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Bann von Produkten mit ZwangsarbeitImport-Verbot der EU wackelt

Die EU-Mitgliedstaaten können sich nicht auf einen Bann von Waren einigen, die mit Zwangsarbeit hergestellt wurden.

Protest in München 2020: Millionen Uiguren sollen in Arbeitslagern interniert sein Foto: Sachelle Babbar/ZUMA Wire/imago

Berlin taz | Der EU-Importbann für Produkte, die mit Zwangsarbeit hergestellt werden, steht auf der Kippe. Die Mitgliedstaaten im Ministerrat konnten sich am vergangenen Freitag auf keine gemeinsame Position zum Kommissionsentwurf einigen. Deshalb wurde das erste sogenannte Trilog-Treffen zwischen Rat, Kommission und Parlament am Montag gestrichen, bestätigte ein Sprecher des Rats der taz.

Aus dem federführenden Bundeswirtschaftsministerium heißt es, Bundesminister Robert Habeck (Grüne) habe deutlich gemacht, „dass er dem Regelungsziel zustimme, Produkte aus Zwangsarbeit vom Binnenmarkt auszuschließen, es ihm aber wichtig sei, keine neuen unnötigen Berichtspflichten für Unternehmen einzuführen“.

Die Minister wollen sich erneut in dieser Woche treffen, Verhandlungen im Trilog könnten im Februar folgen, heißt es aus dem Ministerrat. Mit der Verzögerung wird jedoch die Zeit knapp. Im Juni finden die Wahlen zum Europaparlament statt. Wegen des beginnenden Wahlkampfs könnte eine Einigung schwieriger werden.

Ein erster Entwurf des Importbanns wurde bereits Ende 2022 von der Europäischen Kommission vorgelegt. Im Oktober stimmten die Ver­trete­r*in­nen der Ausschüsse für Außen- und Innenhandel im Europaparlament dafür. Der Entwurf erwähnt China nicht explizit, entstand aber als Reaktion auf anhaltende Kritik wegen mutmaßlicher Zwangsarbeit von Uiguren in China. Die muslimische Minderheit ist dort schweren Menschenrechtsverstößen ausgesetzt, Ex­per­t*in­nen gehen von etwa einer Million Uiguren in Arbeitslagern aus.

Kri­ti­ke­r*in­nen forderten deshalb Verbote von Importen aus besonders gefährdeten Regionen wie der Provinz Xinjiang. Dort hat VW ein Werk, 85 Prozent von Chinas Baumwollproduktion stammt von hier. In den USA gibt es bereits einen Verbot von Importen aus der Region. Immer wieder werden dort etwa Textilhersteller gerügt, weil sie weiterhin Baumwolle aus Xinjiang einsetzten.

Behörden sollen Produkte kontrollieren

Der EU-Bann soll alle Produkte, die mit Zwangsarbeit in Verbindung stehen auf dem EU-Markt verbieten, deren Einfuhr, sowie Ausfuhr. Helene de Rengerve, Beraterin der NGO Anti-Slavery International, begrüßt das Vorhaben, um Zwangsarbeit auch dort zu verhindern, wo Unternehmen keine Kontrolle haben: „Die von der EU vorgeschlagene Verordnung sollte stark genug sein, um gegen staatlich verordnete Zwangsarbeit vorzugehen, auch in der Uiguren-Region und in Turkmenistan.“ Sie ermahnte den Rat, weitere Verzögerungen im Trilog-Verfahren zu vermeiden.

EU-Handelspolitiker Bernd Lange (SPD) ist zuversichtlich, dass es noch zu einer Einigung kommen wird. Bedenken auch aus dem deutschen Wirtschaftsministerium, dass es zu doppelten Berichtspflichten für Unternehmen kommt, sieht Lange nicht. Die risikobasierte Herangehensweise mit Erstellung einer Datenbank für Produkte könnte Prozesse zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten im Rahmen der EU-Lieferkettenrichtlinie eher vereinfachen, meint Lange.

Auch die Grünen-Abgeordnete Anna Cavazzini, die für das EU-Parlament die Lieferkettenrichtlinie zu Sorgfaltspflichten von Unternehmen mit ausgehandelt hat, betonte, der Importbann bedeute nicht so viel Bürokratie wie die EU-Lieferkettenrichtlinie. „Das Verbot von Produkten aus Zwangsarbeit und das EU-Lieferkettengesetz sind zwei Seiten einer Medaille“, so Cavazzini. Während die Lieferkettenrichtlinie Unternehmen dazu verpflichtet, ihre Lieferketten zu überprüfen, seien beim Bann Behörden gefragt, Produkte zu überprüfen.

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11 Kommentare

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  • @ABRAHAM ABRAHAMOVIC

    Sie schon wieder ;-)

    Es geht nicht darum, was die Welt macht. Es geht darum, was *wir* machen. Woran *wir* uns halten wollen.

  • "Die EU-Mitgliedstaaten" konnten sich nicht einigen?



    Nein! Nur einige waren dagegen.



    Welche Staaten, welche Parteien und welche Personen waren es denn, die sich hinter solchen Formulierungen verstecken?



    Bitte redet Klartext.

  • Was ist eigentlich mit Produkten aus Zwangsarbeit, die *in* EU-Ländern hergestellt wrden?

    Ja, Herr Spahn, Frau Weidel, SIE habe ich gefragt.

  • Das Lieferkettengesetz das unter anderen Produkte aus Kinderarbeit unter Strafe stellen soll, wird auch immer Löchriger. FDP ganz vorne dabei beim Torpedieren. Produkte aus Zwangsarbeit zu verbieten wird da noch unwahrscheinlicher sein. Ich war gerade an der Elfenbeinküste und habe wieder Kinder auf Kakaoplantagen gesehen die dort arbeiten müssen weil die Weltmarktpreise zu niedrig sind. Europäische Werte.

    • @Andreas J:

      Das neoliberale Paradies bleibt somit bestehen.

      Weil wenn der Kaffee oder die Schokolade nicht mehr günstig im Supermarkt angeboten wird, wird die Welt zusammenbrechen.

      Kinderarbeit wird gar in anarchokapitalistischen Kreisen als notwendig angesehen, denn Kinder benötigen nicht so viel und zahlen noch keine Steuern, also kann man deren Lohn stark drücken und den eigenen Profit erhöhen, um wettbewerbsfähig zu sein.

      • @Troll Eulenspiegel:

        An der Elfenbeinküste hatte ich den Eindruck das Kinderarbeit sogar zugenommen hat. Für die Einkommensschwachen wird das Leben dort immer härter. Die Preise steigen schneller als die Einkommen. Es wird nur noch über Geld geredet. Bei vielen weil sie zu wenig zum Leben haben und bei einigen weil sie den Hals nicht voll bekommen. Wenn das so weiter geht kracht es irgendwann auch dort, wie in den anderen ehemaligen Französischen Kolonien. Die Sympathien sind groß für die Putschisten.

  • Menschenrechte? Wir pfeifen drauf.

    • @tomás zerolo:

      Die Welt will sie nicht, aufzwingen lohnt sich also nicht.

      • @Abraham Abrahamovic:

        Wie kommen sie darauf das die Welt keine Menschenrechte will? Der Kapitalismus hat kein Interesse.

    • @tomás zerolo:

      Nein, wir erwähnen sie da wo sie unseren wirtschaftlichen und geopolitischen Zielen dienen. 👍