
Klimaschutz in Ost und Westdeutschland : Vom Knoblauchschmuggel zum Klima-Kleber
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Umweltaktivismus damals und heute: Tim Eisenlohr (DDR) trifft Carla Hinrichs („Letzte Generation“) – über Protest, Wandel und Repression im Klimakampf.
In der neuen Folge „Mauerecho – Ost trifft West“ widmet sich Host Dennis Chiponda der Frage nach dem Umweltaktivismus vor der Wiedervereinigung sowie heute. Im Mittelpunkt stehen Tim Eisenlohr, ein Verfechter der ersten Stunde, der seine ersten, aktivistischen Erfahrungen in der DDR sammelte und sich unter anderem bei der Umweltbibliothek Berlin engagierte, und Carla Hinrichs, Klimaschutzaktivistin und eine Repräsentantin des Klimabündnisses „Letzte Generation“, deren Engagement im wiedervereinigten Deutschland wurzelt.
Das Gespräch konzentriert sich auf die prägenden Einflüsse ihrer Jugend und wie die unterschiedlichen politischen Systeme ihre Überzeugungen und Handlungsweisen formten. Eisenlohr schildert, wie er in der DDR trotz staatlicher Beschränkungen durch eine liberale Erziehung und den Zugang zu vielfältigen Informationen – auch aus dem Westen – frühzeitig ein kritisches Bewusstsein entwickelte. Er berichtet von kreativen Wegen, wie seine Familie Bücher aus dem Westen bezog.
Hinrichs hingegen beschreibt ihre behütete Kindheit in Bremen und wie sie durch den Kontakt zum Waldclub und den Umzug in ein studentisch geprägtes Viertel eine politische Sensibilisierung erfuhr. Geprägt von Eltern, die sie stets zum Hinterfragen ermutigten, entwickelte sie ein ausgeprägtes Bewusstsein für Umwelt- und soziale Gerechtigkeit.
Zwei politische Kontexte für den Klimaaktivismus
Das Gespräch beleuchtet detailliert die unterschiedlichen Herausforderungen und Strategien, mit denen sich Aktivist*innen in verschiedenen politischen Kontexten auseinandersetzen müssen. Eisenlohr erinnert sich an seine Arbeit in der Umweltbibliothek der DDR. Dort agierte er quasi im Untergrund, um trotz der staatlichen Repressionen alternative Informationen zu verbreiten und ein kritisches Bewusstsein in der Bevölkerung zu fördern. Seine Tätigkeit war mit erheblichen Risiken verbunden und erforderte ständige Vorsicht, um nicht ins Visier der Staatssicherheit zu geraten. Diese Risiken seien ihm und seinen Eltern bewusst gewesen: „Als ich dann in die Umweltbibliothek gekommen bin, war ich 14 Jahre alt. Mir und meinen Eltern war bewusst, dass ich dafür verhaftet werden könnte. Andere Eltern hätten vielleicht gesagt, das sei zu gefährlich. Meine Eltern sagten mir einfach: 'Du musst um 10 Uhr zu Hause sein. Und wenn du verhaftet wirst, dann sagst du erst aus, wenn dein Papa dabei ist’“, erzählt Eisenlohr.
Die Umweltbibliothek wurde zu einem wichtigen Treffpunkt für Menschen, die sich für Umweltthemen interessierten und nach unabhängigen Informationen suchten, da der Zugang zu solchen Informationen durch die staatliche Zensur stark eingeschränkt war. Tim Eisenlohr betont, dass es in erster Linie um die Weitergabe und das zur Verfügung stellen von Informationen ging.
Im Kontrast dazu berichtet Hinrichs von ihren Erfahrungen in der Klimabewegung, wo sie sich für eine radikale Veränderung der Politik und Wirtschaft einsetzt und mit direkten Aktionen auf die Dringlichkeit der Klimakrise aufmerksam macht. Diese Aktionen, wie beispielsweise das Festkleben auf Straßen, sind oft umstritten, aber für Hinrichs ein notwendiges Mittel, um die Öffentlichkeit auf die drohenden Gefahren des Klimawandels aufmerksam zu machen und politischen Druck auszuüben: „Es findet gerade eine Entwicklung statt, die unsere Grundrechte, unsere Meinung zu sagen, uns versammeln zu dürfen, immer weiter einschränkt. Was ist unser Rechtsstaat überhaupt noch, wenn man sich nicht dagegen auflehnen darf? Das ist der Kern einer jeden Demokratie. Wenn man sich dann fragen muss, wenn man an eine Organisation spendet, die sich für Klimaschutz einsetzt, ob man dann vielleicht an der Gründung einer kriminellen Vereinigung beteiligt ist; das ist schon richtig beängstigend, das ist schon richtig einschüchternd.“
Sie argumentiert, dass es in Anbetracht der drohenden Klimakatastrophe notwendig ist, auch unkonventionelle und provokante Methoden anzuwenden, um die Aufmerksamkeit der Medien und der Politik auf das Thema zu lenken.
„Mauerecho – Ost trifft West“ ist ein Podcast der taz Panter Stiftung. Er erscheint jede Woche Sonntag auf taz.de/mauerecho sowie überall, wo es Podcasts gibt. Besonderen Dank gilt Ann Toma-Toader von der Redaktion sowie unserem Tonmeister Daniel Fromm.
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