Klimakrise in Europa: Dreimal so viele Hitzetote bis 2100

Durch den Klimawandel sterben mehr Menschen an Hitze, dafür mancherorts weniger an Kälte. Gleicht sich das aus? Das hat eine Studie untersucht.

Der Sommer in Barcelona: Hitze wird in ganz Europa zu einem immer größeren Gesundheitsproblem Foto: Davod Zorrakino

BERLIN taz | Bis zum Ende des Jahrhunderts ist ein drastischer Anstieg der Todesfälle durch extreme Temperaturen zu erwarten – wenn die Menschheit den Klimawandel nicht effektiv begrenzt und sich bestmöglich an seine Folgen anpasst. Das ist Ergebnis einer Studie, die am Freitag im Fachmagazin Lancet Public Health erschienen ist.

Der massive Anstieg von Todesfällen durch Hitze wird demnach nicht dadurch ausgeglichen, dass dafür weniger Menschen durch extreme Kälte sterben. Die Wis­sen­schaft­le­r*in­nen sind in ihren Berechnungen von einer Erderhitzung von 3 Grad gegenüber vorindustriellem Niveau ausgegangen, wie sie derzeit wahrscheinlich erscheint.

Versprochen haben die Regierungen ganz anderes: Das Pariser Weltklimaabkommen sieht vor, dass die Erderhitzung deutlich unter zwei Grad gestoppt wird, möglichst bei 1,5 Grad. Doch global gesehen geht es nicht in diese Richtung. Im vergangenen Jahr verursachte die Nutzung fossiler Energie, die Hauptursache der Klimakrise, so viele CO₂-Emissionen wie noch nie zuvor – trotz gleichzeitigem Erneuerbaren-Boom.

Zwischen 1991 und 2020 hat es in Europa der Studie nach 407.538 Todesfälle gegeben, die auf extrem hohe oder niedrige Temperaturen zurückzuführen waren. Die meisten dieser Menschen sind erfroren: 364.000 der Fälle waren kältebedingt. Rund 44.000 konnten der Hitze zugeschrieben werden, die Hitzeschläge verursacht, aber auch zahlreiche Krankheiten begünstigt oder verschärft.

Die Bevölkerung wird älter und hitzeempfindlicher

In der angenommenen 3-Grad-Welt des Jahres 2100 würden kältebedingte Todesfälle laut Studie leicht abnehmen, im Großen und Ganzen bliebe die Rate aber nahezu unverändert. Anders bei den Hitzetoten: Diese Fälle könnten sich laut Studie etwa verdreifachen. Besonders südliche Länder wie Italien, Spanien und Griechenland wären betroffen. Neben den extremeren Sommertemperaturen spielt auch der demographische Wandel hinein. Die Bevölkerung wird im Schnitt älter und damit verletzlicher, was Hitze angeht.

Wichtig: Die Forschenden sind in der Studie von gleichbleibenden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ausgegangen. Das heißt, es ist nicht einbezogen, dass eine Anpassung an intensivere Hitze zumindest in Grenzen möglich ist. Man kann bauliche Vorkehrungen treffen, also Städte zum Beispiel mit Frischluftschneisen, Grünflächen und Schattenplätzen ausstatten. Auch die Sensibilisierung der Bevölkerung kann helfen sowie gut durchdachte Warnsysteme.

Im vergangenen Jahr sind in Europa laut einer Studie des Barcelona Institute for Global Health 47.690 Menschen infolge von Hitze gestorben, 6.376 davon in Deutschland. Das deutsche Robert-Koch-Institut kommt in eigenen Schätzungen nur auf etwa die Hälfte – allerdings sind das auch immer noch Tausende Menschen.

Die unterschiedlichen Zahlen kommen durch unterschiedliche Annahmen bei den Berechnungen zustande. Hitzetote werden bislang nicht gezählt, sondern modelliert. Das liegt daran, dass Hitze nicht die offizielle Todesursache ist und als solche in die Statistiken eingeht, sondern beispielsweise Herz-Kreislauf-Versagen, was aber durch Hitze stark begünstigt wird.

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