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Energieversorgung in DeutschlandSalzkavernen sollen Strom speichern

Uniper testet Wasserstoffspeicher in Salzkavernen. Diese Speicher könnten schon bald enorm wichtig werden für Deutschland. Die Risiken sind gering.

Der fossile Konzern Uniper forscht zur Speicherung von grünem Wasserstoff Foto: dpa

Berlin taz | Der Energieversorger Uniper, der zu fast 100 Prozent in Staatshand ist, eröffnet am Montag eine Testanlage für die Speicherung von Wasserstoff in einer Salzkaverne. „Die Erfahrungen dieses Projektes sollen die Grundlage für die Errichtung weiterer, dann kommerzieller, Wasserstoffkavernen bilden“, antwortete Uniper auf Anfrage der taz.

Es ist das zweite Mal nach 2022, dass getestet wird, ob sich Wasserstoff effizient in Salzkavernen speichern lässt. Nur in den USA und in Großbritannien setzen Firmen bereits auf den kommerziellen Einsatz von Wasserstoffspeichern in Salzkavernen.

Salzkavernen sind Formationen aus Salzstein, die in hunderten von Metern Tiefe liegen. Durch den Einsatz von Wasser wird der Stein aufgeweicht und in eine höhlenartige Form gebracht – diesen Vorgang bezeichnet man als „Aussolen“. Diese Höhle wird dann mit Gas – in diesem Fall Wasserstoff – gefüllt. Mithilfe von Druckleveln zwischen 200 und 300 Bar bleibt der Wasserstoff in der Höhle.

Wichtig für die Stromversorgung

In der künftigen Energieversorgung Deutschlands spielen Salzkavernen eine wichtige Rolle. Für den Fall, dass erneuerbare Energien gerade keinen Strom liefern können oder das Netz überlastet ist, muss trotzdem Strom in großen Mengen zur Verfügung stehen. Wasserstoff dient in diesem Fall als Speicher und kann verstromt werden.

Damit kann die Unsicherheit eines erneuerbaren Energienetzes ausgeglichen werden. „Im Grunde passiert das Gleiche wie bei der Kohle. Die ist auch lange Zeit ein wichtiger Energiespeicher gewesen, weil man sie lagern kann und jederzeit schneller oder langsamer verbrennen kann“, sagt Detlef Stolten vom Forschungszentrum Jülich.

Wasserstoff in Salzkavernen zu speichern, sei außerdem relativ günstig, sagt Stolten. Die Investitionskosten seien vergleichsweise gering und je häufiger ein Kavernenspeicher be- und entladen wird, desto günstiger wird der Strom. Er spricht von zusätzlichen Kosten von ein bis vier Cent pro Kilowattstunde. Batteriespeicher beispielsweise seien deutlich teurer, aber auch flexibler.

Enger Zeitplan

Ein Nachteil der Kavernen sei laut Stolten eine mögliche Verunreinigung. In den Kavernen liege am Grund noch Wasser von der Aussolung, das mache den Wasserstoff feuchter, als für die Nutzung sinnvoll sei. Deshalb muss der Wasserstoff, bevor ihn die Industrie nutzen kann, gereinigt werden. Das verursacht zusätzliche Kosten und Aufwand. Wenn er nur für die Verstromung genutzt wird, sei das egal. „Es gibt aber keine getrennten Leitungen für unterschiedliche Qualitäten von Wasserstoff, deshalb muss der immer die gleiche Qualität haben“, sagt Stolten.

Ungefähr 200 Terawattstunden Speicherkapazität benötige Deutschland im Jahr 2045, sagt Stolten. Dieser Bedarf sei aber durch unterirdische Speicher in erschöpften und sich noch in Nutzung befindenden Erdgasfeldern, Porenspeichern und eben Salzkavernen deckbar, sagt Katharina Alms vom Fraunhofer-Institut.

„Ab 2030 brauchen wir die ersten, spätestens aber ab Mitte der 2030er Jahre viele Salzkavernen, um Wasserstoff dort zu speichern“, sagt Stolten. Also muss die Bundesregierung ab 2025 Salzkavernen-Speicher genehmigen. Das wird allerdings relativ knapp.

Verband mahnt zur Eile

Experten gehen davon aus, dass Salzkavernen, die von ihrer Nutzung als Erdgasspeicher umgewidmet werden, etwa fünf Jahre brauchen, damit sie als Wasserstoffspeicher benutzbar sind. Neue Salzkavernen, die die Betreiber erst noch aussolen müssen, brauchen mindestens zehn Jahre Vorlaufzeit.

„Das Ministerium arbeitet derzeit an einer Wasserstoffspeicherstrategie, die bis Ende des Jahres vorgelegt werden soll“, sagt das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz der taz. Noch gibt es also keine klare Strategie, nur „erste Speicher in Probebetrieb“.

Dazu passt die Warnung des EU-Rechnungshofes, der im Juli dieses Jahres sagte, dass „die Industriepolitik der EU beim erneuerbaren Wasserstoff einem Realitätscheck unterzogen werden muss.“ Auch der deutsche Wasserstoffverband mahnt zur Eile: „Tempo ist jetzt angesagt! Deutschland wird schon in den nächsten Jahren einige Terawattstunden an Speicherkapazität benötigen.“

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20 Kommentare

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  • "Mithilfe von Druckleveln zwischen 200 und 300 Bar..."



    "Ungefähr 200 Terrawattstunden Speicherkapazität..."



    Interessant. Bei 300 bar entspricht das einem Wasserstoffvolumen von ca. 222 Millionen Kubikmetern. Dafür muss erst mal das gleiche Volumen Salz ausgewaschen werden, also ca. 480 Millionen Tonnen. Das 1,7-fache der derzeitigen Welt-Jahresfördeung, das 31-fache der Jahresförderung in Deutschland.



    Wo soll die Salzbrühe hin? Da war doch kürzlich was mit K+S... [1]



    Ich stelle schon mal das Popcorn kalt.



    [1] de.wikipedia.org/w...itung_in_die_Werra

    • @sollndas:

      Die Kavernen gibt es längst… Das Aussolen geschieht seit Jahrzehnten zur Solegewinnung für die Industrie („Salzwasser“ reicht denen oft).

      • @Nafets Rehcsif:

        "Die Kavernen gibt es längst…"



        Ja, klar, selbst ich weiß, dass es Kavernen gibt. Aber sind die unter anderen Gesichtspunkten (Salzgewinnung) ausgesolten Kavernen auch für Wasserstoff geeignet??



        Für Belege wäre ich dankbar.

  • Oder mal eine ganz andere Idee:

    Ließe sich so eine Riesenwärmepumpe bauen?

    Z.B. so: In einer größeren Kammer wird Gas bei niedrigem Druck gelagert. Dieses wird beim Einspeichern in eine kleinere Kammer mit hohem Druck verflüssigt. Dabei wird nutzbare Wärme frei.

    Beim Ausspeichern wird die zur Verdampfung des Gases notwendige Wärme der Umwelt entnommen. Der entstehende Gasdruck treibt eine Turbine und erzeugt Strom. Günstige Wärmequellen wären Flüsse, Seen oder das Meer.

    Natürlich ist so etwas kein Perpetuum Mobile. Hauptnutzen wäre die Abwärme beim Einspeichern. Interessant wäre aber auch, wie viel Strom am Ende rückgewonnen werden könnte.

    • @Jörg Schubert:

      Auch E-Methan läuft über den Zwischenschritt der Elektrolyse, der Wasserstoff müsste also ohnehin erzeugt werden. Dazu kommt dann noch Wirkungsgradverlust bei der Methanisierung und derzeit noch der Bedarf an Quellen von Luft mit hoher CO2-Konzentration, de facto aus Schornsteinen hinter (meist fossilbasierten) Verbrennungsprozessen. Klar, unsere Infrastruktur ist zu Teilen auf Methan ausgelegt, aber nur deshalb die inefizientere Methode der Energiespeicherung zu wählen, wenn eine Tavernennutzung / Umrüstung des derzeitigen Gasnetztes für höhere Beimengquoten an H2 im Methan, oder auf komplett "H2-ready" wird mittelfristig günstiger sein

  • "Ungefähr 200 Terrawattstunden Speicherkapazität benötige Deutschland im Jahr 2045..."



    Wir haben in Deutschland derzeit ca. 250 TWh Erdgasspeicher. In die könnte man problemlos auch E- und Biomethan reinfüllen.



    Wäre aber wohl zu einfach, und vor allem zu wenig dran verdient.



    Eine neue Folge der beliebten Serie: "Wie mache ich die Energiewende unbezahlbar?"

    • @sollndas:

      Biogas ist in nennenswerten Mengen verfügbar?

      E-Methan ist einfach und bezahlbar?

      Hier ist wohl der Wunsch, der Vater des Gendankens...

  • Die Risiken sind nicht gering, sie lassen sich bisher nicht voraussagen. Bekannt ist mittlerweile, dass Veränderungen auch in tieferen Schichten des Erdmantels Auswirkungen haben, z. B.:



    - auf das Grundwasser, dessen Verteilungen und Ströme



    - auf die Stabilität und Tragfähigkeit der Oberfläche.

    Alleine diese Auswirkungen können u.a. zu Erdabsenkungen oder Grundwasserverunreinigungen auch im Umland führen. In Verbindung mit anderen Ereignissen, wie dem Klimawandel, Starkregen oder seismischen Aktivitäten sind auch katastrophale Ereignisse nicht gänzlich auszuschliessen.

    • @Stoersender:

      Na ja, Salzkavernen in hunderten von Metern Tiefe dürften schon recht sicher gestaltbar sein.

      Das durch Bergbau unterirdisch völlig zerlöcherte Ruhrgebiet existiert ja auch noch...

  • Da hätte ich gerne mal eine Energiebilanz. Beim Verdichten auf 300 Bar entsteht eine Menge Wärme. Was geschieht damit? Verschwindet diese in der Erdkruste? Oder wird schon vor dem Einspeichern gekühlt?

    • @Jörg Schubert:

      Es entsteht keine Wärme. Der Joule-Thomson-Koeffizient von Wasserstoff ist negativ.



      Das Problem ist der schlechte Wirkungsgrad.



      Ca. 40 % bei der Elektrolyse, ca. 40 % bei der Brennstoffzelle, Verdichten auf 300 bar, aufwendige Reinigung, um die Brennstoffzellen nicht zu beschädigen.



      Der Gesamtwirkungsgrad wird bei 10 % liegen, d.h. für 200 TWh Speicher muss man 2000 TWh regenerativ produzieren.

      • @thomys:

        Wo haben Sie denn die 40%-Wirkungsgrade her? Das galt vielleicht 1970. Heute ist beides deutlich über 60%. Ein neues Elektrolyseverfahren der australischen Firma Hysata soll sogar 98% erreichen. Ob das realistisch ist, werden wir sehen...

        Gesamtwirkungsgrade von 40-50% dürften machbar sein. Das wäre nicht gut aber ausreichend.

      • @thomys:

        "Es entsteht keine Wärme."



        Quatsch. Die Verdichtung erfolgt weitgehend adiabatisch. Eine isotherme Verdichtung ist technisch nicht machbar (sie müsste unendlich langsam erfolgen).

      • @thomys:

        "Der Joule-Thomson-Koeffizient von Wasserstoff ist negativ."

        Das stimmt - unterhalb von 202° Kelvin = -71° Celsius. Bis man da ist, hat man schon eine Menge Wärme abgeführt. Interessant ist das nur, wenn man Wasserstoff verflüssigen will.

    • @Jörg Schubert:

      Es wäre auch interessant mal einfach mit einer Wärmespeicherung in Salzstöcken zu vergleichen. Das ist noch ungefährlicher und könnte unter Umständen im Vergleich zu Wasserstoff-Herstellung und Verdichtung und Extraktion und Reinigung und Neu-Verdichtung und Einspeisung gar nicht mal so viel schlechter sein. Gibt natürlich weniger Förderung, weil kein Wasserstoff drin vorkommt. Und weil der so sauber klingt, sind ja alle heiß drauf. Auf Dinge wie "Energiesparsamkeit" kommt man dann einfach nicht, liegt ja auch nicht nahe...

      • @Jeff:

        Wenn man Wärme verlustarm wieder zu Strom machen will, braucht man sehr hohe Temperaturen. Idealerweise sind das mehrere hundert Grad Celsius. Im Salzstock dürfte so etwas schwierig werden.

        Es gibt aber Konzepte, Sand oder Beton in isolierten Behältern zu erhitzen. Ob man da auf nennenswerte Speicherkapazitäten kommt, bleibt fragwürdig.

        Wasserstoff ist die einfachste Möglichkeit, große Mengen Energie chemisch zu speichern. Deswegen hat H2 so viel Aufmerksamkeit.







        Aber klar: Die H2-Lobbyisten versuchen jeden noch so blödsinnigen Anwendungsfall durchzudrücken. Geschäft ist halt Geschäft.

        • @Jörg Schubert:

          Naja, von Vorteil ist ja, dass Salzstöcke per Definition recht Wasserarm sind. Und grob kann man von Schmelzpunkten um die 1300°C oder höher ausgehen.

          Große Mengen Gas unter hohem Druck in mehr oder weniger natürlichen Kavernen zu speichern klingt meiner Meinung nach zu sehr nach Notlösung.

          Natürliche Hohlräume setzen sich, reißen auf, verschieben sich... Wenn wir es mit "echten Behältern" nicht hinbekommen, warum wollen wir dann immer an die Salzstöcke ran?

          Die waren auch mal als tolle Atommüll-Endlager im Gespräch. Warum noch mal nicht mehr?



          Und jetzt wollen wir da hochbrennbares Gas hineinpressen und hoffen, dass es drin bleibt? Super Idee. Aber die H2 Lobby wird sich die Hände reiben.

          Warum nicht wenigstens einfach "nur" Luft nehmen. Mit dem Druck können wir auch Energie speichern, und zumindest ist die Luft selber nicht explosiv...

        • @Jörg Schubert:

          Zu den "blödsinnigen Anwendungsfällen" gehören heute die H2-ready Gastherme und H2 im PKW. Diese als Lösungen zu propagieren grenzt schon an einen Betrugsversuch.

          Aber wer weiß: Wenn wir billigen Fusionsstrom bekommen oder Solarzellen, die direkt Wasserstoff in nennenswerten Mengen ausspucken, werden die Karten neu gemischt.

          In der heute absehbaren Zukunft wird es solche Dinge nicht geben. Deswegen kann man damit auch nicht planen.

          • @Jörg Schubert:

            Gestern bei der Radtour wieder gesehen. Trotz starkem Wind standen alle Windkraftanlagen still. Ich meine , jede Art von Speicherung ist effektiver als Stillstand.