Schauspielerin Eva Marie Saint wird 100: Mit Anmut und Eigensinn

Eva Marie Saint wurde als Eve Kendall in Hitchcocks „North by Northwest“ weltberühmt. Nun ist die US-Schauspielerin 100 Jahre alt geworden.

Eva Marie Saint als Eve Kendall steht an einem fest installierten Telefonapparat mit Wählscheibe und spricht in den Hörer

Elegant, agil, gleichwohl schön zwielichtig: Eve Kendall (Eva Marie Saint) 1959 in „North by Northwest“ von Alfred Hitchcock

BERLIN taz | In nicht so vielen Hollywoodfilmen hat Eva Marie Saint mitgespielt, sie war wählerisch in der Auswahl ihrer Arbeiten. 1954 etwa im Drama „On the Waterfront“ („Die Faust im Nacken“) mit Marlon Brando: Statt einer Haupt- hatte sie nur eine Nebenrolle – die ihr aber schließlich den Oscar als beste Nebendarstellerin einbrachte. Ihren Ruhm, ihren ikonischen Status aber erspielte sich die US-Schauspielerin 1959 in Alfred Hitchcocks „North by Northwest“ („Der unsichtbare Dritte“) mit der Rolle der eleganten, agilen und sehr zielstrebigen, gleichwohl auch zwielichtigen Eve Kendall.

Der Star des Films war Cary Grant, eine der Hollywoodgrößen der 1940er und 1950er Jahre schlechthin. Was der Film aber, in der Tat erst auf den dritten Blick erkennbar, offenbart, ist, dass die eigentlich dominierende, absolut antipassive Rolle hier Eva Marie Saint gibt: Eve Kendall als Figur der Strippenzieherei mit Delikatesse und Anmut, mit dringlichem Interesse, eben den Mann flachzulegen – in allen Gesten des im Übrigen auch manchmal komischen Agententhrillers die Dinge des Falls und eben Roger O. Thornhill im Griff habend. Ein Werk Hitchcocks, der faktisch weibliche Ermächtigungsfähigkeit grandios in Szene setzt – durch Eva Marie Saint.

Die Dialoge von „North by Northwest“ sind Lehrstücke in erotischer Zielstrebigkeit. Etwa, nur ein Beispiel unter vielen: Roger Thornhill: „Als ich ein kleiner Junge war, wollte ich mich nicht einmal von meiner Mutter ausziehen lassen“ – Eve Kendall: „Nun, jetzt bist du ein großer Junge.“

Hitchcock sagte Saint, sie brauche nun keine Frauen in der Küche mehr zu spielen: „In diesem Film musst du nicht weinen, Eva Marie“, sagte er; sie antwortete, sie habe diese Rollen sehr gemocht – ein Kommentar, der den munteren Eigensinn und die keineswegs stumpfe Contenance der in Newark (New Jersey) unweit von New York City am 4. Juli 1924 geborenen Schauspielerin nur andeutet.

Auch im hohen Alter noch vor der Kamera

Diesen Charakter zeigte sie meist auch in der weiteren Auswahl ihrer Arbeiten. In Otto Premingers prozionistischem Streifen „Exodus“ (1960) allerdings, als Partnerin des auch nicht gerade unattraktiven Paul Newman, verkörperte sie die Figur der verwitweten Krankenschwester brav und fad.

Sie hat sehr viele Film- und Fernsehangebote abgelehnt, meist wussten die Filmproduzenten ihre Qualitäten als selbstbewusste Frau nie so recht zu schätzen, Produktionen wie „Grand Prix“ im Autosportmilieu (1966) oder im Schmachtfetzen „Mr. Sandpiper“(„… die alles begehren“; 1965) hievten sie nicht in die erste Reihe der Celebrities ihres Metiers. Sie hat sich viele Jahre hauptsächlich um ihre zwei Kinder gekümmert. Verheiratet war sie von 1951 bis zu dessen Tod 2016 mit dem Regisseur und Produzenten Jeffrey Hayden.

Auf dem Walk of Fame in Hollywood ist Eva Marie Saint mit zwei Sternen vertreten, für den Film und fürs Fernsehen. Und: Auch im hohen Alter stand sie noch gelegentlich vor der Kamera, 2005 etwa in Wim Wenders’ „Don’t Come Knocking“, in dem sie eine Mutter verkörperte – wieder einmal an einer Küchenspüle.

An diesem Donnerstag ist Eva Marie Saint 100 Jahre alt geworden, eine Große.

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