Padel für Anfänger: Einmal Raubkatze sein
Padel ist wie das Airbnb unter den Sportarten: etwas zu fancy, etwas zu teuer, aber man fühlt sich sofort so, als hätte man sein Leben im Griff.
Game
H eute also Padel. Eine Sportart, die klingt etwa so, als kann man Paddeln nicht richtig schreiben – ist aber eine Mischung aus Tennis und Squash. Gespielt mit Schlägern, die aussehen wie kleinere Versionen von Tennisschlägern, nur aus durchgehendem Kunststoff mit Löchern. Mein Gefühl sagt: Alle hybriden Sportarten wie Chessboxing (Natürlich eine Mischung aus Schach und Boxen) oder Ultimate Frisbee müssen irgendwie gut für mich sein. Ihr wisst schon – wenig Commitment, viel Effekt.
Bevor ich selbst auf den Court gehe, will ich wissen, womit ich es zu tun habe. Die Padel-Legende beginnt 1965 mit dem mexikanischen Geschäftsmann Enrique Corcuera, der sich in seinen Garten einen Minitennisplatz baute – aus Platzmangel. Mit Wänden, die er einfach ins Spiel integriert. Ein spanischer Freund ist begeistert, nimmt die Idee mit nach Europa. Als die argentinische Polomannschaft in Marbella zu Besuch ist und den Sport in die Heimat exportiert, passiert das Unvermeidliche: Padel wird dort zur zweitbeliebtesten Sportart des Landes.
Und nun ist Deutschland endlich mal so weit. Wikipedia nennt es „Trendsport“, Jürgen Klopp nennt es „das beste Spiel neben Fußball“, mein eigenes Umfeld ist längst angesteckt. Ich für meinen Teil sitze allerdings vor einer schlecht programmierten App und versuche einen Padel-Platz in Berlin zu buchen. Aber alle drei Vereine sind ausgebucht. Spontan geht fast nichts, da habe ich so richtig Lust, direkt wieder aufzugeben. Außerdem: 44 Euro pro Stunde und Platz – ohne Schläger??? Nur Kreditkartenzahlung, kein Bargeld, keine Gnade. Ich frage mich: Ist das die Urban Future oder einfach neoliberal?
Set
Aber es hilft ja nichts. Nach nur zwei Stunden Schlaf stehe ich also nicht in Berlin, sondern in Leipzig in einem Glaskasten mit Gummiboden. Um mich herum pinke Fahnen mit der Aufschrift: „Leipzig PadelCity“. Die Halle und der Außencourt erinnern an eine Decathlon-Teststation. Ich halte meinen Schläger in der Hand, nichts kann mich aufhalten. Mein Sportpartner sagt, beim Padel fühle man sich wie ein Raubtier. Ich fühle mich eher wie ein überforderter Panda in einem 10x20-Meter-Käfig – tapsig, leicht desorientiert, aber immerhin in der Sonne.
Doch dann passiert etwas Unerwartetes: Ich habe Spaß. Ich treffe nämlich den Ball – etwas, das mir beim Tennis nie gelungen ist. Die Regeln sind okay. Zugegeben, ich muss sie mir nicht recht merken, weil mein Game-Partner erklärend Dinge ruft wie „30/45“, „Set“, „Deuce“, „Vorteil“. Da komme ich zwar noch nicht ganz mit, allerdings lassen sie das Spiel profimäßig klingen und so will ich mich auf dem Court fühlen. Die Ballwechsel gehen diagonal über das Feld, die Wände gehören mit zum Spiel. Nach ein paar Minuten habe ich vergessen, dass ich müde bin.
Ringsum spielen Eltern mit ihren Kindern, ein paar entspannte Mittdreißiger:innen lachen. Niemand brüllt. Niemand posiert. Ich beginne mein inneres Raubtier zu channeln und es entsteht sogar eine Art kompetitive Lust zu gewinnen, leider werde ich abgezockt. Die Einstiegshürde ist wirklich niedrig. Wer mal versucht hat, Tennis zu lernen, weiß: Das hier ist wie Tennis auf freundlichem Modus. Wenn selbst ich das sage, könnt ihr mir glauben.
Match
Werde ich dabeibleiben? Nach einer Stunde, in der mein Schweiß die Glaswände spiegelt, die Bälle durch den Käfig knallen und ich mich weniger wie ein unkoordinierter Panda, sondern wie eine elegante Sportversion meiner selbst fühle – sage ich: vielleicht. Wahrscheinlich.
Padel ist wie das Airbnb unter den Sportarten: etwas zu fancy, etwas zu teuer, aber man fühlt sich sofort organisiert, als hätte man sein Leben im Griff. Und vor allem: Man muss kein Supertalent sein, um mitzuhalten. Ich spiele mittelmäßig – und das reicht. Wenn ihr also bald nichts mehr von mir hört, dann habe ich mich entweder in Padel verliebt – oder in eine:n cute:n Padelspieler:in.
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