Klimakonferenz in Baku: Durchwachsene Aussichten
Die diesjährige Klimakonferenz in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku beginnt. Zwischen Trump-Wahl und Hitzerekorden sind die Vorzeichen schlecht.
Am Montag treffen sich nun die fast 200 Regierungen der Welt zur Weltklimakonferenz in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku, um die jährlichen Verhandlungen zum Schutz des Weltklimas abzuhalten. Im Pariser Weltklimaabkommen haben sie versprochen, die Erderhitzung bei „deutlich unter zwei Grad“ gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu halten. Außerdem wollten sie Anstrengungen unternehmen, damit schon bei 1,5 Grad Schluss ist. Damit das nicht dauerhaft der Fall ist, müssen sich die globalen Treibhausgasemissionen laut Weltklimarat bis 2030 ungefähr halbieren.
Dabei wird bisher noch jedes Jahr gezittert, ob sie im weltweiten Maßstab überhaupt endlich ihren Höhepunkt erreichen, statt weiter zu steigen. Zwar geht es mit dem Ausbau der erneuerbaren und klimafreundlichen Energien voran – aber die Nutzung der klimaschädlichen fossilen Energieträger wie Kohle, Öl und Gas hört nicht auf. Im Gegenteil: Im vergangenen Jahr erreichte sie sogar einen neuen Rekord.
Wenn die Delegationen der Länder der Welt ab Montag in Baku zusammenkommen, werden sie Klimaziele diskutieren, Partnerschaften vereinbaren, über neue Technologien und Ideen sprechen. Aber vor allem geht es auf der Weltklimakonferenz dieses Jahr ums Geld. Die Regierungen werden sich darauf einigen müssen, wie viel Geld die reichen Länder den Entwicklungsländern geben, damit sie sich an den Klimawandel anpassen und in Klimaschutz investieren können.
1 Billion US-Dollar bis 2030
Im Konferenzjargon ist die Rede von „Klimafinanzierung“. Das aktuelle Ziel, jährlich 100 Milliarden US-Dollar bereitzustellen, läuft 2025 aus. Der Bedarf liegt bis 2030 bei über einer Billion US-Dollar, ein etwa zehnmal größeres neues Klimafinanzierungsziel wäre also nötig.
Gestritten wird unter anderem darüber, wer Geber- und wer Nehmerland ist (siehe Text unten). China, Saudi-Arabien und Südkorea zum Beispiel gelten unter der UN-Klimarahmenkonvention von 1992, die Grundlage der Klimaverhandlungen ist, als Entwicklungsländer und müssen deswegen nicht zahlen. China ist inzwischen größter Treibhausgasemittent der Welt, Saudi-Arabien und Südkorea haben größere Pro-Kopf-Einkommen als viele Industrieländer. Die Europäische Union will deswegen durchsetzen, dass die Klimafinanzierung von mehr Ländern getragen wird – nämlich von allen, die in der Lage dazu sind.
Dem Klima-Ökonomen Reimund Schwarze vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig zufolge ist ein Billionen-Ziel eher unrealistisch. Wichtig sei jedoch auch, wie genau die Zahlungen gestaltet sind. An welche Bedingungen Zuschüsse gekoppelt sein müssen, zum Beispiel oder mit welchen Vergünstigungen Kredite angeboten werden. Daran würden die Verhandlungen eher scheitern als an der bloßen Zahl, sagt Schwarze.
Neben den Verhandlungen über die Klimafinanzierung wird es auch um neue Klimaziele gehen. Bis Februar 2025 müssen dem Pariser Abkommen nach alle Staaten angeben, wie weit sie ihre Treibhausgasemissionen bis 2035 senken werden. Die Klimadiplomatie-Expertin Hanna Fekete von der Denkfabrik New Climate Institute sagt, Aserbaidschan und Brasilien würden wahrscheinlich noch während der UN-Klimakonferenz ihr Ziel verkünden. Brasilien veranstaltet in Belem die nächste Klimakonferenz, dürfte sich also schon als guter künftiger Gastgeber präsentieren wollen.
Kein Rückschritt wäre schon ein Erfolg
China und die EU hingegen werden ihre Klimaziele wohl noch nicht vorstellen. Von den USA wurde Fekete zufolge ein neues Klimaziel erwartet. Das hat sich wegen des Wahlsiegs Donald Trumps aber vielleicht geändert – oder brächte zumindest nicht viel. Trump hat die Klimakrise und die menschliche Verantwortung dafür immer wieder geleugnet. Klimapolitik will er nach Amtsantritt im Januar abschaffen, aus dem Pariser Weltklimaabkommen wahrscheinlich austreten. Ein neues, ambitionierteres Klimaziel der USA wäre deshalb jetzt kaum glaubwürdig.
Für Reimund Schwarze ist die diesjährige UN-Klimakonferenz schon ein Erfolg, wenn in der Abschlusserklärung nicht die „Abkehr von fossilen Brennstoffen“ abgeschwächt wird, die im vergangenen Jahr auf der UN-Klimakonferenz beschlossen wurde. Diese geringe Ambition lässt sich auch damit erklären, dass viele wichtige Regierungschefs dieses Jahr der Konferenz fernbleiben: Brasiliens Präsident Lula Ignacio da Silva, US-Präsident Joe Biden, die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und auch Bundeskanzler Olaf Scholz.
Ein Grund ist aber auch, dass mit Aserbaidschan nach den Vereinigten Arabischen Emiraten zum zweiten Mal in Folge ein Erdölstaat den Verhandlungen vorsitzt. Kurz vor Beginn der Konferenz hatte die BBC ein heimlich gefilmtes Video veröffentlicht, in dem ein wichtiger aserbaidschanischer Konferenzmitarbeiter einem Interessenten gegenüber die Investitionsmöglichkeiten in die aserbaidschanischen Gasfelder anpreist. 90 Prozent der Exporte Aserbaidschans sind Erdöl und -gas.
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