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Misogynes Brauchtum KlaasohmFrauenschlagen auf Borkum soll enden

In der Nacht zum 6. Dezember wird auf Borkum „Klaasohm“ gefeiert. Gewalt gegen Frauen gehörte offensichtlich bisher zum „Fest“. Die Polizei kündigt aber jetzt eine Null-Toleranz-Linie an.

Ein „Fest“ von Männern für Männer auf Borkum Foto: Reinhold Grigoleit/dpa

Borkum dpa | Die Polizei wird den umstrittenen Nikolausbrauch „Klaasohm“ auf der Nordseeinsel Borkum mit zahlreichen Einsatzkräften begleiten. „Wir fahren eine Null-Toleranz-Linie“, betonte ein Sprecher der Polizei. Momentan werde ein Konzept erarbeitet, wie jede Form der Gewalt auf der Veranstaltung in der Nacht zum 6. Dezember unterbunden werden soll. Nach heftiger Kritik hatten die Veranstalter angekündigt, den „Brauch des Schlagens“ dieses Jahr abschaffen zu wollen.

TV-Bericht löste Empörung aus

Ein Bericht des ARD-Magazins „Panorama“ über die Tradition hatte bundesweit für Empörung gesorgt. In dem Beitrag berichten Frauen anonym von aggressiven Übergriffen. Ein Team filmte im vergangenen Jahr, wie Frauen bei dem Fest auf der Straße von „Fängern“ festgehalten werden und ihnen die sogenannten Klaasohms mit einem Kuhhorn auf den Hintern schlugen.

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In einer Stellungnahme räumte der Verein Borkumer Jungens ein, dass das Schlagen mit Kuhhörnern in der Vergangenheit „und in Einzelfällen auch in den letzten Jahren“ Teil des Brauches gewesen sei. „Wir distanzieren uns ausdrücklich von jeder Form der Gewalt gegen Frauen und entschuldigen uns für die historisch gewachsenen Handlungen vergangener Jahre“, teilte der Verein mit. Dieser Teil der Tradition habe jedoch nie den Kern des „Fests für die ganze Insel“ ausgemacht und sei in den vergangenen Jahren „fast gar nicht mehr“ erfolgt.

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Auf Borkum wird sich erzählt, dass der Brauch auf die Zeit der Walfänger auf der Insel zurückgeht. Die Männer seien traditionell am Jahresende nach einigen Monaten auf See zurück auf die Insel gekommen und hätten mit dem Brauch klargemacht, dass nun wieder sie – und nicht die Frauen – das Sagen hätten.

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21 Kommentare

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  • www.watson.ch/inte...hen-insel-borkum?=

    Wenn man genauer hinschaut, ist das wohl doch nicht so harmlos gelaufen, wie der Bürgermeister glauben macht. Ein Verein, der so offen Straftaten promoviert, wie sie in dem Artikel geschildert werden, gehört eigentlich verboten. Auch zu Wahlkampfzeiten.

  • Es ist immer wieder interessant zu sehen, wie es bei einigen Bräuchen eigentlich nur darum geht Macht (in welcher Form auch immer) über andere auszuüben. Egal ob Neptunfest, Äquatortaufe oder Knecht Ruprecht.

  • Ein Wunder ist, dass die Prügelei außerhalb der Insel bisher fast unbekannt war. Die vernebelten Köpfe wussten offensichtlich, dass ihr Treiben illegal ist und versuchten es geheim zu halten. Es lohnt sich, bei Youtube den Bericht vom den perversen Vorgängen vom letzten Jahr anzuschauen. (www.youtube.com/watch?v=qYmUBjgEPXU)



    Erst dieser Bericht bewirkte, dass sich jetzt plötzlich alle diese schon ein wenig kriminellen Typen plötzlich zahm geben . Es scheint, sie haben alle wie der Wolf im Märchen Kreide gefressen.

    Der einzige Grund für ihre wunderliche Wandlung ist doch die Geldgier. Dort hat man Angst, dass mit der verbreiteten Kenntnis ein paar Urlauber weniger auf die Insel kommen. Man stelle sich vor, der Bürgermeister verweigerte dem Filmteam ein Interview. Gleiches tat der Polizeichef. Jetzt proleten alle von vereinzelten Fällen. Einen Sinneswandel von wegen Gewalt gegen Frauen nehme ich deren Spießgesellen nicht ab. Das Ende dieses Brauches heimlich zu bedauern fällt ja unter Denkfreiheit.

    Alle normalen Bürger sollten dem bei den Gewaltszenen heimlich drehenden Filmteam dankbar sein. Die haben sich dabei in Gefahr gebracht.

    • @fvaderno:

      Ein wenig kriminell ist gut:

      Gefährliche Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB), Freiheitsberaubung (§239 StGB), Nötigung (§ 240 StGB)

      und das alles noch als Bande, denn die drei Leute, die es für diese Verschärfung braucht, müßten ja schon als Vereinsvorstände zu greifen sein

      • @dtx:

        www.lto.de/recht/p...ht-igh-klimaschutz

        Zitat: "Klaasohm-Brauch auf Borkum: Die SZ (Jana Stegemann) prüft die Strafbarkeit des rund 200 Jahre alten Klaasohm-Brauchs auf der Insel Borkum. Dort jagen sieben maskierte Gestalten am 5. Dezember Frauen auf der Straße und schlagen ihnen mit einem Kuhhorn auf den Po. Dies sei eine gefährliche Körperverletzung und sexuelle Belästigung, es sei denn die Frauen seien damit einverstanden. Da die Polizei nicht eingeschritten sei, komme Strafvereitelung und Körperverletzung im Amt durch Unterlassen in Betracht."

    • @fvaderno:

      Kohle hat Tradition auffe Insel



      “ Seebäder wie Borkum oder Zinnowitz auf Usedom entdeckten in diesen Wachstumsjahren den Antisemitismus als Wirtschaftsfaktor. Konkurrenz lässt nach Unterscheidungsmerkmalen suchen. Ältere Seebäder profitierten von ihrem Renomee, wurden von den regierenden Fürstenhäusern Deutschlands frequentiert und lebten vom Habitus weltmännischer Offenheit.

      Andere Kurorte schlossen sich der verbreiteten Judenfeindlichkeit ihrer weniger gut betuchten, aber gleichwohl vermögenden Gäste an, woraus sich eine starke antisemtische Dynamik entwickelte. Judenfeindliche Lieder wurden zur "Hymne" des Kurorts, Postkarten mit ihnen bedruckt. Die Motive aus den 1890er-Jahren nehmen das NS-Blatt "Stürmer" vorweg.

      War der Antisemitismus der Kurgäste erst als das Kriterium erkannt, nach dem diese ihr Ferienziel auswählten, folgte eine entsprechende Politik der Kurverwaltungen: Vitte auf Hiddensee warb etwa mit der Aussage "Kein Luxusbad, judenfrei". Der "Centralverein deutscher Staatsangehöriger jüdischen Glaubens", kurz CV, warnte reichsweit vor einzelnen Hotels, aber auch vor ganzen Ortschaften, die sich Judenfeindlichkeit zum Geschäftsprinzip gemacht hatten.…





      Na Mahlzei

  • Wahrscheinlich vernebelt der "Küstennebel" nicht nur die Küsten...

  • Much all wesen. Hoffe aber doch - daß in althergebrachter Traditschjon - die Kapelle -



    Zur allgemeinen völkischen Bespaßung -



    das “Borkum-Lied“ gut hörbar intoniert!



    www.lto.de/recht/f...otel-ist-judenfrei



    & Däh



    www.volksliederarc...sches-borkum-lied/

    Na Mahlzeit

  • Ich bin ja wirklich kein Freund davon, teilweise, jahrhunderte alte Traditionen abschaffen zu wollen weil jemand sich an "Weihnachten" stört und es deshalb "Winterfest" nennen will und ähnlicher Unsinn. Aber das hier ist echt...wow...



    Ich bin dafür, die Frauen dürfen sich bei den befiederten Idioten einfach dieses Jahr revanchieren

  • Da, wo ich lebe, werden Frauen alljährlich von den Männern ersteigert, um dann bei den Maiumzügen als Paar durchs Dorf zu paradieren. Natürlich kennt man sich und letztlich geht es eh nur ums Saufen. Dennoch finde ich es bis heute befremdlich, dass auch Teile der "grün versiffte" Community in unserem Fleckchen dieses Treiben unterstützen ("Unser Sohn bildet nun mit x ein Maipaar", Unsere Tochter wurde von y ersteigert").



    Unsere Söhne haben den Mist nicht mitgemacht. Haben wir zu viel indokrtiniert?



    .

    Maijungen ersteigert.

  • Apropos Schlagen als Tradition: Obwohl sich in schlagenden Verbindungen nur Männer für ihr verqueres Weltbild gegenseitig den "Schmiss" ins Gesicht dengeln, so ist die integrierte Frauen- und Demokratieverachtung dahinter der Kritikpunkt. Sieht mir hier ähnlich aus:



    "... und hätten mit dem Brauch klargemacht, dass nun wieder sie – und nicht die Frauen – das Sagen hätten."

  • Ich kann es nicht fassen! Frauen verprügeln als Folklore?

    Friedrich Merz sollte sofort die „nationalen Notlage“ ausrufen!

    • @Benzo:

      In Niedersachsen bzw. Landkreis Leer sind SPD und Grüne für die Verfolgung von Schlägertrupps zuständig.

  • Mit Traditionen und Brauchtum wird ja so mancher Mist entschuldigt, aber das ist schon echt krass!

  • Ist das nicht nur so ein dummer Unsinn wie jener Brauch, wo Menschen in DE einmal im Jahr Bundesweit gewaltsam die Kleidung beschnitten wird?

    • @Rudolf Fissner:

      Danke, auf diesen absurden Vergleich habe ich schon lange gewartet. Das müssen ja extreme seelische Schmerzen für einen Mann sein, wenn ihm die Krawatte abgeschnitten wird.

      • @tazziragazzi:

        Nun ja. Der Vergleich von mir war zugegebenermaßen bescheuert.

        Aber es geht auch bei der Krawattenschneiderei ungefragt ans Körperliche.Und was für ein Männergedöns soll "extreme seelische Schmerzen für einen Mann" nun wieder sein? Die wird es auch bei den Übergriffen in Borkum nicht geben. Ich möchte auch als Mann nicht ungefragt angegrapscht werden.

        Der Unterschied der körperlichen Übergriffigkeit besteht vor allem darin, dass in Borkum Frauen heftige körperliche Folgen haben können und die Vehemenz der Übergriffigkeit wesentlich ausgeprägter ist.

    • @Rudolf Fissner:

      Wie viele Leute kriegen da Prügel?

      • @festus:

        Alle Mädchen und Frauen, die die "Jungs" zu fassen kriegen

      • @festus:

        Der Bürgermeister von Borkum spricht Klartext: "Das Klaasohmfest ist ein traditionelles Fest für Insulanerinnen und Insulaner, welches sich wie viele regionale Traditionen Auswärtigen nicht ohne Weiteres erschließt. Daher wird es nicht beworben und wir unterstützen die Erwähnung in den Medien nicht."



        www.ndr.de/fernseh...t,klaasohm102.html

      • @festus:

        Stimmt wohl. Der verlinkte Panorama berichtet macht das deutlich. Es ist kein Spiel. Dort werden Frauen derart geschlagen, dass sie danach von Hämatomen übersät sind.