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Andreas Speit Der rechte RandWieso Beratung gegen rechts das Ende droht

Die AfD weiß, wo sie auf Landesebenen sparen möchte: bei der Demokratie. Alle nördlichen Landesverbände feinden Projekte für Demokratie und gegen Rechtsextremismus mehr oder minder offen an. Keine Überraschung, dass SPD und Grüne diese Projekte unterstützen wollen. In Niedersachsen könnten sie dennoch am 1. Januar auslaufen.

Am vergangenen Dienstag haben die Koalitionsfraktionen zwar beschlossen, für das Haushaltsjahr 2025 rund 400.000 Euro bereitzustellen. „In Zeiten des grassierenden Rechtsruckes setzt“ die rot-grüne Koalition ein „klares Zeichen für politische Bildung, die Gedenkstättenarbeit, den Kampf gegen Antisemitismus oder die Förderung demokratischer Werte bei der Polizei“, erklärt Michael Lühmann. Den Sprecher der grünen Landtagsfraktion für Innenpolitik und Antifaschismus freut das gerade wegen der „haushälterischen schwierigen Zeiten“.

Die Crux: Ohne Bundesmittel fehlen den Beratungen nötige Mittel. Lühmann räumt ein, dass steigende Kosten und bleibende Unsicherheiten auf Bundesebene die Beratungsstrukturen belasten. Der Bruch der Ampel-Regierung verstärke die Unsicherheiten in der Haushaltsplanung für 2025. Es sei unklar, ob das Programm „Demokratie leben!“ weiterläuft, mit dem die Beratungen unterstützt werden.

Vor wenigen Wochen hatte der Trägerverein „Weser Aller Bündnis: Engagiert für Zivilcourage und Demokratie“ (Wabe), an dem die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus Niedersachsen (MBT) angeschlossen ist, bereits Kündigungen von Personal, technischen Anlangen und Räumen angekündigt, da von staatlichen Stellen keine verbindliche Finanzierung der Arbeit für das kommende Jahr zugesagt sei. Auf einen offenen Brief des Trägervereins aus dem August, den 75 Ko­ope­ra­ti­ons­part­ne­r*in­nen unterschrieben hatten, reagierte die rot-grüne Landesregierung nicht.

Nun hat sie jeweils 150.000 für die MBT und die Betroffenenberatung Niedersachsen bereitgestellt sowie weitere 75.000 Euro für die Ausstiegshilfe und 230.000 Euro zur Prävention von Hass und Hetze im Netz. Ein „zentrales Versprechen des Koalitionsvertrages“ sieht Lühmann jetzt ebenfalls eingelöst: Für das kommende Jahr stellt die Regierung 250.000 Euro bereit, um in Niedersachsen Fälle von Todesopfern rechter Gewalt wissenschaftlich untersuchen zu lassen. „Die politischen Hintergründe dieser Taten aufzuklären, das sind wir den Familien und Angehörigen der Opfer schuldig“, sagt Lühmann.

Bleiben Bundesmittel aus, wird das Geld aus Hannover die Projekte nicht retten

„Wir sind froh, dass das Land Niedersachsen endlich seine Verantwortung wahrnimmt“ sagt Kristin Harney. Die Leiterin der MBT weist aber gleich darauf hin, dass die Finanzierung „auf niedrigem Niveau“ und auch nur „auf ein Jahr“ begrenzt sei. Und Harney erinnert ebenso an die fehlenden Bundesmittel, die „den Löwenanteil unserer Förderungen ausmacht“. Bleiben die Mittel aus, ist es aus mit Beratungen.

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