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25 Jahre Solidarität

Die Onlineplattform Labournet ist ein wichtiger Treffpunkt für Ungehorsame mit und ohne Arbeit. Aber ihre Zukunft ist ungewiss. Verjüngung tut not

Da gab es noch ein Opel-Werk: Streikende Ar­bei­te­r:in­nen in Bochum 2004 Foto: imago

Von Peter Nowak

Im Dezember vergangenen Jahres feierte die Onlineplattform Labournet ihr 25-jähriges Jubiläum in einer Halle in Bochum. Die Ruhrgebietsstadt ist ein passender Ort für ein Internetforum linker Gewerk­schaf­ter*in­nen. Als die Homepage 1999 online ging, machte sich die linke Gewerkschaftsgruppe GoG (Gewerk­schaft­er*innen ohne Grenzen) schon Gedanken über eine Perspektive des Bochumer Opel-Werkes jenseits der Autoproduktion.

25 Jahre später ist das Bochumer Opel-Werk Geschichte. Auch die GoG gibt es nicht mehr. Die Texte der linken Ope­lia­ne­r*in­nen werden aber heute noch von Gruppen gelesen, die diskutieren, was Autokonzerne wie VW zur Verkehrswende beitragen können.

Zu finden sind die Papiere der GoG im Archiv von Labournet. Es ist eine wahre Fundgrube, wenn es um Texte zu Streiks und Betriebsbesetzungen in aller Welt geht. Schließlich war es der mehrjährige Liverpooler Dockerstreik Ende der 1990er Jahre, der die Industriesoziologin Mag Wompel und ihren britischen Kollegen Dave Hollis motivierte, eine Plattform linker Ge­werk­schaft­e­r*in­nen zu gründen.

„Damals ist es darum gegangen, einen Streikbruch zu verhindern und dem global vernetzten Kapital eine Vernetzung der internationalen Gewerkschaftsbewegung entgegenzusetzen“, erinnert sich Wompel gerne an eine Zeit zurück, als Homepages für die Gewerkschaftsarbeit noch völlig unbekannt waren. „Es ist heute kaum vorstellbar, aber in den ersten Jahren bestand die Hauptarbeit darin, Informationen zu erfragen und zu akquirieren. Ein Traum! Fast alle unsere Informationen waren exklusiv“, beschreibt Wompel die Anfänge der Plattform.

Sie ist heute die einzige Hauptberufliche bei Labournet. Auch die Veränderungen in den Arbeitsverhältnissen hatten Auswirkungen auf die Arbeit von Labournet. „Ende der 1990er waren die Belegschaftsgruppen unsere hauptsächliche Informationsquelle und Zielgruppe zugleich. Heute schließen sich Ak­ti­vis­t*in­nen eher kurzfristig und problemorientiert zusammen und benutzen dabei oft Medien, die ich aus datenschutzrechtlichen Gründen boykottiere“, schildert Wompel diese Veränderungen. Die Plattform war nie nur auf Kämpfe in Betrieben fixiert, wie es in der Selbstdarstellung „Treffpunkt für Ungehorsame mit und ohne Job“ deutlich wird. „Diese Charakterisierung stammt aus der Zeit der Hartz-Gesetze, als es uns sehr wichtig war, lohnarbeitende und erwerbslose Lohnabhängige miteinander zu vernetzen, um sie weniger spaltbar zu machen“, erklärt Wompel. In einer Zeit, in der die Hetze gegen Bür­ger­geld­emp­fän­ge­r*in­nen und Mi­gran­t*in­nen zunimmt, ist dieser Anspruch aktueller denn je.

Doch die Zukunft von Labournet ist keineswegs gesichert. Die Hauptfinanzierung durch die Stiftung Menschenwürde und Arbeitswelt basiert auf einer Verbrauchstiftung, deren Mittel in weniger als zwei Jahren zur Neige gehen, fast zur selben Zeit geht Wompel in Rente. Sie sieht die jüngere Generation in der Verantwortung, wenn die Plattform weiterbestehen soll. „Sofern das Labournet noch gebraucht wird, was sehr viele immer wieder beteuern, ist eine Verjüngung sowohl in der Redaktion als auch unter den Fördermitgliedern notwendig.“

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