Medizinforschungsgesetz: Aufschub für Globuli
Gesundheitsminister Lauterbach hat das neue Medizinforschungsgesetz vorgestellt. Die Abschaffung von Homöopathie als Kassenleistung vertagt er.
Um Deutschland wieder attraktiver für Pharmafirmen zu machen, sollen vor allem die Zulassung von Studien vereinfacht und beschleunigt sowie Bürokratie abgebaut werden. Einen ersten Entwurf des Gesetzes hatte Lauterbach bereits im Dezember als Teil einer großangelegten Pharma-Strategie vorgestellt.
Mit dem neuen Gesetz sollen Genehmigungsverfahren für klinische Prüfungen sowie Zulassungsverfahren von Arzneimitteln und Strahlenanwendungen zukünftig deutlich schneller ablaufen. Bisher seien Investitionen durch große Pharmafirmen in Deutschland „unglaublich unattraktiv“ gewesen, doch das werde sich mit dem neuen Gesetz ändern. So soll es bald möglich sein, eine deutschlandweite Studie in nur 26 Tagen zu prüfen und zu genehmigen.
Mit der Aussicht, dass mit dem Medizinforschungsgesetz mehr Pharma-Unternehmen in Deutschland investieren werden, verbindet Lauterbach auch einen wirtschaftspolitischen Vorteil und hofft auf neue Arbeitsplätze in der Pharma-Industrie. Auch die Forschung an Universitäten würde von der „enormen Beschleunigung“ profitieren, das Medizinforschungsgesetz sei ein Segen für die Universitäten. Der Verband der Universitätsklinika Deutschlands begrüßt die Verabschiedung des Gesetzentwurfs, es werde damit „ein positives Zeichen für den Forschungsstandort Deutschland gesetzt“.
Kritik an „geheimen Preisen“
Nach der Vorstellung des ersten Referentenentwurfs im Januar gab es von verschiedenen Landesärztekammern sowie dem Deutschen Gewerkschaftsbund harsche Kritik an der geplanten Einrichtung einer zentralen Bundesethikkommission, die an die Stelle der Ethik-Kommissionen der Länder treten sollte. Diese Kritik hat das Gesundheitsministerium zumindest teilweise berücksichtigt: Die einzelnen Ethik-Kommissionen der Länder sollen bestehen bleiben. Lauterbach betonte, man wolle weiterhin auf die erfahrenen Spezialisten aus den Ländern zurückgreifen.
Eine unabhängige „Spezialisierte Ethik-Kommission für besonders komplexe oder eilige Verfahren“ soll aber trotzdem eingerichtet werden. Kritik an mangelnder Unabhängigkeit einer solchen Kommission, deren Mitglieder unter anderem vom Gesundheitsminister berufen werden sollen, wies Lauterbach zurück, und verwies auf ein vergleichbares Vorgehen bei der Ständigen Impfkommission (Stiko).
Auch nach Überarbeitung des ersten Referentenentwurfs bleiben sogenannte „geheime Preise“ von Arzneimitteln ein großer Kritikpunkt am Medizinforschungsgesetz. Zukünftig sollen die Ergebnisse von Preisverhandlungen zwischen Krankenkassen und Pharmafirmen nicht mehr öffentlich gemacht werden. Solche „vertraulichen Erstattungsbeträge“ würden laut Kritikern zu Mehrkosten für Beitragszahler sowie zu bürokratischem Mehraufwand für Krankenhäuser und Krankenkassen führen.
Am Dienstag war bekannt geworden, dass die von Lauterbach angekündigte Streichung von homöopathischen Behandlungen als Kassenleistung nicht mehr im entsprechenden Gesetzentwurf enthalten ist. Der Minister verwies auf koalitionsinternen Diskussionsbedarf, bekräftigte aber seine Ablehnung von Homöopathie.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Autobranche in der Krise
Kaum einer will die E-Autos
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
Ungelöstes Problem der Erneuerbaren
Ein November voller Dunkelflauten
Abschiebung von Pflegekräften
Grenzenlose Dummheit
Plan für Negativ-Emissionen
CO2-Entnahme ganz bald, fest versprochen!
113 Erstunterzeichnende
Abgeordnete reichen AfD-Verbotsantrag im Bundestag ein