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Brics-Gipfel in RusslandPutins kleine Weltbühne

Russlands Präsident Wladimir Putin hält beim Brics-Gipfel in Kasan Hof. Er setzt dabei vor allem auf die Symbolkraft der Bilder.

Wladimir Putin spricht am vergangenen Freitag über den anstehenden Brics-Gipfel gegenüber Journalisten aus den Teilnehmerländern Foto: IMAGO/Vyacheslav Prokofyev

Moskau taz Russlands Staatsmedien ­schrei­ben vom „Ende der Dollar-Hegemonie“ und der „Beerdigung von Bretton Woods“. Dort war nach dem Zweiten Weltkrieg die bis heute geltende internationale Währungsordnung mit dem US-Dollar als Ankerwährung beschlossen worden. „Der Westen ist höchst nervös“, sagt die Reporterin im Ersten Kanal, dem Verlautbarungsorgan der russischen Staatsführung.

Der am Dienstag begonnene dreitägige Gipfel der Brics-Länder in Kasan an der Wolga, Hauptstadt der Teilrepublik Tatarstan, etwa 800 Kilometer östlich von Moskau gelegen, wird in Russland zum „wichtigsten Ereignis des Jahres“ stilisiert und „historisch“ genannt.

Russlands Präsident Wladimir Putin, der wegen des Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag nur eingeschränkt reisen kann, hält bei sich daheim Hof. Bis Donnerstag schüttelt er in Kasan 21 Staats- und Regierungschefs die Hände.

Auch nach der Absage seiner Kollegen aus Brasilien, Kuba und Serbien kommen noch genug, um seinen kleinen Triumph vor dem Westen auszukosten. Russland, so soll der Gipfel zeigen, sei in seinem bald vierten Kriegsjahr nicht isoliert.

Mit Brics sieht sich Russland zurück auf der Weltbühne

Russische Be­ob­ach­te­r*in­nen sehen das Land voller Euphorie, zurück auf der Weltbühne. Mittendrin in einer Welt, die dank Russland, so die zynischen Behauptungen, „demokratischer und gerechter“ werde.

Die Brics seien, so schreibt der Wirtschaftsprofessor Pawel Tereljanski von der Plechanow-Universität in Moskau, „ein transparentes, demokratisches, flexibles Gebilde, im Gegensatz zu den diktatorischen G7-Staaten“. Was er unter demokratischem Gebilde von Ländern wie China, Iran oder auch seinem eigenen versteht, erklärt er nicht.

Ohnehin geht es in Kasan wenig um Konkretes. Vielmehr setzt der Kreml auf die Macht der Bilder und nutzt den Gipfel, um sich vor allem geopolitisch zu positionieren – mit einem Ziel: eine neue Weltordnung ohne eine Dominanz des Westens auszubauen, mag die Führung auch immer wieder behaupten, die Brics-Gruppe richte sich „gegen nichts und niemanden“, wie Kreml-Sprecher Dmitri Peskow auch am Eröffnungstag mitteilen ließ.

Es ist das 16. Treffen des losen Bündnisses. Auch das erste hatte im Jahr 2009 in Russland stattgefunden, damals mit den Gründungsmitgliedern Brasilien, Russland, Indien und China. Ein Jahr später schloss sich Südafrika an. 2023 kamen Ägypten, Äthiopien, Iran und die Vereinigten Arabischen Emirate dazu. Sie sind jetzt erstmals als Mitglieder dabei.

Zwölf weitere Länder haben ihre Aufnahme beantragt, mehr als 30 wollen zum „alternativen Klub“ dazugehören, wie sich der Verbund gern sieht. Darunter sind Länder wie die Türkei, Kasachstan, Indonesien, Kongo, Nordkorea oder Syrien. Die Aufnahmekriterien sind unklar.

Brics-Staaten haben heterogene Interessen

Unklar ist auch, was das Bündnis bezwecken will. Letztlich ist es eine weitere Plattform zum Austausch – und für den Westen durchaus nicht zu vernachlässigen. Schließlich sitzen hier China, Russland und Iran an einem Tisch. Die drei eint der Wunsch, die „westliche Hegemonie“ zu brechen.

Doch die Interessen der Brics-Staaten sind heterogen, nicht alle sind antiwestlich. Das macht es für das immer beliebiger werdende Bündnis schwer, an Bedeutung zu gewinnen. Am Ende bleibt es eine Veranstaltung, bei der jeder irgendwie mitmachen kann.

Russland sieht sich zwar als Lokomotive und ideologischer Führer der Gruppe. Doch dominiert China, das Brics als Instrument im Kampf für eine neue Weltordnung ausbauen will, Russland ist da – wie auch sonst – nur Juniorpartner Pekings. In Kasan inszeniert sich Moskau als zuverlässig, Sanktionen wegen des Krieges in der Ukraine hin oder her.

Die Plenarsitzungen beginnen zwar erst am Mittwoch, doch in 17 bilateralen Gesprächen will Putin anderen Staatenlenkern zeigen, wie sehr er auf der Suche nach neuen Entwicklungsmöglichkeiten für sein Land ist, jetzt, wo der europäische und US-Markt teils weggebrochen sind.

Moskau sucht Alternative zum Swift-Zahlungssystem

Russland ist vor allem an einem neuen Zahlungssystem gelegen, einer Alternative zum Swift-System, aus dem das Land durch seinen Angriff auf die Ukraine herausgefallen ist.

So traf sich Putin als Erstes mit Dilma Rousseff, einst Brasiliens Präsidentin, nun Präsidentin der Brics-Entwicklungsbank NDB. Brics Bridge soll das System heißen. Es ist nur eine Ankündigung von vielen, eine der „Nachrichten der Zukunft“, wie viele Russen die Versprechungen Putins nennen.

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20 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Gute Quelle zu BRICS, die einige falsche Vorstellungen von diesem Club beseitigt und zeigt, dass er eben kein Aufstand des globalen Südens ist, sondern letztlich ein Vehikel chinas ohne Programmatik bleibt:

    www.bundestag.de/r...D-2-034-24-pdf.pdf

    • @Suryo:

      Ich frage mich, ob Sie das von Ihnen verlinkte Dokument auch gelesen haben - dessen Inhalt deckt sich nämlich nicht mit Ihrer Einlassung.

      • @O.F.:

        Ich glaube nicht, dass Sie die Quelle gelesen haben.

        Seite 9:

        "Über die Hälfte des von den BRICS erwirtschafteten BIP entfällt jedoch auch nach der Erweiterung auf China, das im Jahre 2023 ca. 18,9 Prozent des globalen BIP erwirtschaftete. Darüber hinaus ist China mittlerweile der jeweils wichtigste Handelspartner für alle BRICS-Staaten außer Ägypten. Nähme man wiederum China aus der Betrachtung der Handelsbeziehungen der BRICS-Staaten untereinander heraus, so wäre mit Ausnahme der VAE für den (stark sanktionierten) Iran kein BRICS-Staat der wichtigste Handelspartner eines anderen. Sowohl was die Leistungskraft seiner Wirtschaft als auch das Volumen seiner Handelsbeziehungen betrifft, ist die Dominanz Chinas unverkennbar."

        Seite 36:

        "....kommt zu dem Ergebnis, dass die BRICS-Staaten, obwohl sie in einigen Politikfeldern eine



        stärkere Zusammenarbeit zeigen, keine klare gemeinsame Strategie verfolgen."

        Vielleicht muss man aber noch viel, viel mehr zu Gunsten Russlands und Chinas "differenzieren", oder?

        • @Suryo:

          Ihre (ohnehin selektiv gewählten) Zitate belegen nicht, was Sie behaupten: dass China der wichtigste Geldgeber der BRICS ist, habe ich nicht bestritten. Das Macht die BRICS aber nicht zu einem Vehikel chinesischer Interessen; Peking hat die anderen Staaten nicht dazu gezwungen, teilzunehmen – und der chinesische Einfluss gerade auf Indien ist eher begrenzt, um das vorsichtig zu formulieren. Die BRICS dienen den Interessen ihrer Mitglieder. Der Hinweis auf Differenzen zwischen diesen geht am Punkt vorbei, weil die BRICS kein Bündnis wie die NATO ist, das eine einheitliche Agenda verfolgen muss. Es geht um eine situative Koordination – und dieses Minimalprogramm hat in der Realität bereits ziemlich gravierende Folgen.



          Und natürlich: man muss immer differenzieren, weil die Welt eben vielschichtig ist; das hat nicht mit Parteinahme zu tun, sondern mit Objektivität. Die Realität wird nicht einfacher, wenn man sie in ideologische Schablonen presst.

          • @O.F.:

            China ist nicht einfach nur der Geldgeber, China ist die alles dominierende Macht innerhalb der BRICS und die einzige Klammer, die das Ganze irgendwie zusammenhält. Ein BRICS ohne B, R, I und S ist ohne weiteres vorstellbar. Eines ohne C absolut nicht.

            • @Suryo:

              Sie weichen nach wie vor der entscheidenden Frage aus: warum die anderen Staaten mitmachen - insbesondere Indien, das sicher kein Interesse daran hat, chinesischen Interessen zu dienen. Eine (gewisse) Dominanz Chinas bedeutet eben nicht, dass BRICS nur chinesischen Interessen dient. Übrigens wäre BRICS ohne die anderen Staaten auch nicht denkbar - der Einfluss beruht eben auf der geographischen und politischen Breite.

      • @O.F.:

        Lesen Sie zB mal auf Seite 9 nach, was da zum wirtschaftlichen Gewicht Chinas innerhalb der BRICS steht und dann vergleichen Sie es mit den Aussagen zum vagen, unkonkreten politischen Gehalt dieses „Bündnisses“.

      • @O.F.:

        Ich habe es mal kurz überflogen. Habe Sie es etwa gelesen?

        Wenn da steht, dass Russland sich für eine Großmacht hält, bedeutet das noch lange nicht, dass es eine ist. Mit einer Wirtschaftsleistung in der Größenordnung von Italien ist das doch sehr fraglich.

        • @Jörg Schubert:

          Ja, habe ich – und auch wenn man über einige Aspekte streiten kann, ist die Einschätzung doch wesentlich differenzierter als „Vehikel für Chinas Interessen“ (was ja auch kaum erklären würde, warum Staaten wie Indien und Brasilien sich daran beteiligen) – über Russland als Großmacht habe ich mich gar nicht geäußert.

          • @O.F.:

            Vielleicht sollten Sie unvoreingenommen lesen.

            Sehr interessant ist doch auch, dass China und Russland den ach so lieben Freunden Indien und Brasilien keinen Sitz im Weltsicherheitsrat gönnen (anders als Deutschland). Offenbar hat man es in Peking und Moskau dann doch nicht so mit der Überwindung der gegenwärtigen Weltordnung.

            • @Suryo:

              Was wiederum nichts mit BRICS zu tun hat; von Freundschaft habe ich ohnehin nicht gesprochen, sondern von Interessen. Also nochmal: Indien, Brasilien, Südafrika etc. sind nicht Teil der BRICS, weil sie Chinas Interessen verwirklichen wollen (wieso sollten sie?), sondern weil sie sich selbst Vorteile davon versprechen – die Aussage, BRICS wäre vor allem ein Vehikel für chinesische Interessen greift also zu kurz und verkennt auch den Charakter von BRICS.

              • @O.F.:

                Erstens dreht sich das ganze Gutachten um die BRICS auf Ebene der UNO, und zweitens kann man wohl schlecht eine neue Weltordnung anstreben, wenn man sich nicht mal auf dieser Ebene koordiniert und einig ist.

                • @Suryo:

                  Die Diskussion hat sich aber nicht darum gedreht, sondern um BRICS insgesamt. Sie können nicht nach Belieben das Thema umdeuten. Davon abgesehen: BRICS ist erfolgreich dabei, die globale Ordnung zu ändern, genauer gesagt, die einseitige Hegemonie des Westens zu beenden - obwohl das nicht einmal das Anliegen aller Mitglieder war. Ihr Denkfehler besteht darin, dass Sie die Absichten der Mitglieder überschätzen und die Konsequenzen ihres Handelns unterschätzen.

  • Die Bezeichnung BRICS wurde vom Chefvolkswirt der Großbank Goldman Sachs geprägt. Bei BRICS-Treffen wird oft Englisch als gemeinsame Kommunikationssprache verwendet.



    So viel zur Unabhängigkeit. Man könnte es auch einen Trotz-Club nennen.

    • @Ceebee:

      Was wird das? Eine Verschwörungstheorie? So nach dem Muster "alles Marionetten amerikanischer Kapitalisten"?

      Das glaubt doch kein denkender Mensch!

  • BRICS, 2006 als Gruppe der BRIC-Staaten gegründet, war von Anfang darauf ausgerichtet, der 'westlich' dominierten Globalisierung etwas entgegenzusetzen. Es geht um die politische, wirtschaftliche und kulturelle Selbstbehauptung von Ländern und Regierungen, die sich nicht der Vormachtstellung der USA und ihrer Verbündeten beugen wollen. Nicht wenige Regierungen schließen sich seither an, wie z.B. die Regierung Erdogans, die sich trotz Mitgliedschaft in der NATO das Recht auf autonome Entscheidungen bewahren wollen. Mittlerweile betreiben die BRICS-Staaten konkrete Projekte der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, darunter auch denAufbau eines eigenen, vom US-Dollar entkoppelten, Handelssystem.

    Wer im Brics-Gipfel nur einen verzweifelten Schachzug Putins sieht, unterschätzt die Ernsthaftigkeit vieler Regierungen sich aus einer US(-Dollar) dominierten Weltordnung zu befreien. Und auch wenn es manche KommentatorInnen überraschen mag, neben den Despoten und Autokraten gibt es weltweit auch viele Menschen, die mehr kulturelle Eigenständigkeit und Selbstbestimmung wollen und letztere nicht mit individualem Egoismus gleichsetzen.

    • @Stoersender:

      " Es geht um die politische, wirtschaftliche und kulturelle Selbstbehauptung von Ländern und Regierungen, die sich nicht der Vormachtstellung der USA und ihrer Verbündeten beugen wollen."

      Ja, das sind halt so die propagandistischen Phrasen, mit denen das Ganze aufgehübscht wird. Es gibt wohl kaum ein Land, das so von der Globalisierung profitiert wie China. Und vermutlich kaum ein Land, in dem der Kapitalismus brutaler funktioniert.

      Soviel zu "kulturellen Eigenständigkeit und Selbstbestimmung" zumal in Diktaturen wie China oder Russland.

  • Die heutigen BRICS - Staaten sind nicht zu unterschätzen. Sie vereinen 45% der Weltbevölkerung (G7 - 11%) und haben ein BIP nach Kaufkraftparität von über 35% (G7 - 33%) mit Tendenz nach oben, während die G7 kriseln.

    Wir sollten nicht versuchen sie klein zu reden. Und bei allem Widersprüchen und unterschiedlichen Interessen eint sie doch eins: Sie wollen sich nicht mehr von den USA, dem IWF und der Weltbank dominieren lassen. Die Welt ändert sich gegenwärtig rapide - und wir haben unseren Platz darin bislang nicht gefunden.

  • Erstens hat China, nicht Russland, bei BRICS das Sagen, und zweitens werden sich diverse neue Mitglieder - Emirate und Ägypten zB - nicht dem Konfrontationskurs gegen Westen anschließen. Genausowenig wie Indien (das übrigens mit China ungelöste Konflikte hat und Chinas Zusammenarbeit mit Pakistan sehr kritisch sieht) und Brasilien, die überdies gemäß ihrem Selbstverständnis als Demokratien kein Interesse daran haben, in einem Block aggressiv antidemokratischer Staaten Mitglieder zu sein. Eine neue Weltordnung entsteht da nicht, und wenn, dann ist Russland darin wenig mehr als eine Tankstelle Chinas.

    • @Suryo:

      Sehe ich auch so.

      Wir sollten aber dran denken, dass der Spruch "Wes Brot ich ess..." auch für Indien und Brasilien gilt. Wirtschaftliche und militärische Motive sind sehr stark. Über demokratische Grundsätze wird dabei gerne hinweg gesehen. Das passiert bei uns ja auch.