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Rechte Proteste in BrasilienBolsonaro wird zunehmend bedeutungslos

Niklas Franzen
Kommentar von Niklas Franzen

Der frühere Präsident Jair Bolsonaro will zurück an die Macht. Doch die Strategie, sich an Trump zu orientieren, geht nicht mehr auf.

Ex-Präsident Bolsonaro bei der rechten Demo am Sonntag am Copacabana-Strand Foto: Pilar Olivares/rtr

L ange war es still um Brasiliens Ex-Präsident Jair Bolsonaro – nun ist er zurück auf der Straße. Doch seine „große Rückkehr“ geriet am Sonntag zum großen Flop. Statt der von Bolsonaro selbst angekündigten „Million“ kamen laut Medienberichten gerade einmal 18.000 Menschen an den Strand von Copacabana. Einige sprechen von einer „politischen Beerdigung“.

Natürlich bleibt die radikale Rechte in Brasilien mobilisierungsfähig. Doch der jüngste Auftritt offenbarte mehr Schwächen als Stärke: Bolsonaro hat keine neuen Ideen, setzt auf altbekannte Diskurse: die Opferrolle, gepaart mit Angriffen gegen die Justiz. Doch wer Wahlen gewinnen will, muss mehr bieten. Vor allem muss er jene „schweigende Mehrheit“ erreichen, die ihn 2018 in die Regierung gebracht hatte. Davon war an diesem Wochenende kaum etwas zu spüren.

Auch die Strategie, sich an Trump zu orientieren, stößt an Grenzen. Während der US-Präsident trotz zahlreicher Skandale seinen Rückhalt in der republikanischen Partei behauptet, kämpft Bolsonaro zunehmend mit seiner politischen Bedeutungslosigkeit. Zwar gibt es bislang keinen Nachfolger mit ähnlicher Strahlkraft, doch Bolsonaro selbst wirkt zunehmend verbraucht. Bislang ist es ihm zwar gelungen, die Reihen seiner An­hän­ge­r*in­nen weitgehend geschlossen zu halten. Doch es ist gut möglich, dass der Konkurrenzkampf um die Führung der Rechten in Brasilien erst richtig beginnt, sobald Bolsonaro endgültig aus dem Rennen ist. Dafür könnte schon bald die Justiz sorgen.

Sollte sich der Verdacht bestätigen, dass Bolsonaro und seine Vertrauten tatsächlich einen Staatsstreich inklusive Mordfantasien gegen Präsident Lula planen, dürfte sein politischer Absturz kaum noch aufzuhalten sein. Ein wegen Putschversuchs und Anstiftung zum Mord angeklagter Bolsonaro wäre selbst für viele seiner bisherigen Wäh­le­r*in­nen nicht mehr tragbar. Wer in Brasilien langfristig politisch erfolgreich sein will, muss auch die politische Mitte für sich gewinnen.

Tot ist Bolsonaro allerdings noch lange nicht – dafür sitzt das bolsonaristische Projekt zu tief in den Köpfen vieler Brasilianer*innen. Doch ein politischer Durchmarsch à la Trump ist derzeit nicht in Sicht.

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Niklas Franzen
Autor
Niklas Franzen ist Journalist und ehemaliger Brasilien-Korrespondent. Im Mai 2022 erschien sein Buch “Brasilien über alles - Bolsonaro und die rechte Revolte” bei Assoziation A.
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5 Kommentare

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  • "Tot ist Bolsonaro allerdings noch lange nicht – dafür sitzt das bolsonaristische Projekt zu tief in den Köpfen vieler Brasilianer*innen." Den Tod wünschen wir Leser*innen Herrn Bolsonaro nicht, mit 70 möge er in den Ruhestand gehen und die Brasilianer nimmer aufwiegeln, des reicht *lol*.

  • Bildung ist das Schlüsselwort. Menschen ohne Bildung fallen auf einfache Narrative herein. Nazis wie Bolsonaro werden das auch weiterhin ausnutzen.

    • @Joachim Kappert:

      Leider fallen auch Menschen mit Bildung gelegentlich auf einfache Narrative herein.

    • @Joachim Kappert:

      Viele der Extremen Rechten heute haben Uni Abschluss in zb Wirtschaft, nein was wir wirklich brauchen ist Propaganda im Alltäglichen Leben wie in Ungarn!

  • Die Brasilianer haben halt mehr im Hirn als die Amis.