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Familie:Zentrales fehlt

Einige solide Ziele beinhaltet der Koalitionsvertrag in Bezug auf Frauen und Familie immerhin: So wird der Fonds sexueller Missbrauch fortgeführt, häusliche Gewalt soll in sorgerechtlichen Verfahren berücksichtigt werden, ein digitales Gewaltschutzgesetz soll kommen. Ein paar Maßnahmen für Alleinerziehende wie Sanktionen bei säumigem Unterhalt sind geplant. Und das Selbstbestimmungsgesetz wird nicht gleich wieder abgeschafft, sondern evaluiert – uff.

Vieles jedoch bleibt vage: Die Gleichstellungsstrategie soll weiterentwickelt werden – wie, ist unklar. Die Möglichkeit einer „kostenlosen Abgabe von Verhütungsmitteln für Frauen“ bis zum 24. Lebensjahr soll geprüft werden – aber eben nur geprüft, und Männer scheinen nicht verhüten zu müssen. Wie Aufklärungs-, Präventions- und Täterarbeit im Gewaltschutz verstärkt werden sollen, bleibt offen, ebenso wie Benachteiligung von Frauen im Alltag beseitigt werden soll. Und gleicher Lohn für gleiche Arbeit bis 2030 ist zwar ambitioniert, aber leider realitätsfern.

Bezeichnend ist, dass für queeres Leben vier dürre Zeilen reserviert sind. Teils ist der Vertrag im generischen Maskulinum gegendert, was Frauen und queere Personen unsichtbar macht. Das Verständnis von Geschlechter- und Familienpolitik, das diesem Vertrag zugrunde liegt, ist ein eher bleiernes – was dazu passt, dass die Union das Ministerium bekommt, aber angesichts des Rechtsrucks Sorge macht.

Und Zentrales fehlt: Hebammen und Geburtshilfe werden nur am Rande erwähnt, dringend nötige Änderungen im Abstammungsrecht wie die Stiefkindadoption für lesbische Mütter gar nicht, ebenso wenig die Familienstartzeit. Kinderrechte schaffen es wieder nicht ins Grundgesetz, ein Armutszeugnis. Und wie zu erwarten bleibt der Paragraf 218 vorerst in Stein gemeißelt.

Patricia Hecht

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