Todesurteil für Rapper in Iran: Der Sohn der Nation
Toomaj Salehi ist eine Ikone der Protestbewegung gegen das iranische Regime. Nun wurde der Rap-Musiker zum Tode verurteilt.
Salehi liebt die Menschen seines Landes. Der 33-jährige Musiker aus Isfahan gehört zur Volksgruppe der Bachtiaren und setzt sich für Unterdrückte in Iran ein. Ob Frauen- und Arbeiterrechte, politische Gefangene in den Gefängnissen oder Korruption – Salehi thematisiert all das und mehr in seiner Musik. Dafür hat er weltweit Bekanntheit erlangt.
Dem iranischen Regime ist das ein Dorn im Auge. Im September 2021 wurde Salehi erstmals verhaftet. Doch der Musiker ließ sich nicht brechen und seine Anhängerschaft wuchs mit jedem neuen Lied weiter. Nach Ausbruch der „Frau, Leben, Freiheit“-Proteste im September 2022 solidarisierte sich Salehi mit den Protestierenden, allen voran den Frauen, und ging mit auf die Straße. Obwohl er nie proaktiv versuchte, eine Vorreiterrolle der Protestbewegung einzunehmen, wurde ihm diese von vielen Menschen zugesprochen.
Im Oktober 2022 veröffentlichte er ein neues Lied, in dem er wieder das Regime kritisierte. „Das Verbrechen einer Person war es, ihr Haar im Wind tanzen zu lassen“, rappt er darin. Er kritisiert das Justizsystem, in dem Kläger zu Angeklagten werden, und macht die Islamische Republik dafür verantwortlich.
Empfohlener externer Inhalt
Kurz nach Veröffentlichung wurde er verhaftet. Berichte über Folter erschütterten die Welt. Ihm wurden Bein, Finger und einige Rippen gebrochen. Zwischenzeitlich drohte ihm, auf einem Auge zu erblinden. Er verbrachte insgesamt 252 Tage in Isolationshaft.
Die Haft brach den Musiker nicht
Salehis Inhaftierung löste zahlreiche Proteste in Iran und weltweit aus. Währenddessen zeigte das Regime im Staatsfernsehen ein unter Folter erzwungenes Video, in dem er sich für seine Taten entschuldigte. Das Video wurde aufwendig zusammengeschnitten mit Bildern aus seinem letzten Musikvideo. Das Regime wollte die Protestbewegung dadurch demoralisieren.
Doch unter Salehis Fans herrschte schnell Einigkeit: Dieser Folterbeweis sollte nicht geteilt werden. Kaum jemand teilte das Material, sodass es bis heute schwierig ist, dieses Video zu finden. Seine Fans unterstützen ihn auch in schwierigsten Zeiten. Für sie ist er nach wie vor ein Held, ein Symbol der Protestbewegung.
Durch den öffentlichen Druck konnte die Todesstrafe lange abgewendet werden. Salehi wurde zu einer sechsjährigen Haftstrafe verurteilt, wurde dann aber im November 2023 vorübergehend auf Kaution aus der Haft entlassen.
Die Haft schien den Musiker nicht gebrochen zu haben. Nach seiner Freilassung traf er sich mit bekannten Persönlichkeiten der Protestbewegung. Außerdem teilte er ein Video, in dem er sich für die Unterstützung während der Haft bedankte.
„Ihr habt mir das Leben gerettet“, sagte er. Auch von der Folter in der Haft sprach er und erklärte, er habe gegen die Verantwortlichen Anzeige erstattet. Dafür wurde er erneut festgenommen, nur elf Tage nach seiner Freilassung. Nun bestätigte sein Anwalt auf X, dass gegen den Musiker die Todesstrafe verhängt wurde.
Weltweit solidarisieren sich nun Menschen. In Deutschland setzt sich die SPD-Bundestagsabgeordnete Ye-One Rhie als politische Patin für ihn ein, der deutsche Rapper Jalil startete eine Petition und auch Musiker Jan Delay zeigte seine Solidarität auf X. „Toomaj ist unsere rote Linie“, schreiben Iraner*innen weltweit. Er ist der Sohn Irans.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos