+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Drohnenangriff in Russland

Russland meldet Abschuss von ukrainischen Drohnen. Ukraine greift Raffinerie und Kraftwerke an. Selenskyj pocht auf Erlaubnis für Angriffe in Russland.

Umkämpft: Ein Schild weist in Richtung der russischen Region Kursk Foto: Evgeniy Maloletka/AP/dpa

Russland hat in der Nacht nach eigenen Angaben 158 ukrainische Drohnen abgeschossen. Das Verteidigungsministerium teilte am Sonntag im Onlinedienst Telegram mit, die Drohnen seien über insgesamt 15 russischen Regionen abgefangen worden, zwei von ihnen über der Hauptstadt Moskau. Mit 122 Drohnen seien die meisten über den westrussischen Regionen Kursk, Brjansk, Woronesch und Belgorod an der Grenze zur Ukraine abgeschossen worden.

Der Gouverneur von Brjansk, Alexander Bogomas, hatte zuvor von einem „massiven“ Drohnenangriff gesprochen. „Unsere Verteidiger wehren einen versuchten massiven Drohnenangriff auf das Territorium der Region Brjansk ab“, erklärte Bogomas auf Telegram. Mindestens 26 Drohnen seien vom russischen Militär „identifiziert und zerstört“ worden.

Der Moskauer Bürgermeister Sergej Sobjanin gab an, die russischen Streitkräfte hätten in der Nacht fünf in Richtung der Hauptstadt gestartete Drohnen abgewehrt. Berichten zufolge wurden ein Kohlekraftwerk in der Nähe von Moskau und eine Ölraffinerie im Moskauer Stadtgebiet getroffen.

Ein Beamter aus der Region Moskau sagte, das Ziel von drei Drohnen sei das Kohlekraftwerk Kaschira gewesen. Es habe weder Opfer noch Schäden gegeben, sagte er. Auch die Stromversorgung sei nicht beeinträchtigt. Russische Nachrichtenagenturen berichteten zudem von einem Brand in einer Ölraffinerie im Moskauer Bezirk Kapotnija. Bürgermeister Sobjanin erklärte allerdings, es habe „keine Schäden oder Opfer“ gegeben.

Auch über den Grenzregionen Belgorod und Woronesch sowie den weiter von der Ukraine entfernt gelegenen Regionen Lipezk und Rjasan wurden nach Behördenangaben Drohnen abgeschossen. Belgorods Gouverneur Wjatscheslaw Gladkow erklärte, an drei Wohngebäuden in Belgorod seien Fenster zersprungen. Auf einem Privatgrundstück sei ein Wirtschaftsgebäude vollständig zerstört worden. In der westlichen Region Orjol wurde dem Regionalgouverneur zufolge eine Drohne abgefangen. (afp)

Ukraine greift Raffinerie und Kraftwerke an

Die ukrainischen Streitkräfte haben nach russischen Angaben in einem großangelegten Drohnenangriff Raffinerien und Kraftwerke in Russland attackiert. Betroffen seien vor allem die beiden Nachbarregionen Moskau und Twer, erklärten die Behörden am Sonntag. Auch andere Teile des Landes seien betroffen. In der Ölraffinerie in Moskau sei Feuer ausgebrochen, teilte der Bürgermeister der Hauptstadt, Sergej Sobjanin, mit. Die Flugabwehr hat laut Verteidigungsministerium 158 Drohnen zerstört. Wie viele die Ukraine insgesamt auf Ziele in Russland abgefeuert hat, blieb offen. Das ukrainische Militär hat wiederholt die Energieversorgung und Ölraffinerien in Russland ins Visier genommen. Zudem fiel es am 6. August überraschend in die russische Oblast Kursk ein, die an die Ukraine grenzt. Die russischen Streitkräfte ihrerseits kommen seit Monaten langsam aber stetig an der Ostfront vor allem im ukrainischen Donezk voran.

Nach bisherigen Angaben wurde bei dem Drohnenangriff niemand verletzt. Russland gibt das ganze Ausmaß der Schäden durch ukrainische Angriffe allerdings selten bekannt. Unabhängig überprüfen lassen sich Angaben zum Kampfgeschehen nicht.

Moskaus Bürgermeister Sobjanin schrieb auf Telegram, mindestens neun Drohnen seien in Moskau und Umgebung abgefangen und zerstört worden. Mehrere Drohnen hätten auf die Moskauer Raffinerie gezielt. In einem „separaten Technikraum“ der Anlage werde ein Feuer gelöscht. Die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass meldete unter Berufung auf die Feuerwehr, der Brand sei in die höchste Komplexitätsstufe eingeordnet worden und es seien möglicherweise zusätzliche Rettungseinheiten erforderlich. Die Raffinerie ist im Besitz von Gazprom Neft, der Ölsparte des russischen Gasgiganten Gazprom. Sie befindet sich im Südosten Moskaus. Gazprom Neft lehnte eine Stellungnahme ab.

Die ukrainischen Streitkräfte hätten auch versucht, das Kraftwerk Kaschira in der Oblast Moskau mit drei Drohnen anzugreifen, schrieb Michail Schuwalow, der Verwaltungschef des Bezirks Kaschira, auf Telegram. Es gebe weder Brände noch Opfer. „Die Stromversorgung läuft ohne Probleme.“ Die Stadt Kaschira liegt gut hundert Kilometer südlich der Hauptstadt Moskau. (rtr)

Brand im Kraftwerk Konakowo

In der Oblast Twer, die nordwestlich von Moskau liegt, waren in der Nähe des Kraftwerkes Konakowo laute Explosionen zu hören. Davon berichtete der dem russischen Geheimdienst nahestehende Kanal Basa Telegram. Der Gouverneur von Twer, Igor Rudenja, sagte, in der Stadt Konakowo habe es einen Brand gegeben. Was Feuer gefangen hat, ließ er offen. Er fügte hinzu, dass die Strom- und Gasversorgung nicht unterbrochen sei. Das Kraftwerk ist einer der größten Stromerzeuger in der größeren Region Zentralrussland, zu der unter anderem die Oblaste Moskau und Twer sowie die an die Ukraine grenzenden Oblaste Brjansk, Kursk, Belgorod und Woronesch gehören.

Auch die Gouverneure von Brjansk, Kursk, Woronesch und Lipezk berichteten von ukrainischen Drohnen, die abgefangen und zerstört worden seien. Über Lipezk, Rjasan und Tula wurden den jeweiligen Gouverneuren zufolge ebenfalls Drohnen abgefangen. Die Oblaste liegen zwischen den Grenzgebieten und Moskau und gehören ebenfalls zu Zentralrussland. Dem Verteidigungsministerium zufolge wurden 46 Drohnen über Kursk abgefangen und zerstört, 34 über Brjansk, 28 über Woronesch und 14 über Belgorod.

Die Regierung in Kiew drängt die USA seit einiger Zeit, ihr zu erlauben, mit den von den Verbündeten an die Ukraine gelieferten Waffen auch Ziele tief im Inneren Russlands anzugreifen. Zugleich hat die Ukraine die Herstellung von Drohnen im Inland massiv vorangetrieben und forciert ihre Angriffe auf Russland. Vor allem die Energie-, die Militär- und die Transportinfrastruktur sind dabei das Ziel – sie sind für die russischen Kriegsanstrengungen von entscheidender Bedeutung. Die ukrainische Regierung möchte nun auch stärkere, aus dem Westen stammende Waffen einsetzen, um damit größere Schäden zu verursachen. (rtr)

Selenskyj: Müssen russische Flugplätze angreifen

Nach den jüngsten russischen Luftangriffen gegen ukrainische Städte hat Präsident Wolodymyr Selenskyj seinen Appell an den Westen zur Freigabe von Angriffen weit im russischen Hinterland erneuert. Die russischen Luftangriffe könnten nur mit Angriffen gegen die russischen Militärflugplätze tief auf russischem Staatsgebiet „und die Logistik des russischen Terrors“ unterbunden werden, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache.

Zu diesem Zweck führe eine ukrainische Delegation Gespräche mit den Verantwortlichen in Washington. Nach ukrainischen Medienberichten wurde der amerikanischen Seite sogar eine Liste mit den potenziellen Zielen dieser ukrainischen Angriffe mit Langstreckenwaffen auf amerikanischer oder anderer westlicher Produktion überreicht.

„Die Säuberung des ukrainischen Luftraums von russischen Lenkbomben ist ein wichtiger Schritt, um Russland zu zwingen, ein Ende des Krieges und einen gerechten Frieden anzustreben“, sagte Selenskyj. Allein in Charkiw starben nach jüngsten ukrainischen Angaben sechs Menschen, weitere 99 Menschen wurden bei dem russischen Luftangriff verletzt, der ein mehrstöckiges Wohngebäude traf. „Und das ist nur in Charkiw, und dies ist nur ein Tag der russischen Angriffe“, betonte Selenskyj.

„Ich appelliere an die Vereinigten Staaten, das Vereinigte Königreich, Frankreich und Deutschland: Wir müssen in der Lage sein, die Ukraine und die ukrainische Bevölkerung wirklich und umfassend zu schützen“, sagte Selenskyj weiter. „Wir brauchen Langstreckengenehmigungen, und wir brauchen Ihre Langstreckengeschosse und –raketen.“

Die westlichen Partner haben der Ukraine bisher die Erlaubnis verweigert, mit den gelieferten schweren Waffen Ziele auf russischem Staatsgebiet anzugreifen. Das ukrainische Militär ist daher darauf angewiesen, diese Ziele mit Kampfdrohnen aus eigener Produktion anzugreifen. Die Sprengkraft dieser Drohnen ist jedoch relativ gering. (dpa)

Ukraine wartet auf weitere Flugabwehr-Systeme

Zum bevorstehenden neuen Schuljahr wartet die Ukraine dringend auf bereits zugesagte zusätzliche Flugabwehr-Systeme. Diese seien nötig, so Selenskyj, „um unseren ukrainischen Kindern in den Schulen, in unseren Städten und in unserem Energiesektor mehr Sicherheit zu geben“. Er hoffe daher auf schnelle Umsetzung bereits getroffener Absprache. Details dazu nannte Selenskyj jedoch nicht. (dpa)

Viele Gefechte an Fronten in der Ukraine

Entlang der Fronten im Osten der Ukraine haben sich ukrainische Verteidiger und russische Angreifer eine Vielzahl an Gefechten geliefert. Der Generalstab in Kiew sprach am frühen Abend von insgesamt 109 bewaffneten Zusammenstößen im Tagesverlauf.

Im Mittelpunkt der Kampfhandlungen lag einmal mehr die Umgebung der Stadt Pokrowsk am Rande des Donbass. Dort stürmten russische Einheiten 23 Mal mit Artillerieunterstützung gegen die Verteidigungslinien der Ukrainer an. Die Angriffe seien abgeschlagen worden, hieß es. Auch aus der Umgebung des nahe gelegenen Ortes Kurachewe wurden russische Angriffe gemeldet. Diese Angaben konnten nicht unabhängig geprüft werden.

Schwere russische Artillerieangriffe erschütterten nach diesen Angaben auch die Region Sumy. Mindestens 15 verschiedene Siedlungen seien beschossen worden. Durch Sumy laufen die Nachschublinien für die ukrainischen Truppen, die in die westrussische Region Kursk eingedrungen sind. Über den Verlauf dieser Offensive gab es von ukrainischer Seite keine Angaben.

Massive russische Artillerieüberfälle wurden auch aus der von Ukrainern besetzten Stadt Sudscha in der Region Kursk gemeldet. Das russische Militär zerstöre systematisch die eigene Stadt, in der noch rund 200 der ursprünglich 5.000 Bewohner lebten, kommentierten ukrainische Medien. „Auch wenn Sudscha bereits im Hinterland der Front liegt, wird die Stadt von den Russen dem Erdboden gleichgemacht“, schrieb die Agentur Unian. Die Ukraine hat Sudscha zum Sitz ihrer Militärkommandantur für die Region Kursk erklärt. (dpa)

Selenskyj pocht auf Erlaubnis für Angriffe in Russland

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj versucht den Druck auf seine Partner zur Freigabe von Angriffen in Russland zu erhöhen. „Den ukrainischen Himmel von russischen Gleitbomben zu säubern, ist ein wichtiger Schritt, um Russland zu zwingen, ein Ende des Krieges und einen gerechten Frieden zu suchen“, sagt Selenskyj in seiner nächtlichen Videoansprache. „Wir benötigen die Fähigkeiten, um die Ukraine und die Ukrainer wahrhaftig und vollständig zu schützen. Wir brauchen sowohl die Erlaubnis für Langstreckenfähigkeiten als auch Langstreckengeschosse und -raketen.“ Ohne Einzelheiten zu nennen, erklärt er, seine Vertreter hätten alle notwendigen Details an die Partner der Ukraine übermittelt. Der ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umerow sagt dem US-Sender CNN, man habe den Partnern gezeigt, dass russische Flugfelder, von denen aus ukrainische Städte angegriffen werden, in Reichweite von Langstreckenwaffen seien.

In der Region Charkiw sind ukrainischen Angaben zufolge zwei Zivilisten bei einem russischen Luftangriff getötet worden. Lenkbomben hätten in dem Dorf Tscherkaska Losowa ein Wohnhaus getroffen, teilt Regionalgouverneur Oleh Synehubow mit. Acht Menschen seien verletzt worden. Rettungskräfte seien im Einsatz. Erst am Freitag waren bei einem Bombenangriff in der Stadt Charkiw ein Wohnhaus und ein Spielplatz getroffen worden, sieben Menschen starben.

Die russischen Streitkräfte haben nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau die Ortschaft Kirowe in der ostukrainischen Region Donezk eingenommen. Die russischen Truppen rücken seit geraumer Zeit langsam, aber stetig an der Front im Osten vor. Donezk bildet zusammen mit Luhansk den industriell geprägten Donbass. Die beiden Regionen sowie Saporischschja und Cherson weiter im Süden der Ukraine wurden bereits im September 2022 von Russland annektiert, obwohl seine Truppen sie nicht vollständig kontrollieren. Die Ukraine will alle Gebiete zurückerobern – einschließlich der schon 2014 annektierten Halbinsel Krim, die weit im Süden gegenüber von Cherson liegt.

Die ukrainische Luftwaffe hat nach eigenen Angaben 24 russische Drohnen abgefangen. Insgesamt hätten die russischen Streitkräfte bei ihrem Angriff in der Nacht zu Samstag 52 Drohnen auf Ziele in der Ukraine gestartet. Betroffen gewesen seien acht Regionen im Land, teilt die Luftwaffe auf Telegram mit. 25 Drohnen vom iranischen Typ Schahed seien von selbst abgestürzt, drei weitere Richtung Russland und Belarus geflogen. Es gebe keine Berichte über Verletzte oder größere Schäden. Ziel des russischen Angriffs war unter anderem Kiew. Dort sei es bereits der vierte Drohnenangriff in dieser Woche gewesen, teilten die Behörden in der Hauptstadt mit. Alle Drohnen mit Ziel Kiew seien abgefangen worden.

Aus der Stadt Schebekino in der russischen Oblast Belgorod melden die Behörden ukrainischen Beschuss. Eine Frau sei am Samstag verletzt worden. Schebekino liegt nahe an der Grenze zur Ukraine. Beide Kriegsparteien haben wiederholt erklärt, sie griffen nicht gezielt die Zivilbevölkerung an.

In der im Südwesten Russlands gelegenen Stadt Belgorod sind nach Angaben örtlicher Behörden bei einem ukrainischen Angriff am späten Freitagabend fünf Menschen getötet worden. 46 Menschen seien verletzt worden, teilt Wjatscheslaw Gladkow, der Gouverneur der gleichnamigen Oblast, mit. 37 Verletzte seien ins Krankenhaus gebracht worden, darunter sieben Kinder. Ein Video, das vom Armaturenbrett eines Autos aus aufgenommen und in den sozialen Medien verbreitet wurde, zeigt angeblich den Angriff. Zu sehen ist ein weiteres Auto, das während der Fahrt in die Luft gesprengt wird. Sekunden später ist auf der anderen Straßenseite eine Explosion zu sehen. Unabhängig überprüfen lassen sich solche Aufnahmen und Angaben zum Kampfgeschehen nicht. Die Oblast Belgorod liegt südlich der russischen Oblast Kursk, wo am 6. August Tausende ukrainische Soldaten eingerückt sind. Beide russischen Gebiete grenzen an die Ukraine. Auch Belgorod war in den vergangenen Monaten wiederholt Ziel ukrainischer Angriffe. (rtr)

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