Nordischer Western mit Mads Mikkelsen: Mann gegen Natur

„King’s Land“ erzählt in imposanten Bildern von der Urbarmachung der dänischen Halbinsel Jütland. In der Hauptrolle ist Mads Mikkelsen.

Kahlen, gespielt von Mads Mikkelsen, steht mit einer Spitzhacke vor einem brennenden Feld, das Arbeiter umpflügen, um es urbar zu machen

Kahlen (Mads Mikkelsen) lässt sich bei der Kolonisierung nicht aus der Ruhe bringen Foto: Plaion

Um die wilde Heide zu bezwingen, bedarf es wohl der Entschlossenheit eines widerstandsfähigen Mannes. Eines Mannes, der sich allen Widrigkeiten zum Trotz an das Unterfangen wagt, das unwirtliche Land zu besiedeln. Wie „King’s Land“ die auf einer historischen Vorlage fußende Geschichte eines Landwirtes erzählt, der zur Mitte des 18. Jahrhunderts den Boden der jütländische Heide urbar machen will, trägt durchaus die markigen Züge eines Westerns.

Ihr zäher Held, Ludvig Kahlen (Mads Mikkelsen), lebt nach dem Ende seines Militärdienstes in einem Armenhaus für Kriegsveteranen und beschließt, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen: 1755 liegt ein Drittel des dänischen Landes brach, bislang sind alle daran gescheitert, es nutzbar zu machen. Eine Schande, wie Kahlen findet. Er bittet bei den Stellvertretern des dänischen Königs um Erlaubnis, dessen Land zu bestellen. Mit nicht mehr Mitteln als seiner schmalen Hauptmannspension.

Sein Antrag wird zwar belächelt, da sich Frederik V. allerdings schon lange eine Erschließung der Heide erhofft, um mehr Steuern einzunehmen, wird ihm dennoch stattgegeben. Sollte es ihm gelingen, so fordert Kahlen im Gegenzug, sollen ihm ein Adelstitel, ein eigenes Gut und Bedienstete zugestanden werden. In „Bastarden“, so der vielsagendere dänische Originaltitel des Films, geht es schließlich auch um das Überwinden schwelender Demütigungen, den unbedingten Willen zur Selbstbehauptung und das Ringen um Anerkennung.

Einsame Weiten

Wie unbeeindruckt die karge Natur von diesen Kämpfen bleibt, bebildert die zurückgenommene Kamera Rasmus Videbæks („Der dunkle Turm“) mit beredter Distanz zu Kahlen. Immer wieder ist er vor der einsamen Weite der Heide zu sehen, wie ein Getriebener mit der widerspenstigen Erde ringend, die Haare vom beständigen Wind zerzaust, die Hände wie die abgetragene Kleidung mit Dreck beschmiert.

„King’s Land“. Regie: Nikolaj Arcel. Mit Mads Mikkelsen, Amanda Collin u. a. Dänemark/Deutschland/Schweden 2023, 127 Min.

Feindseliger noch als das Land ist allerdings der Mann, der es für sich beansprucht. Kahlens Besiedelungsversuch beschwört jäh den Zorn des adligen Gutsherrn der Gegend herauf. Frederik De Schinkel (Simon Bennebjerg), der die Heide widerrechtlich als sein Eigentum deklariert, versucht den Erfolg der Mission mit allen Mitteln zu verhindern.

Regisseur Nikolaj Arcel („Die Königin und der Leibarzt“), der das Drehbuch gemeinsam mit Anders Thomas Jensen („Helden der Wahrscheinlichkeit“) verfasste, installiert ihn schal als das pure Böse; als Antagonist, der Untergebene foltert und vergewaltigt. Auch Kahlens einzige Hilfe, ein notleidendes Bauernpaar, das kürzlich vor De Schinkel geflohen ist, wird erneut Ziel seiner Grausamkeit.

Imposantes Spiel

Kahlen jedoch widersetzt sich weiter allen Sabotageversuchen, selbst als seine Bemühungen immer mehr Menschenleben einfordern. „King’s Land“, der auf dem Roman „Kaptajnen og Ann Barbara“ von Ida Jessen basiert, wird so zu einer Entwicklungsgeschichte, die sich in geruhsamen Tempo der Erkenntnis nähert, wie zerstörerisch das sture Streben um äußere Bestätigung, um Respekt und Würdigung doch ist, wenn es zum Selbstzweck verkommt.

Denn Kahlen, einst ein einsamer Außenseiter, der bald nicht nur die Gunst der Verlobten von De Schinkel (Kristine Kujath Thorp) genießt, sondern mit Haushälterin Ann Barbara (Amanda Collin) und einem tatarischen Roma-Mädchen (Melina Hagberg) eine familienähnliche Gemeinschaft erfährt, bleibt lange blind für diese glücklichen Umstände. Ja, riskiert sie sogar sehenden Auges.

Nikolaj Arcel inszeniert den Werdegang seines Protagonisten vom stoisch-starken zum geläuterten Helden jedoch zu konventionell, ohne dramaturgische Dringlichkeit, als dass „King’s Land“ einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen könnte. Was den Film dennoch davor bewahrt, in der Unmenge an gleichförmigen Historiendramen unterzugehen, ist Mikkelsens gewohnt imposantes Spiel: Nur einen Mundwinkel der wettergegerbten Miene muss er verziehen, und schon weiß man, welcher Sturm im Innern dieser wortkargen Figur tobt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.