Protest wird kriminalisiert

In Europa wird die Versammlungsfreiheit immer mehr eingeschränkt, kritisiert Amnesty

In vielen Ländern Europas wird die Versammlungsfreiheit eingeschränkt. Das kritisiert Amnesty International in einem Bericht, der am Dienstag in Berlin veröffentlicht wurde. Proteste würden durch Überwachung, Gewalt, Verbote oder Einschüchterung unterdrückt.

Der Bericht trägt den Titel „Under-protected and over-restricted: The state of the right to protest in 21 countries in Europe“. Friedliche Demonstranten und Aktivisten würden stigmatisiert, kriminalisiert und angegriffen und Versammlungen verboten – auch in Deutschland. Hier sowie in Italien, Spanien und der Türkei seien Klimaaktivisten von Behörden als „Öko-Terroristen“ und „Kriminelle“ bezeichnet worden, und es wurden Maßnahmen zur Bekämpfung organisierter Kriminalität und terrorismusbezogene Gesetze gegen sie eingesetzt. Als weiteres Beispiel nennt Amnesty International Demonstrationen der LGBTI+-Gemeinschaft, die in Polen oder in der Türkei erhöhten Schikanen ausgesetzt ist.

Europaweit wurden zudem propalästinensische Proteste eingeschränkt und teilweise komplett verboten. Der Amnesty-Bericht untersucht Fälle bis Ende 2023 – also überwiegend vor dem Angriff der Hamas und dem Beginn des aktuellen Gazakriegs am 7. Oktober. Schon davor wurden, etwa in Berlin in den Jahren 2022 und 2023, Kundgebungen am palästinensischen Nakba-Gedenktag am 15. Mai vorab verboten. Seither hat sich die Lage verschärft: Europaweit wurden Proteste gegen den Krieg in Gaza teilweise verboten oder eingeschränkt, Parolen und Symbole verboten und in Deutschland diese Verbote durch die Polizei mit Gewalt durchgesetzt.

Übermäßige Polizeigewalt gegenüber Demonstranten ist weit verbreitet. In 13 Ländern, darunter Deutschland, wurde zudem eine fehlende Rechenschaftspflicht der Polizei festgestellt. Auch wurden in vielen Ländern zunehmend Technologien zur Überwachung von Demonstranten eingesetzt und Daten gespeichert. Dabei würden etwa Systeme zur Gesichtserkennung angewandt, was einer „Massenüberwachung“ gleichkomme, so Amnesty.

Regierungen schafften ein „protestfeindliches Umfeld“, erklärte die Generalsekretärin von Amnesty International Deutschland, Julia Duchrow. Die Recherchen ihrer Menschenrechtsorganisation zeichneten ein „zutiefst beunruhigendes Bild eines europaweiten Angriffs auf die Versammlungsfreiheit“. (epd, afp)

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