piwik no script img

die dritte meinungEntwicklungszusammenarbeit muss neu konzipiert werden, sagen Öko­no­m:in­nen

Die Forderungen nehmen zu, die deutsche Entwicklungszusammenarbeit als Bestandteil „einer vor allem von unseren Interessen geleiteten Außen- und Wirtschaftspolitik“ zu konzipieren, so hat es der Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz neulich gesagt. Wirtschaftsverbände wollen die Entwicklungszusammenarbeit an Lieferungen aus Deutschland binden und verweisen auf China und Frankreich, deren Entwicklungszusammenarbeit zu höheren Anteilen in die eigene Wirtschaft zurückfließt. Nicht zuletzt US-Präsident Donald Trump hat angekündigt, die wenige verbleibende Auslandshilfe ganz auf US-Interessen auszurichten.

Eine rein an nationalen Wirtschaftsinteressen ausgerichtete Entwicklungszusammenarbeit hätte viele Nachteile: Sie ist um 15 bis 30 Prozent teurer, so dass pro Euro weniger entwicklungspolitische Leistungen erbracht werden. Sie konterkariert das Ziel, die lokale Wertschöpfung zu erhöhen. Deutschland ist als Exportland gut beraten, weiterhin für eine regelbasierte Weltwirtschaft zu kämpfen – dazu gehören Selbstverpflichtungen für offene Ausschreibungen. Und schließlich: Lieferbindung würde deutschen Unternehmen wenig nützen, weil es in den meisten KfW-geförderten Infrastrukturbereichen wie etwa Straßenbau hierzulande keine wettbewerbsfähigen Anbieter gibt.

Tilman AltenburgundClara Brandi

forschen am Thinktank German Institute of Development and Sustainability zu Fragen globaler nachhaltiger Entwicklung.

Allerdings muss sich Entwicklungszusammenarbeit neu legitimieren, wenn sie Bestand haben will. Sie kann ihr Angebot stärker auf Themen ausrichten, die im deutschen Interesse sind und dem globalen Gemeinwohl verpflichtet bleiben: der klimafreundliche Umbau von Megastädten mit Hilfe deutscher Stadtplanungs- und Architekturbüros, flankiert von Hochschulpartnerschaften; mit deutschen Unternehmen emissionsfreie Lieferketten etablieren; für langfristige Rohstoffverträge Technologietransfer anbieten; die Anwerbung von Fachkräften mit Berufsbildungsprogrammen flankieren, die das Fachkräfteangebot vor Ort erhöhen. Auf diese Weise entstehen Wirtschaftsverflechtungen im gegenseitigen Nutzen – und das ganz ohne Lieferbindung.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen