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HTS als TerrorvereinigungVerhaftung von Abu Mohammad al-Jolani?

Die neuen syrischen Machthaber vom Milizenbündnis HTS gelten in Deutschland noch als Terroristen. Bundesjustizminister Volker Wissing wartet noch ab.

Der Anführer der neuen syrischen Regierung (HTS) Abu Mohammad al-Jolani, in Damaskus, am 22. Dezember 2024 Foto: dia images/abaca/imago

FREIBURG taz | Wenn der neue starke Mann Syriens, Ahmed al-Sharaa alias Abu Mohammad al-Jolani, nach Deutschland käme, müsste er sofort festgenommen werden. Oder Justizminister Volker Wissing (Ex-FDP) müsste schnell die Verfolgungsermächtigung seines Hauses zurückziehen.

Wer Mitglied einer terroristischen Vereinigung ist, muss in Deutschland mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren rechnen, auch wenn ihm selbst keine Anschläge nachgewiesen werden können. Dies regelt Paragraf 129a im Strafgesetzbuch. Seit 2002 gilt dies im Prinzip auch für die Mitgliedschaft in ausländischen terroristischen Vereinigungen. Dies war eine Reaktion auf die Al-Qaida-Anschläge in New York und Washington im September 2001. Damals wurde ein ergänzender Paragraf 129b geschaffen.

Allerdings geht die Karlsruher Bundesanwaltschaft nun nicht weltweit auf Terroristenjagd. Mitglieder von außer-europäischen Terrorvereinigungen können in Deutschland nur bestraft werden, wenn sie Deutsche sind oder es deutsche Opfer gibt oder sich die Person in Deutschland aufhält. Außerdem ist noch eine Verfolgungsermächtigung des Bundesjustizministeriums erforderlich.

Dies soll verhindern, dass demokratische Befreiungsbewegungen verfolgt werden, nur weil sie von den bekämpften Diktatoren zu Terroristen erklärt wurden. Es ist letztlich eine politische Einschätzung der jeweiligen deutschen Justizminister:in, die sich aber an Einstufungen der EU oder des UN-Sicherheitsrats orientieren kann.

Wer ist al-Jolani?

Abu Mohammad al-Jolani ist Anführer des Bündnisses Hai'at Tahrir asch-Scham (HTS, Komitee zur Befreiung der Levante), das 2017 von mehreren islamistischen Milizen, darunter der al-Nusra-Front, gegründet wurde. Im Mai 2018 hat die damalige Justizministerin Katarina Barley (SPD) eine allgemeine Verfolgungsermächtigung für Straftaten durch Mitglieder oder Unterstützer von HTS erteilt. Die Tatsache, dass HTS gegen das diktatorische Regime von Baschar al-Assad kämpfte, verhinderte also nicht die Einstufung als terroristische Vereinigung.

Auch die bereits 2011 gegründete al-Nusra-Front „Jabhat al-Nusra“ (JaN) galt in Deutschland als terroristische Vereinigung. Im Juli 2013 gab Ministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) die Verfolgungsermächtigung. Der heutige HTS-Chef Abu Mohammad al-Jolani war schon Gründer und Anführer der Al-Nusra-Front, die damals zum Netzwerk Al-Qaida gehörte und sich erst 2016 davon abwandte.

Es ist eher ein Zufall, dass gegen HTS-Kämpfer und Unterstützer Bündnisses Hai'at Tahrir asch-Scham (HTS, Komitee zur Befreiung der Levante) derzeit in Deutschland keine Anklagen laufen, sodass Justizminister Wissing nicht sofort entscheiden muss, wie er mit HTS aktuell umgehen will. Die letzte bekannt gewordene Verhaftung im Zusammenhang mit HTS erfolgte im Februar 2022. Damals wurde die Deutsche Kira K. im Hochtaunuskreis festgenommen. Sie hatte ihren islamistischen Ehemann nach Syrien begleitet, wo er sich HTS anschloss. Nach ihrer Rückkehr nach Deutschland hatte sie ihm 1.500 Euro zukommen lassen, was die Bundesanwaltschaft als Unterstützung von HTS wertete.

Die Inszenierung von HTS als neue moderate syrische Staatsmacht hat noch nicht dazu geführt, dass das deutsche Justizministerium die Verfolgungsermächtigung zurückgezogen hat (was aber jederzeit möglich wäre). Auf taz-Anfrage hieß es nur: „Das Bundesministerium der Justiz überprüft erteilte Verfolgungsermächtigungen fortlaufend.“

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8 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Ukraine wartet auch noch ab. Und schickt indes schon mal ein paar Schiffe voll Getreide rüber.

    Gute Leute.

    In Syrien wird meistens im Oktober gesät und im Mai geerntet. Es ist also JETZT die Zeit, zu beginnen, mit Hilfslieferungen die 2024er Ernte zu strecken.

    Den Status von Jolani kann man jederzeit in Ruhe klären. Jetzt ist erst mal wichtig, der syrischen Bevölkerung zu einem Leben in Frieden zu verhelfen. Dabei wird man auch genug Erfahrungen sammeln können, wie der Mann so tickt.

  • All jene die die Nachfolge von Diktatoren antraten im nahen Osten, haben bis heute nur eins bewiesen: Dass sie kein Deut besser sind, eher noch schlechter und brutaler. Machen wir uns also auf vieles gefasst. Es würde mich trotzdem freuen, wenn´s besser werden würde für die Menschen in Syrien.



    Abu Mohammad al-Jolani, diesen "Kampfnamen" gab er sich selbst, was wohl übersetzt heißt, dass er derjenige vom Golan sei. Das heißt nicht, dass er jetzt die Golanhöhen Israel überlassen wird ...

    • @Mouse:

      1. Warum sollten die Golanhöhen Israel überlassen werden?

      2. Assads Greueltaten toppen (auf die Größe der betroffenen Bevölkerung gerechnet) so ziemlich alles, was es in der Region so gab.

  • Des einen Terroristen ist des anderen Freiheitskämpfer. Der Terrorist Begin z.B. wurde jahrelang von der britischen Justiz gejagt. Irgendwann war er dann plötzlich Friedensnobelpreisträger. Ach ja, und vorher noch israelischer Ministerpräsident.

    • @Manfred Peter:

      Und Taleb Al-Abdulmohsen galt jahrelang als wackerer Streiter für Frauenrechte und Glaubensfreiheit. Auch dann, als er es schon längst nicht mehr war.

      Jolani redet wie ein Staatsmann. Seine Prioritäten sind die eines Staatsmanns. Ist er einer? Das wird sich zeigen. Aber wenn er eine Art talibaneskes Regime aufziehen wollen würde, dann betreibt er eine Menge unnötigen Aufwand, und legt sich selbst Steine in den Weg.

      Er hat ja noch nicht mal den "verwestlichten" Rebellensender "Radio Fresh" zerschlagen, nachdem es zu Protesten der Bevölkerung in und um Idlib gegen die Zensur der Sendungen kam.

  • Extralegale Hinrichtungen, Inhaftierungen und Folter:HTS verübt extralegale Tötungen, willkürliche Festnahmen und erzwungene Verschleppungen.[25][27]Politische Gegner, Journalisten, Aktivisten und Zivilisten, die als kritisch gegenüber HTS wahrgenommen werden, werden rechtswidrig inhaftiert. In den von HTS betriebenen Haftanstalten sind Folter und Misshandlungen weit verbreitet. Es wurde der Einsatz von mindestens 22 Foltermethoden dokumentiert, darunter physische und psychologische Gewalt. Geständnisse, die unter Folter erlangt wurden, werden von HTS-Gerichten zugelassen, während Inhaftierte keine Möglichkeit haben, ihre Inhaftierung rechtlich anzufechten.

    Weshalb sollte sowas keine terrororganisation sein?



    Sehr verharmlosender artikel...

    • @Hannes Petersen:

      Dann ist Ungarn ein Terrorstaat. Dort passieren all diese Dinge. Nur die Morde an Minderheiten überlässt das Regime Nazi-Schlägerbanden.

  • Btr. Zitat:

    "Die neuen syrischen Machthaber vom Milizenbündnis HTS gelten in Deutschland noch als Terroristen."

    Sie gelten nicht nur als Terroristen.

    Verbrecher die im "Religionswahn" Selbsmord-Attentäter in Grundschulen senden sind Terroristen.

    Mehr noch :

    --> Die HTS ist auf der UN-Liste der Al-Qaida und IS -Terror-Organisationen die laut UN-Sicherheitsrats-Resolution 2253 von 2015 zu sanktionieren sind.



    (Ich habe vor wenigen Tagen nochmal nachgeschlagen -- HTS ist Stand Dez 2024 auf der UN-Liste)

    Rein völkerrechtlich kann und darf niemand mit HTS "kooperieren", siehe die UN-Res 2253 selbst



    (google-Suche Begriff: " S/RES/2253 ")

    Die HTS ist auch aus gutem Grund auf der Liste.

    Al-Nusra und HTS sind für Selbstmord-Anschläge gegen Alchemistische Grundschulen und Grundschüler sowie Schiitische Flüchtlinge sowie mehrere Massaker an Zivilisten bekannt.



    (Siehe die eng. Wikipedia-Einträge von HTS und Al-Nusra)

    Abu Mohammad al-Jolani hat die Gruppe (erst als Al-Nusra dann "umfirmiert" als HTS) während dieser Zeit geführt.



    Er ist seit 2003 bei Al-Quaida und seit 2011 der "Anführer" von Al-Quada in Syrien.