Politische Anschläge in Uganda: Attentat auf Prediger stiftet Unruhe

Der bekannteste Kirchenvorsteher des Landes hat nur knapp einen Anschlag überlebt. Die Polizei gibt sich bedeckt. Das heizt Verschwörungstheorien an.

Ein Mann im weißen Hemd hält eine Rede

Ugandas Präsident Yoweri Museveni nennt die Täter „Mafia“ Foto: Xinhua/imago

Die Angelegenheit beherrscht Ugandas Nachrichtenlage: Vergangene Woche hatten Unbekannte einen der berühmtesten Prediger des Landes angeschossen. Aloysius Bugingo befand sich in seinem Auto auf dem Heimweg in einer ruhigen Vorortgegend der Hauptstadt Kampala.

Am nächsten Morgen berichtete Bugingo vor Pressevertretern von dem Angriff: „Als die Schüsse fielen, fühlte ich einen kalten Schmerz am Rücken.“ Sein Leibwächter habe sich über ihn gebeugt, um ihn mit seinem Körper zu schützen, sagte er. „Ich hatte Angst, aber eine Stimme hat mir zugeflüstert, ich solle nicht zittern, sodass die Angreifer glauben, ich sei tot.“ Als keine Schüsse mehr zu hören waren, sei er direkt ins Krankenhaus gefahren.

Sein Leibwächter, ein Soldat der ugandischen Spezialeinheiten, verstarb an seinen Schussverletzungen, Prediger Bugingo wurde behandelt. Bugingo ist Vorsteher der Prayer Ministries International Kirche, eine der unzähligen Freikirchen Ugandas. Hunderte seiner Anhänger versammelten sich am Morgen nach der Attacke vor seinem Haus, um für ihn zu beten.

„Gott hat mich gerettet“, sagte Bugingo pathetisch zu den Gläubigen: „Der Teufel wollte mich töten, doch Gott hat mir eine zweite Chance gegeben.“ Als Reporter anfingen, Fragen zu stellen, blockte er ab.

Mehr als ein Dutzend Attentate

Dass Autos von berühmten Persönlichkeiten beschossen werden, ist in Uganda keine Seltenheit. 2015 wurde Generalstaatsanwältin Joan Magezi getötet, als sie ihre Kinder zur Schule fahren wollte. Die Angreifer kamen auf einem Motorrad und eröffneten mit einem Sturmgewehr das Feuer.

2021 schossen Täter hunderte Male auf das Auto von Transportminister Kazumba Wamala. Er selbst überlebte, seine Tochter und sein Bodyguard starben.

Insgesamt hat es in den vergangenen Jahren mehr als ein Dutzend solcher Vorfälle gegeben. Sie blieben alle unaufgeklärt. Ugandas Präsident Yoweri Museveni nennt die Täter „Mafia“.

In den aktuellen Fall des Predigers Bugingo mischte sich nun Musevenis Sohn und einer der höchsten Generäle des Landes, Muhoozi Kai­ne­ru­ga­ba, ein. „Wer sind diese Kriminellen? Wir brauchen Antworten!“, schrieb er am Morgen nach dem Angriff auf X. Er ließ dabei auch wissen, dass Prediger Bugingo Kainerugabas politischer Bewegung nahestehe. Er nannte ihn „unser mächtiger Unterstützer“ und erwähnte, mit dem Prediger persönlich gesprochen zu haben, noch vor dessen Befragung durch die Polizei.

Muhoozi Kainerugaba gilt nach Präsident Museveni als der zweitmächtigste Mann Ugandas und wird als Nachfolger für seinen 79-jährigen Vater gehandelt.

Luxusvilla und Leibwächter der Präsidentengarde

Wer ist also dieser Prediger?, fragen Ugandas regierungskritische Presse sowie unzählige Ugander in den sozialen Medien. Woher stammt eigentlich das Geld für seine schlossähnliche Villa? Warum hat ein Prediger Leibwächter, die keine einfachen Polizisten sind, sondern der Präsidentengarde unterstehen? Wer hat es auf seine Kirche abgesehen, der wohl ganz offensichtlich auch die Präsidentenfamilie angehört?

Die Polizei hält sich bedeckt. Mangels fundierter Informationen kursieren nun Verschwörungstheorien: Der Prediger sei von Homosexuellen angegriffen worden, weil er in seinen Predigten das 2023 verabschiedete Anti-Homosexuellen-Gesetz befürwortet habe. Andere Prediger vermuten islamistische Rebellen hinter der Attacke und fordern jetzt auch für sich den Schutz durch Leibwächter. Wieder andere vermuten mafia­ähn­liche Streitereien rivalisierender Kirchenvorsteher. Oder wollte die Opposition mit der Tat die Nachfolge von Präsidentensohn Kai­ne­ru­gaba verhindern?

Der wichtigste Oppositionsführer Ugandas, Musiker Bobi Wine, der als unmittelbarer politischer Konkurrent Kainerugabas gilt, schrieb salopp auf X: „Unser Land befindet sich in einem solchen Chaos, dass sich einige ‚Männer und Frauen Gottes‘ mit Soldaten und Waffen sicherer fühlen als mit dem Schutz Gottes.“

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Simone Schlindwein, Jahrgang 1980, lebt seit 2008 in Uganda und ist taz-Korrespondentin für die Region der Großen Seen: DR Kongo, Ruanda, Burundi, Uganda, Zentralafrikanische Republik, Südsudan. Von 2006 bis 2008 war sie u.a. Moskau-Korrespondentin des Spiegel. Für ihre Arbeit wurde sie u.a. mit dem Journalistenpreis »Der lange Atem« sowie dem Otto-Brenner-Preis ausgezeichnet. Zuletzt veröffentlichte sie die Bücher »Diktatoren als Türsteher Europas« (mit Christian Jakob) und »Tatort Kongo« (mit Dominic Johnson und Bianca Schmolze).

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