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Internationaler SchuldenberichtProfite mit der Schuldenkrise

Laut Bericht der Weltbank befinden sich die Schuldenrückzahlungen auf Rekordniveau. Die Zinsen für ärmste Länder haben sich verdreifacht.

Stifte für ärmere Schü­le­r*in­nen in Sri Lanka. Das hochverschuldete Land spart bei Ausgaben für Bildung, die noch frei für alle ist Foto: pond5/imago

BERLIN taz | Im internationalen Schuldenbericht 2024 räumt die Weltbank die gravierenden Probleme von Entwicklungsfinanzierung durch private Gläubiger ein: Ein Strom von privatem Kapital für Armutsbekämpfung und andere Entwicklungsziele „erwies sich als Fantasie“, heißt es gleich zu Beginn.

Seit 2022 haben ausländische private Gläubiger fast 141 Milliarden US-Dollar mehr an Schuldendienstzahlungen von öffentlichen Kreditnehmern in Entwicklungsländern eingefordert, als sie in neuen Investitionen zu Verfügung gestellt haben, heißt es im Bericht. Und: Seit 2022 haben sich private Investoren immer mehr aus Entwicklungsländern zurückgezogen.

Gleichzeitig scheint der im Bericht verhöhnte Slogan „von Milliarden zu Billionen“ gerade wieder an Auftrieb zu bekommen. Die Weltbank will mit Hybridkapital Gelder am Privatmarkt mobilisieren und setzt auf Anreize für Investitionen des Privatsektors für Entwicklung und Klimafinanzierung. Dafür nutzt die Entwicklungsbank etwa Garantien, die Absicherung gegen politische Risiken oder die Abmilderung von Wechselkursrisiken.

Dass private Gläubiger in der Realität jedoch Profite machen, aber die Risiken fast ausschließlich von den staatlichen Gläubigern und multilateralen Entwicklungsbanken getragen werden, kritisierte Chefökonom und Weltbank-Vize Indermit Gill deutlich bei der Vorstellung des Berichts. Sie hätten sich in Risikozeiten zurückgezogen, während sich ihre Investitionen durch die hohen Zinsen längst ausgezahlt hätten. Gleichzeitig würden Entwicklungsbanken immer mehr zum Geber in der Not für diese Staaten, so Gill. In einigen Fällen wurden diese Kredite aber für die Rückzahlung an private Gläubiger genutzt.

1,4 Billionen US-Dollar an Schuldendienst zahlten Entwicklungsländer 2023

Für Entwicklungsländer hat sich die Situation doppelt verschlechtert. Durch die hohen Zinsen in den USA und Europa sind ihre Kredite immer teurer geworden und ihre Währungen haben an Wert verloren. Der Schuldendienst ist laut Bericht auf dem höchsten Stand, der je erreicht wurde. 1,4 Billionen US-Dollar zahlten Entwicklungsländer im Jahr 2023. Für die 26 ärmsten Länder haben sich die Zinsen verdreifacht. Das Geld fehle für Investitionen etwa in Bildung und Gesundheit, erklärte Gill.

„Diese Dynamik ist gefährlich“, sagte auch Malina Stutz von dem Entschuldungsbündnis erlassjahr.de. Aber: „Es reicht nicht, wenn die Weltbank das nur kritisiert. Der IWF hat die klare Vorgabe, dass er nur Kredite vergeben darf, wenn die Schuldensituation tragfähig ist. Ist sie das nicht, müssen die Institutionen darauf bestehen, dass es vorher ausreichende Schuldenstreichungen gibt.“

Erlassjahr.de und Partner fordern außerdem seit Langem eine nationale Gesetzgebung in Deutschland und anderen Ländern des Globalen Nordens, die private Gläubiger verpflichtet, sich an Entschuldungsprozessen zu beteiligen. Die privaten Kreditgeber könnten dann etwa ihre Zinsrückzahlungen von hochverschuldeten Ländern nicht mehr in vollem Umfang vor Gericht einklagen, sondern nur noch in dem Umfang, der in internationalen Restrukturierungsprozessen von Schulden vereinbart wurde.

Die G20 hat auf dem Hoch der Pandemie 2020 einen „gemeinsamen Rahmen“ für Restruktutierungsprozesse initiiert, den sogenannte Common Framework. Dieser komme jedoch nur langsam voran, räumte Weltbankökonom Gill am Montag ein. Bislang haben sich nur vier Länder beworben, der Prozess dauert lange, er sei nicht für private Gläubiger geeignet.

Entwicklungsländer wollen Rahmen für Restrukturierungen von Schulden mitverhandeln

Stutz teilt die Kritik. Er sei aber nicht nur zu langsam, sondern auch „intransparent und gläubigerlastig“, sagt sie. Es müsse einen multilateral ausgehandelten Rahmen zur Restrukturierung von Schulden geben, der nicht nur vom ­Globalen Norden bestimmt werde. So fordert es auch die Gruppe der afrikanischen Staaten und die Gruppe der LDCs, der ärmsten Länder, im Rahmen des UN-Prozesses zu Entwicklungsfinanzierung (FfD4).

Das aber blockieren die Staaten des Globalen Norden bisher. Von Donnerstag bis Freitag läuft die letze Vorbereitungsrunde für die UN-Entwicklungfinanzierungskonferenz im Juli 2025, wo auch das ein zentrales Thema sein wird.

Ebenfalls Ende der Woche findet in Seoul, Südkorea, die finale Geberkonferenz der Internationalen Entwicklungsgesellschaft der Weltbank, kurz IDA, statt. Sie vergibt besonders günstige Kredite und Zuschüsse an die 75 ärmsten Länder. Die Weltbank hat versprochen, die Mittel aufzustocken, bislang sind die Zusagen der reichen Staaten aber zurückhaltend. Etwa Südkorea, Lettland, Polen, Spanien, Norwegen und Dänemark haben höhere Zahlungen versprochen.

Stephan Exo-Kreischer, Europadirektor der Entwicklungsorganisation ONE, plädiert für mehr Geld aus Deutschland für IDA, um ausreichend zinsgünstige Kredite und Zuschüsse an die ärmsten Länder zu ermöglichen. Der deutsche Beitrag von rund 1,6 Milliarden Euro für die aktuelle Wiederauffüllungsrunde entspreche zwar nominal dem Betrag der letzten Wiederauffüllungsrunde, durch den Kursverlust des Euros erhielte die Entwicklungsbank real aber weniger Geld.

Gleichzeitig habe Deutschland noch einmal 305 Millionen Euro zusätzlich an IBRD, die Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, gegeben. Sie vergibt Kredite an mittlere Einkommensländer zu Marktkonditionen.

Das sei zwar richtig, betont Exo-Kreischer, aber „für die IBRD so viel Geld in die Hand zu nehmen und dann nicht das Gleiche für IDA zu tun, ist ein Affront gegenüber den afrikanischen Staaten“. Denn besonders diese weisen immer wieder auf die Bedeutung von IDA hin. Bei den Diskussionen um die Weltbankreform befürchteten viele Entwicklungsländer, dass eine verstärkte Klimafinanzierung zulasten von Armutsreduzierung gehen würde.

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