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Demowelle gegen RechtsextremismusSiebtes Wochenende – 100 Demos

Inzwischen hat es bundesweit mehr als 1.150 Demos gegen rechts mit 3,5 Millionen Teilnehmenden gegeben. Unsere Karte zeigt weitere 100 Demos am Wochenende.

Protest gegen die AfD in Thüringen, Nordhausen am 20.02.2024 Foto: Matthias Bein/dpa

Berlin taz | Auf der Nordseeinsel Pellworm ist für Samstag eine Lichteraktion geplant, für Frieden und Demokratie und gegen diejenigen, die diese Werte infrage stellen. „Bringt bitte alles mit, was leuchtet und auch von den Halligen aus gesehen werden kann“, heißt es im Aufruf mehrerer politischer Parteien. „Wir möchten ein bewusstes Zeichen gegen Intoleranz, Ausgrenzung und Aushöhlung demokratischer Werte setzen.“

Pellworm geht mit der Demonstration in eine – inzwischen lange – Liste von Orten bundesweit ein, an denen in den vergangenen Wochen gegen Rechtsextremismus und für ein vielfältiges Deutschland demonstriert wurde. An diesem Wochenende sind erneut 100 Demonstrationen und Kundgebungen geplant.

Am 25.02.2024 wird auch die taz bei der Demo in Hamburg vor Ort sein. #WirSindDieBrandmauer. Hier entlang für die besten Demoschilder zum Ausdrucken!

Auslöser für die Protestwelle waren Enthüllungen des Recherchezentrums Correctiv über ein Treffen von Neonazis Ende November, an dem einige Politiker der in bedeutenden Teilen rechtsextremen AfD sowie einzelne Mitglieder der CDU und der rechtsradikalen Werteunion in Potsdam teilgenommen hatten. Dabei ging es auch um Pläne, nichtweiße Menschen und Menschen mit ausländischen Wurzeln auszubürgern und zu vertreiben.

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Ein Vortrag kam dabei von dem Neonazi Martin Sellner, der offenbar noch am Freitagabend in einem Neonazi-Treffpunkt in Chemitz erwartet wird. Dagegen hat das Bündnis „Chemnitz nazifrei“ zum Protest aufgerufen. Größere Demos sind an diesem Wochenende außerdem in Dresden, Hamburg, Potsdam und Stuttgart geplant.

In Eisleben, Sachsen-Anhalt, ist ebenfalls Protest geplant. Dort hatte die AfD – die in Sachsen-Anhalt vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft wird – im Kreistag kürzlich gegen Finanzhilfen für das örtliche Theater gestimmt. Die Begründung: MitarbeiterInnen hatten Ende Januar im nahegelegenen Sangerhausen gegen Rechtsextremismus protestiert. Die Hilfen wurden auch ohne die Stimmen der Rechtsextremen verabschiedet.

3,5 Millionen Menschen demonstrieren bundesweit

Inzwischen konnten wir Zahlen für etwa 1.150 Demos gegen Rechts in ganz Deutschland dokumentieren. Insgesamt gingen dabei 3,5 Millionen Menschen auf die Straße. Als neue Anlässe dienten auch immer wieder Gedenktage wie das Gedenken der Holocaust-Opfer am 27. oder Januar oder der Opfer des rechtsextremen Anschlags in Hanau 2020 am 19. Februar.

Am vergangenen Wochenende gab es so mehr als 125 Demos bundesweit, viele davon aus Anlass des Hanau-Gedenkens. Dabei gingen nach unserer Zählung mindestens 180.000 Menschen auf die Straße. Zum bisherigen Höhepunkt der Proteste Ende Januar waren an den Wochenenden Hunderttausende Menschen auf der Straße, allein am Wochenende vom 19. Januar mehr als eine Million.

Demos gegen den Angriffskrieg gegen die Ukraine

Am Samstag jährt sich der völkerrechtswidrige Angriff Russlands auf die gesamte Ukraine zum zweiten Mal. Auch zu diesem Anlass finden zahlreiche Veranstaltungen statt. In Berlin sind für den Samstag mehrere Demonstrationen gegen Russland und Präsident Wladimir Putin sowie zur Solidarität mit den Menschen in der Ukraine angekündigt. Einige Veranstaltungen sind im Umfeld der russischen Botschaft Unter den Linden in Berlin-Mitte geplant.

Der Ukraine-Solidaritätsverein Vitsche wollte bei seiner Demonstration am Samstag eine Stunde lang Fotos und Videos vom Krieg auf die Botschaft projizieren. Die Polizei hatte dies verboten, das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg das Verbot bestätigt. Vitsche will nun das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe einschalten und dort eine Eilentscheidung erreichen. (mit dpa)

Seit Januar sammeln wir die Termine für die aktuellen Demonstrationen gegen Rechtsextremismus – unter anderem über die Mail-Adresse demohinweise@taz.de. Inzwischen haben uns mehr als 650 Hinweise erreicht. Diese Liste bildet die Basis für unsere Analyse, die verarbeiteten Daten können aus unseren Grafiken heruntergeladen und frei verwendet werden. Wir freuen uns über Hinweise auf Fehler und veraltete Informationen und korrigieren diese gerne.

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6 Kommentare

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  • Das fällt mir Loriot ein"Ja, wo laufen sie denn?"

    Wird das irgenjemanden davon abhalten die Nazis zu wählen? Ich denke nicht.

    Ich würde mir wünschen, diese Demos würden konkrete Forderungen an die Politik enthalten.

    • @MIA R.:

      Es geht auch einfach darum um Präsenz zu zeigen. Das die AfD NICHT für das Volk spricht, sondern nur für ihre Blase.

      Es ist sehr angenehm, viele andere Menschen zu sehen, die auch keine Lust auf diesen Haufen haben. Gerade wenn man in Sachsen wohnt .. denn wenn man die normalen Nachrichten verfolgt und Internetkommentare liest, kann man schnell einen anderen Eindruck gewinnen.

  • Der "Nachspann" des Beitrags beginnt mit den Worten:

    "Seit Januar sammeln wir die Termine für die aktuellen Demonstrationen gegen Rechtsextremismus (...)"

    Fragt sich, warum der Beitrag dann mit

    "Mehr als 1.000 Demos gegen rechts"

    betitelt ist.

    Ist es so schwer, das auseinander zu halten? Oder ist es beabsichtigt, Rechte (im Sinne von konservativ) mit Rechstextremisten gleichzusetzen.

    • @Al Dente:

      Konservative sind rechts? Das mag zunehmend auf die Parteien zutreffen und sich immer mehr durchmischen, aber Konservative sind nicht automatisch rechts. Das Problem ist wohl eher das Rechte sich selbst oft als Konservativ bezeichnen um ihre Gesinnung zu kaschieren. Auch gegen Rechte und nicht nur Rechtsextremisten zu demonstrieren trifft schon die Richtigen. Da hilft auch keine Wortklauberei.

    • @Al Dente:

      Gerade gesehen - neuer Titel:

      " Protestwelle gegen Rechtsextremismus



      Siebtes Wochenende – 100 Demos"

      So ist es besser. Danke!

      • Sean-Elias Ansa , Autor des Artikels,
        @Al Dente:

        Gern! Du kannst im Rahmen dieser Protestberichterstattung sicher sein, dass wir immer Rechtsextremismus meinen, auch wenn wir rechts schreiben. Manchmal liegts an der Zeichenzahl oder an SEO oder an Doppelungen. Grüße aus der taz