundesrepublik ist Moral eine harte Währung. Das ist einerseits erfreulich, hat aber die Nachtseite, dass unliebsame Positionen allzu schnell moralisch disqualifiziert werden. Im Falle der Ukraine und des SPD-Manifestes ist das besonders ungut. Denn was Deutschland und die EU können und wollen, das ist, angesichts von Donald Trump, rutschiger Boden. Die strategische Debatte, wie weit die Unterstützung der Ukraine reichen soll, wie viel Aufrüstung nötig ist, muss offen geführt werden. Gerade bei Krieg und Frieden ist Empörungsbewirtschaftung anstelle offener Debatten besonders heikel.
Finanzminister Lars Klingbeil hält inzwischen auch 3,5 Prozent vom BIP, mehr als 150 Milliarden Euro für denkbar. Sicher nicht zur Freude von Rolf Mützenich und Ralf Stegner. Allerdings ist ihre Position und die der Mitunterzeichner des Manifestes innerhalb der SPD eine Minderheitenposition. In der Fraktion haben Mützenich & Co nichts zu melden. An der Parteibasis gibt es schon mehr Sympathien. Klug wäre es, wenn SPD-Chef Lars Klingbeil das Manifest nicht als Angriff auf seine Autorität deuten würde.
In der SPD haben manche wegen Klingbeils rabiater Personalpolitik die Faust in der Tasche. Der Bundesparteitag Ende Juni bei dem die Führungsspitze gewählt wird, wäre das passende Forum, um dem machtbewussten Klingbeil einen Denkzettel zu verpassen. Klingbeil mag versuchen, den naheliegend Streit um Rüstung unter dem Deckel zu halten. Das aber wäre das Falsche. Diese Debatte ist nur im verengt machtpolitischen Blick eine Gefahr. Sie ist eine Chance für die SPD, Fragen zu debattieren, die sich sehr viele stellen.
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