Endlagersuche und die CDU: Das wirklich ewige Leben
Die Suche nach einem Endlager wird uns wohl noch 50 Jahre beschäftigen. Außer die CDU kommt an die Macht. Dann wird es noch länger dauern.
D ieser Prozess hat vier Jahre gedauert: Im Herbst 2020 hatte die Bundesgesellschaft für Endlagerung eine Landkarte vorgelegt, die mögliche Standorte eines Atomendlagers aufzeigte. Nach dieser waren 54 Prozent des deutschen Untergrundes prinzipiell geeignet. Nun – vier Jahre später – ist die Forschung weiter. Jetzt sind nur noch 44 Prozent tauglich.
Was selbstverständlich viel zu viel ist. Gesucht wird das richtige halbe Prozent: Eine Gesteinsformation, die 27.000 Kubikmeter hoch radioaktiven Mülls dauerhaft einschließt. Die Hinterlassenschaft aus gut 60 Jahren Atomkraft in Deutschland strahlt mit tödlicher Stärke noch eine Million Jahre, weshalb das Lager eine Million Jahre sicher abgeschottet sein muss. Um ein Gefühl für diesen Zeitraum zu bekommen: Das älteste bekannte Grab in Mitteleuropa ist etwa 22.000 Jahre alt, die ältesten Spuren des Homo sapiens 300.000 Jahre.
60 Jahre Nutzen gegen eine Million Jahre Schaden – als wäre diese Rechnung nicht absurd, will die Union die abgeschalteten deutschen Atomkraftwerke wieder ans Netz nehmen. Das hat sie an diesem Dienstag auf einem „Energiegipfel“ beschlossen. Damit torpedieren diejenigen, die „Christ“ in ihrem Namen tragen, auch die Suche nach dem Endlager massiv.
Denn gesucht wird eine Gesteinsformation für jene 27.000 Kubikmeter Strahlenmüll, die bislang angefallen sind. Also nicht für 28.000 Kubikmeter, 30.000 Kubikmeter oder et cetera. Eine Untersuchung kam kürzlich zu dem Schluss, dass schon die aktuelle Endlagersuche frühestens 2074 zu Ende gehen dürfte. Doch mehr Müll bedeutet andere geologische Parameter – und eine weitere Verzögerung der Suche.
Die Union will als Fürsprecher der Atomkraft in die Bundestagswahl ziehen. Na Halleluja! Verwechseln die Christen etwa „das ewige Leben“ mit endlos todbringendem Strahlenmüll? Wenn die Union für die Probleme der Gegenwart programmatisch nichts Besseres als die Fehler der Vergangenheit anzubieten hat, kann einem nur Himmelangst um Deutschlands Zukunft werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Sport und Krieg in der Ukraine
Helden am Ball
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Nachhaltige Elektronik
Ein blauer Engel für die faire Maus
Studie zu Zweitem Weltkrieg
„Die Deutschen sind nackt und sie schreien“