Vorherrschaft im Nordosten Afrikas: Säbelrasseln im Kampf um Wasser

Ein Konflikt zwischen Somalia und Äthiopien eskaliert. Ägypten postiert Truppen in Somalia. Streitpunkt: der äthiopische Staudamm am Nil.

Abiy Ahmed. Ein Mann mit hoher Stirn, kurzen Haaren und kurz getrimmten Bart um den Mund bis runter zum Kinn. Er redet und gestikuliert mit einer Hand. Er trägt dunklen Anzug, ein weißes Hemd und eine rote Krawatte.

Ethiopiens Premierminister Abiy Ahmed Foto: Tiksa Negeri/reuters

Kampala taz | Nachdem er die äthiopische Nationalflagge gehisst und in Festuniform seiner Leibgarde salutierte hat, tritt Äthiopiens Premierminister Abiy Ahmed ans Rednerpult.

In diesen Tagen feiert das äthiopische Volk seinen „Tag der Souveränität“ – eine Gelegenheit für Staatschef Abiy, eine Warnung an die unmittelbaren Nachbarländer zu senden: „Äthiopien ist an Frieden und Sicherheit interessiert“, betont er und blickt dann ernst in die Kameras, denn seine Rede wird landesweit live übertragen: „Aber das Land wird gegen all diejenigen Kräfte kämpfen, die uns bedrohen.“

Seit einigen Wochen spitzt sich der Streit um die Vorherrschaft im Nordosten Afrikas und um die Kontrolle über den gewaltigen Nil-Fluss erneut zu. Einen Tag vor Abiys Rede in Äthio­piens Hauptstadt Addis Abeba am Sonntag übermittelte Äthiopiens Generalstabschef Berhanu Jula eine ähnliche Botschaft. Er erwähnte Somalia allerdings namentlich: „Somalia verbündet sich mit Äthiopiens historischem Feind und unternimmt unangemessene Schritte.“

Äthiopien fühlt sich derzeit umzingelt und von den Nachbarländern Ägypten und Somalia auch militärisch bedroht. Mitte August unterzeichnete Somalias Präsident Sheikh Mohamud in Kairo ein Verteidigungsabkommen mit Ägyptens Präsident Abdelfattah al-Sisi. Zwei Wochen später landeten die ersten ägyptischen Militärtransportflugzeuge auf dem Flughafen von Mogadischu – mit Offizieren und Ausrüstung zur Errichtung von Kommandozentralen im Süden Somalias.

Auf beiden Seiten der Grenze

Tags darauf veröffentlichte das äthiopische Außenministerium eine Erklärung, in der es Ägypten und die internationale Gemeinschaft implizit vor einem ägyptischen Militäreinsatz in Somalia warnte, was Äthio­pien „nicht tolerieren könnte“.

Vergangene Woche dann verlegte Äthiopien zahlreiche Truppen und schweres Kriegsgerät wie Panzer in die Region Ogaden, an der Grenze zu Somalia. Jetzt stehen sich die verfeindeten Parteien quasi auf beiden Seiten der äthiopisch-somalischen Grenze hoch gerüstet gegenüber.

Ausgelöst wurde der Regionalkonflikt zu Beginn des Jahres durch die Unterzeichnung eines Abkommens zwischen Äthiopien und der Quasiregierung von Somaliland, einer Region im Norden Somalias, die sich vor Jahrzehnten für unabhängig erklärt hat.

Dabei geht es für Äthiopien um einen direkten Zugang zum Meer und zur wichtigen Handelsstraße im Golf von Aden. Im Rahmen des Abkommens erklärte sich Somaliland bereit, 20 Kilometer seiner Küste für 50 Jahre an Äthiopien zu verpachten, das an der Küste einen Marinestützpunkt und einen Handelshafen errichten möchte. Somalias Regierung sagte, das Abkommen würde die „Souveränität“ des Staates verletzten.

Streitpunkt Staudamm

Seit Juli bemüht sich nun die Türkei, zwischen den Konfliktparteien zu vermitteln, die türkische Regierung unterhält enge Beziehungen zu beiden Staaten. Eine dritte Gesprächsrunde zwischen dem türkischen Außenminister und seinen äthiopischen und somalischen Amtskollegen hätte eigentlich Anfang September stattfinden sollen. Stattdessen lud Somalia nun ägyptische Truppen ins Land ein.

Unterdessen wandte sich Äthiopien an den UN-Sicherheitsrat und beschuldigte Ägypten einer „aggressiven Haltung“. Streitpunkt ist ein Staudamm entlang des Blauen Nils. Seit Jahrzehnten ist der im Bau; bis Ende des Jahres soll der Stausee fertig gefüllt sein, hatte Abiy jüngst angekündigt. Die beiden Nachbarländer streiten sich bereits seit Jahrzehnten um das Nil-Wasser, für beide Länder die wichtigste Lebensader.

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