Kampagne für legale Abtreibungen: Bündnis will die Ampel treiben

Mit der Kampagne „Abtreibung legalisieren – jetzt!“ will ein Bündnis Druck machen: Die Bundesregierung soll den Strafrechtsparagrafen 218 streichen.

Eine Frau hält ein Schild in die Höhe: Weg mit Paragraph 218 und einen Kleiderbügel, das Symbol für illegale Abtreibungen

Weg damit: Protest im September 2023 in Berlin Foto: Stefan Boness

Berlin taz | „Schwangerschaftsabbrüche im Strafrecht zu regeln, führt nur dazu, dass sie unsicher sind“, sagte die Juristin Valentina Chiofal am Montag beim Start der Kampagne „Abtreibungen legalisieren – jetzt!“ in Berlin. Das Bündnis, das die Kampagne entwickelt hat, setzt sich aus feministischen und gesundheitspolitischen Initiativen wie „Doctors for Choice“ und „Women on Web“ zusammen. Sie alle fordern die Streichung des Abtreibungsparagrafen 218.

Die Bundesregierung hatte eine Kommission aus Ex­per­t*in­nen beauftragt, sich mit der Frage der Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüche auseinanderzusetzen. Im April legte die Kommission ihren Bericht vor. „Danach kam vor allem erst mal nichts“, sagte Leonie Weber, Mit­organisatorin der Kampagne. Weber kündigte an, dass in den nächsten Monaten bundesweit verschiedene Aktionen geplant seien, um auf das Problem aufmerksam zu machen. Zum Abschluss der zwölfwöchigen Kampagne sind Anfang Dezember Demonstrationen in Berlin und Karlsruhe vorgesehen.

Martina Zilezinski arbeitet bei der Schwangerschaftsberatungsstelle Balance. „Wir haben 2023 ungefähr 850 Schwangerschaftskonfliktberatungen gemacht“, so Zilezinski. Von diesen Frauen sei mehr als die Hälfte fest zu einem Abbruch entschlossen gewesen. „Wir würden uns wünschen, dass es statt einer Beratungspflicht ein Beratungsangebot gibt.“ Bislang müssen Frauen, die abtreiben wollen, ein Beratungsgespräch wahrnehmen und eine dreitägige Bedenkzeit verstreichen lassen, bevor eine Abtreibung durchgeführt werden kann.

Mandy Mangler ist Chefärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe. Sie sagte auf der Pressekonferenz, dass „sowohl die Patientinnen als auch die behandelnden Ärz­t*in­nen Stigmatisierung erfahren“.

Medizinische Leistung, nicht Straftat

Sie verstehe, wieso viele Ärz­t*in­nen keine Schwangerschaftsabbrüche anbieten: „Wer will schon einen Teil seiner Arbeit im Strafgesetzbuch zwischen Mord und Totschlag finden“, sagte die Ärztin der taz. In der Konsequenz sei es in vielen Regionen schwierig, einen Ort zu finden, an dem Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden. Sie wünsche sich, dass Abbrüche nicht als Straftat, sondern als medizinische Leistung angesehen werden.

Das Bündnis fordert zudem, dass Abtreibungen künftig von den Krankenkassen bezahlt werden. Bislang werden die Kosten nur dann übernommen, wenn die Frau sozial bedürftig ist.

Jascha Anders hat die Kampagne mitorganisiert. Sie selbst sei vor ein paar Jahren ungewollt schwanger geworden. Sie habe sich entschieden, ihr Kind zu behalten, betont aber: „Das war eine sehr prägende Erfahrung.“ Sie habe sich mit dem Prozess, den Schwangere durchlaufen müssen, wenn sie abtreiben wollen, auseinandergesetzt: „Diesen Weg soll niemand gehen müssen“, sagte Anders der taz.

Grüne und SPD begrüßen die zivilgesellschaftliche Initiative. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Maria Klein-Schmeink, sagte, dass laut Umfragen ein Großteil der Menschen in Deutschland für eine Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen sei. Die Frage sei nun, wie man für die Legalisierung im Bundestag Mehrheiten finde. Vergangene Woche hatten die Grünen in einem Fraktionsbeschluss festgehalten, die Empfehlungen der Sachverständigenkommission umsetzen zu wollen. In dem Beschluss heißt es: „Wir wollen das Selbstbestimmungsrecht von Frauen stärken und setzen uns für eine differenzierte Regelung des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafgesetzbuches ein.“

Die frauenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Leni Breymaier, sagte der taz, SPD und Grüne seien klar, aber „die FDP will beim Thema Schwangerschaftsabbrüche nicht“. Sie blockiert die Legalisierung bislang. Auch die Union sehe keinen Änderungsbedarf, lobe den angeblichen gesellschaftlichen Kompromiss in der Frage bei jeder sich bietenden Gelegenheit und verkenne dabei völlig die unterirdische Versorgungslage der Betroffenen in Deutschland, so Breymaier. „Wir brauchen jetzt eine fraktionsübergreifende Initiative zum Thema. Denn ich kann nicht erkennen, dass durch Zuwarten irgendetwas besser wird“, so Breymaier.

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