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kunstraumEiskalte Stellvertreter

Max Schaffer, „Weihnachtsfeier der Senatsverwaltung für Finanzen (abgesagt)“, Ausstellungsansicht Foto: Stephanie Kloss

Den Titel seiner Ausstellung hat sich Max Schaffer nicht ausgedacht. Er kam zu ihm. Gerade als Stephanie Kloss, die den Projektraum Die Möglichkeit einer Insel leitet, ihn in seinem Atelier besuchte, erhielt sie eine denkwürdige E-Mail. Betreff: „Weihnachtsfeier der Senatsverwaltung für Finanzen“. Eine Anfrage jener Senatsverwaltung, den Projektraum für ihre Weihnachtsfeier zu benutzen, am 20. Dezember, ab 16 Uhr. Die Feier wurde später abgesagt. Daher heißt die Schau nun so: „Weihnachtsfeier der Senatsverwaltung für Finanzen (abgesagt)“. Eröffnet wurde die Ausstellung – natürlich – am 20. Dezember.

Darin begegnen einem aufeinandergestapelte Plastikbehältnisse, Lagerboxen, wie man sie für Fleisch verwendet, die an Donald Judds „stacks“ erinnern könnten, wären sie nicht so zusammengeschmolzen, dass von ihrer Form an einigen Stellen kaum mehr etwas übrig ist.

Die Stapel stehen im Raum verteilt, Stellvertreter für die Stehtische der Weihnachtsfeier, die nie aufgestellt wurden, für die Personengruppen, die sich nie um diese formierten.

„Cold Cuts“ hat Schaffer sie genannt, wie die englische Bezeichnung für den „Aufschnitt“. Lesen kann man in dem Titel aber auch implizite Hinweise auf die Kürzungen, die für den Berliner Kulturbetrieb eiskalt gefällt wurden. Beschlossen wurden diese – trotz massivem Protests – einen Tag nach Eröffnung der Ausstellung. An der Wand ältere Arbeiten des Künstlers, die er vor Absage der Feier als deren „Dekoration“ geplant hatte: XPS-Dämmplatten aus dem Hausbau, auf denen er ein Modell der Berliner Museumsinsel wie einen Stempel drückte und die er dann mit Make-up und Lippenstift überzog. Als drittes liegen Maueranker von Altbauten auf dem Boden herum.

Um Methoden des Bewahrens um Halt, Halter, Halterungen geht es in allen Arbeiten. Anders, dringlicher fühlt es sich an, darüber nachzudenken in einem Projektraum in Berlin Anfang 2025. Was bleibt?

Max Schaffer: „Weihnachtsfeier der Senatsverwaltung für Finanzen (abgesagt)“. Die Möglichkeit einer Insel, bis 26. Januar, Sa. + So. 14–18 Uhr, Inselstr. 7

Die Kolumne: taz.de/tazplan

Eine Antwort, die überraschend optimistisch anmutet, liefern die Maueranker: Es handelt sich um Achten, die zum Zeichen für Unendlichkeit gedreht wurden. Beate Scheder

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