Kontrolle der Geheimdienste: Linke wollen Sitz einklagen
Zehn Jahre saß André Hahn im Kontrollgremium der Geheimdienste. Weil die Linke keine Fraktion mehr ist, verlor er den Sitz. Jetzt klagt er.
Hahn sitzt seit 2014 als Abgeordneter in dem Gremium, zwischenzeitlich war er auch stellvertretender Vorsitzender. Das Gremium ist eine so verschwiegene wie wichtige Instanz: Hinter abhörsicheren Türen müssen die Nachrichtendienste dort Rechenschaft über ihre Tätigkeiten ablegen. Hahn war hier ein über die Fraktionsgrenzen geschätzter Fragesteller. Bis jetzt.
Denn seit Sahra Wagenknecht und ihre Gefolgsleute die Linke verließen, haben die übriggebliebenen Parlamentarier*innen keinen Fraktionsstatus mehr. Die Bundestagsverwaltung ist deshalb der Ansicht, dass auch Hahn seinen Posten im Kontrollgremium verloren hat – und das Vorschlagsrecht nun bei der Union liegt. Offiziell mitgeteilt habe ihm diese Entscheidung niemand, klagt Hahn. Er erhalte einfach keine Einladungen zu den Sitzungen mehr. Auch auf der Website des Bundestags ist er als Mitglied des Gremiums verschwunden.
Der Linkenpolitiker ist anderer Auffassung als die Bundestagsverwaltung: Der Sitz im Kontrollgremium sei nicht etwa mit Ausschussmitgliedschaften zu vergleichen, welche die Linke mit ihrem Fraktionsstatus verloren hat, sondern mit einem Platz im Bundestagspräsidium. Dort sitzt für die Linkspartei weiterhin Petra Pau, weil sie persönlich vom Plenum für die gesamte Legislaturperiode als Bundestagsvizepräsidentin gewählt worden ist. Auch Hahn ist vom Plenum mit der sogenannten Kanzlermehrheit ins Kontrollgremium gewählt worden, wenn auch erst in einem zweiten Wahlgang.
Am Dienstag habe er nun eine Klage beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingereicht, sagte der Abgeordnete am Mittwoch auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz. Auch habe er eine einstweilige Anordnung beantragt. Schon als klar wurde, dass sein Fall streitig werden würde, hätten er selbst und auch der damalige Fraktionschef Dietmar Bartsch auf allen Ebenen angekündigt, dass Hahn seinen Platz im Kontrollgremium einklagen will, erklärte Hahn.
Machttaktische Spiele der SPD?
Hahn ist empört, dass mit einer Neuwahl nicht zumindest so lange gewartet wird, bis Karlsruhe über die einstweilige Anordnung entschieden hat. Das sei „eine Brüskierung des Bundesverfassungsgerichts“, findet Hahn – und auch seiner eigenen Person. Er fordert, dass Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) den Punkt von der Tagesordnung nimmt oder die Union auf einen Personalvorschlag verzichtet.
Bas und das Bundestagspräsidium antworteten auf eine taz-Anfrage zunächst nicht. Bas aber schaut anders auf den ganzen Komplex, so ist zumindest aus der Unionsfraktion zu hören. Wenn zwei Plätze unbesetzt blieben, habe die Ampel in dem Gremium eine Zwei-Drittel-Mehrheit, heißt es da. Das schwäche die Rechte der Opposition massiv. Ein Platz in dem eigentlich 13-köpfigen Gremium ist ohnehin seit Beginn der Legislatur frei, weil die Vorschläge der AfD regelmäßig im Bundestag keine Mehrheit finden. Wen die Union für den nun freigewordenen Sitz ins Rennen schicken will, wollte sie zunächst nicht mitteilen.
Auch der Vorsitzende des Gremiums, Konstantin von Notz (Grüne), sagte der taz, die Frage, ob Hahn trotz Wegfalls des Fraktionsstatus der Linken Mitglied im Gremium bleiben könne, sei eine juristische und werde von der Bundestagspräsidentin entschieden. Hahn aber stehe der Rechtsweg offen, betonte auch der Grüne. „Ich kann dem geschätzten Kollegen derzeit nur für seine langjährige, engagierte und kollegiale Mitarbeit in der parlamentarischen Kontrolle bis hierhin danken.“
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