Sahel-Putschisten gründen eine „Konföderation“

Große Pläne beim Gipfeltreffen von Niger, Mali und Burkina Faso. Bundeswehr beendet letzte Präsenz

Von Dominic Johnson

Zwei rivalisierende Staatengipfel haben am Wochenende deutlich gemacht, wie tief die Gräben zwischen den in einigen Ländern herrschenden Militärputschisten und den in anderen Ländern amtierenden gewählten Regierungen inzwischen sind. In Nigerias Hauptstadt Abuja kamen die Staats- und Regierungschefs der Regionalorganisation Ecowas (Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft) turnusmäßig zu ihrem 65. Gipfeltreffen zusammen. In Niamey, Hauptstadt des Nachbarlandes Niger, hatte am Samstag die „Allianz der Sahelstaaten“ aus den Militärregierungen von Niger, Mali und Burkina Faso getagt.

Hoffnungen auf eine Rückkehr der Putschregierungen in die Ecowas, wie sie etwa Senegal geäußert hatte, haben sich nun offensichtlich zerschlagen. Der Gastgeber des Gipfels in Niamey, Nigers Militärherrscher Abdourahamane Tiani, bekräftigte nicht nur den „unwiderruflichen“ Austritt der drei Länder aus der Ecowas. Die drei Militärregierungen gaben am Samstag auch die Gründung einer „Konföderation“ bekannt.

Die „Konföderation der Allianz der Sahelstaaten“ soll laut Abschlusserklärung des Gipfels in allen Politikfeldern zusammenarbeiten, von einer gemeinsamen Antiterrortruppe bis zur Gründung einer gemeinsamen Investitionsbank und eines „Stabilisierungsfonds“. Betont wird darüber hinaus die Notwendigkeit, „strukturierende und integrierende Projekte“ in den Bereichen Landwirtschaft und Ernährungssicherheit, Wasser und Umwelt, Energie und Bergbau, Handel und Industrialisierung, Infrastruktur und Verkehr, Kommunikation und Telekommunikation, Freizügigkeit und Digitalisierung aufzubauen.

Welche Antwort der Ecowas-Gipfel in Nigeria darauf gibt, war am Sonntag zunächst noch nicht klar. Streit gab es im Vorfeld vor allem darüber, ob Nigerias Präsident Bola Tinubu den rotierenden Ecowas-Vorsitz behält. Am Sonntagnachmittag meldeten nigerianische Medien, Tinubu habe verzichtet.

Bei einem schweren Flüchtlingsunglück sind mindestens 89 Menschen ums Leben gekommen. Wie erst nach Tagen bekannt wurde, sank am 1. Juli ein vollbesetztes Fischerboot, das aus Senegal Richtung Kanaren unterwegs war, vor Mauretanien nur vier Kilometer von der Küste entfernt. Die mauretanische Küstenwache barg 89 Leichen und neun Überlebende, die sagten, es hätten sich 170 Menschen an Bord befunden.

Senegals Premierminister Ousmane Sonko rief auf einer Rede am Samstag die Jugend auf, die Emigration zu beenden. „Eure Zukunft liegt nicht in den Booten“, sagte er an der Universität Saint-Louis vor Hunderten Studenten. „Die Zukunft der Welt liegt in Afrika, und ihr müsst euch dessen bewusst sein.“ (afp, taz)

Im Zuge der Annäherung zwischen den Putschregierungen erscheint es logisch, dass Deutschland nun auch den letzten Rest seiner Militärpräsenz in den Sahelstaaten aufgibt. Am Freitag beschloss die Bundesregierung, den deutschen Luftwaffenstützpunkt am Flughafen von Nigers Hauptstadt Niamey mit seinen derzeit noch 38 Bundeswehrangehörigen und 33 weiteren Mitarbeitern ab Mitte Juli bis Ende August zu räumen. Der Stützpunkt war Drehscheibe des Bundeswehrabzugs aus Mali im vergangenen Jahr gewesen und blieb auch danach in Betrieb. Im Mai hatte Deutschland eine „Übergangsvereinbarung“ mit Nigers Militärregierung bekannt gegeben, um Niamey im Krisenfall etwa für Evakuierungsaktionen anderswo in Afrika nutzen zu können. Die Aushandlung eines entsprechenden neuen Truppenstationierungsabkommens ist nun nach Informationen aus Berlin an fehlenden Immunitätszusagen Nigers für deutsche Soldaten gescheitert.

Parallel zu Deutschland ziehen auch die USA ab. Der US-Truppenstützpunkt am Flughafen Niamey sollte an diesem Sonntag schließen, der US-Drohnenstützpunkt bei Agadez im Norden des Landes spätestens Mitte September. Es wird vermutet, dass zurückgelassene Einrichtungen von Russland übernommen werden.