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Uffizien-Chef will Florenz regierenEike Schmidt tritt für Rechte an

Der Freiburger war der erste Deutsche, der ein italienisches Museum leitete. Nun will er auch erster deutscher Bürgermeister des Landes werden.

Erster deutscher Museumschef in Italien – auch erster deutscher Bürgermeister? Foto: Riccardo Germogli/Ropi

Als Eike Schmidt im Jahr 2015 zum Direktor der Uffizien, des bedeutendsten Museums der Kunststadt Florenz, berufen wurde, war das eine kleine Sensation. Ein Deutscher, überhaupt ein Ausländer, als Chef jener Kunstgalerie, in der die Werke Botticellis und Caravaggios jedes Jahr Millionen Be­su­che­r*in­nen anziehen – das hatte es noch nie gegeben.

Aber das lässt sich toppen, dachte Schmidt wohl. Jetzt jedenfalls will er wieder zum ersten Mal etwas werden, nämlich zum ersten deutschen Bürgermeister von Florenz. Genauer gesagt zum ersten deutsch-italienischen Bürgermeister, denn um kandidieren zu können, hat er im November vergangenen Jahres die italienische Staatsbürgerschaft erworben.

Was ist in Schmidt gefahren?, fragen seit der Bekanntgabe der Kandidatur viele Bür­ge­r*in­nen der Renaissancestadt. Denn jener Mann, den man sich aufgrund seiner weltläufigen Karriere, mit Stationen in den USA, in London, dann in Italien eher als Kandidaten einer weltoffenen Linken vorstellen mag, geht in Florenz ausgerechnet für die stramm nationalistische Rechtsallianz der Ministerpräsidentin Giorgia Meloni ins Rennen.

Schmidt, der Ende 2023 seinen Posten in den Uffizien nach zwei Amtszeiten als Direktor räumen musste, wie es das italienische Gesetz vorsieht, sieht sich selbst als „Mann der Mitte, Aristoteliker, Antifaschist“. Das mit dem Antifaschismus nehmen ihm auch Leute aus dem italienischen Kulturbetrieb ab, die einigermaßen verdattert sind angesichts der Tatsache, dass er jetzt auf dem Ticket der Meloni-Rechten Florenz, die seit jeher linke Stadt, erobern will. Sie verweisen darauf, dass er nach am Ende seiner Zeit als Uffizien-Chef voller Enthusiasmus eine Ausstellung des deutsch-jüdischen, von den Nazis aus Florenz deportierten und in Auschwitz ermordeten expressionistischen Malers Rudolf Levi ausrichtete.

Kleinkrieg mit dem bisherigen Bürgermeister

„Schmidt ist ungeheuer ambitioniert“, fällt einem Archäologen, der den Kandidaten kennt, nur als Erklärung ein. Und eine Florentiner Historikerin, die ihren Namen ebenfalls nicht in der Zeitung lesen möchte, fügt hinzu, der Mann habe seit 2015 einen konstanten Kleinkrieg mit dem bisherigen Bürgermeister der Stadt geliefert, Dario Nardella von der gemäßigt linken Partito Democratico. Womöglich wolle sich Schmidt rächen.

Doch man muss dem 56-Jährigen auch zugestehen, dass er schon in seinen Uffizien-Zeiten ein Macher war, einer, der nicht nur die Besucherzahlen auf fast fünf Millionen pro Jahr gesteigert hat, sondern auch vor den Toren der Uffizien aktiv wurde, das Megafon in der Hand, um die wartenden Be­su­che­r*in­nen vor illegalen Ti­cket­ver­käu­fe­r*in­nen und Ta­schen­die­b*in­nen zu warnen. Das brachte ihm übrigens eine Geldbuße ein, ausgestellt von der Stadtpolizei des Bürgermeisters Nardella.

Vielleicht auch deshalb will Schmidt es jetzt wissen, vielleicht aber träumt er einfach nur davon, ganz so wie die großen Medici-Fürsten der Renaissancezeit in der einzigartigen Stadt Florenz das Zepter zu schwingen. Danach klingt sein Wahlkampfslogan „Firenze magnifica“, „Prächtiges Florenz“, was an den Medici-Herrscher Lorenzo il Magnifico erinnert. Inhaltlich geriert er sich eher als ganz banaler rechter Stadtsheriff. Seinen Wahlkampf bestreitet er, wie es sich für das ihn tragende politische Lager gehört, mit lauten Klagen über die angeblich fehlende öffentliche Sicherheit in der Stadt. „Der redet so, als sei es hier schlimmer als in der Bronx“, meint denn auch die Florentiner Historikerin, „dabei geben die Kriminalitätszahlen das absolut nicht her“.

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