Baustopp für Wahrzeichen in Hamburg: Scholztower in Schwierigkeiten
Das Hochhaus Elbtower an den Hamburger Elbbrücken sollte das dritthöchste in Deutschland werden. Dann kam Investor René Benko ins Schlittern.
Nach den ersten fünf Sockel-Etagen wird der Bau nach oben hin immer schmaler. Danach erst schießt der Turm so richtig in die Höhe. Ein wenig erinnert der untere Teil des Rohbaus an die Kreuzfahrtschiffe, die ein paar Kilometer weiter im Hamburger Hafen anlegen.
So richtig kann man sich das noch nicht vorstellen: ein glitzernder Luxus-Wolkenkratzer inmitten dieser rauen und unwirklichen Industrielandschaft rund um die Elbbrücken. Doch genau hier, am östlichen Rand der Hamburger Hafencity, soll ein neues hanseatisches Wahrzeichen entstehen. So zumindest der Plan. Doch seit Ende Oktober ist Baustopp, der Betrieb steht still. Und die ganze Anlage sieht aus wie eine Geisterstadt.
Handschrift des Star-Architekten
Dicke Betonsäulen verbinden die Etagen des Rohbaus miteinander. Sie sollen für Stabilität sorgen und verleihen dem Elbtower seine charakteristische geschwungene Form. „Alles krumm und schief“, urteilt ein Passant nach einem schnellen Blick durch eines der Bauzaun-Gitter. Und er hat nicht mal unrecht. So ganz ohne Außenfassade kommt die gesamte Konstruktion von Star-Architekt David Chipperfield tatsächlich noch etwas windschief daher, so als hätte man die Stockwerke einfach irgendwie übereinander gestapelt.
Im Inneren des skelettartigen Rohbaus sind zahllose Eisenstangen zwischen den nackten Betonwänden eingespannt und stützen die Decken. Vereinzelt leuchten Scheinwerfer-Funzeln am Gebäude, obendrauf thronen dunkelgraue Container mit dem Logo der Bauherrin Signa Prime Selection. Drumherum stehen die leuchtend roten Baukräne der Firma Lupp, weit und breit der einzige Farbakzent in diesem Meer aus Grau. Überall auf dem Baustellen-Areal lagern Eisenstangen, Baugerüste und Gitterzäune. Maschinen, Baufahrzeuge und sonstige Arbeitsgeräte, so weit das Auge reicht.
Fast erschlagen wird man von der schieren Materialität des Geländes. Ob Baggerschaufeln oder Gasflaschen, ob Holzpaletten oder kleine Gabelstapler – es ist, als hätte irgendjemand alle Baustoffe und Arbeitsgeräte dieser Welt schon mal provisorisch hier abgeladen.
Genutzt wird davon momentan nichts. Das einzige, was sich auf dieser riesigen Baustelle bewegt, sind die lose in der Luft flatternden Spanngurte, die hier und da in luftiger Höhe um die Säulen des Beton-Rohbaus geschlungen wurden. Selbst die roten Baukräne wirken irgendwie unbeteiligt. Sieben Stück sind es, sie sind durchnummeriert. Man will bei einem solchen Projekt eben nichts dem Zufall überlassen. Eigentlich.
Der Elbtower sollte nach dem Commerzbank Tower und dem Frankfurter Messeturm das dritthöchste Gebäude Deutschlands werden. Er ist der vorläufige Schlusspunkt des städteplanerischen Monsterprojekts Hafencity und so etwas wie das Vermächtnis von Ex-Bürgermeister Olaf Scholz. Gegen alle Widerstände hatte dieser sich für den Chipperfield-Entwurf und vor allem für den schillernden Immobilienunternehmer René Benko als Investor stark gemacht. Scholz und Benko hatten im Jahr 2013 zum ersten Mal Kontakt gehabt, daran schien sich Scholz während der Ausschreibungsphase zu erinnern. Schade, dass ihm das heute bei so manchem Cum-Ex-Termin nicht mehr gelingen mag.
Wunderwuzzi in Geldnöten
2019 hatte die Hamburger Bürgerschaft dann den Verkauf des Grundstücks beschlossen, Benkos Signa-Gruppe erhielt den Zuschlag. 2021 begannen die Bauarbeiten, und bis zu diesem Jahr kam man gut voran. Doch nun steckt der österreichische „Wunderwuzzi“ Benko in Geldnöten. Erst ging am vergangenen Freitag die deutsche Signa-Immobilientochter in Konkurs, am darauffolgenden Mittwoch meldete dann auch die Signa-Holding beim Handelsgericht in Wien die Insolvenz an. Wie es mit dem prestigeträchtigen Elbtower-Bauvorhaben jetzt weitergeht, ist derzeit noch unklar.
Eine zweite Elbphilharmonie möchte der Senat vermeiden, der Elbtower soll in jedem Fall ohne Steuergelder finanziert werden. Aktuell prüft der Hamburger Allzweck-Milliardär Klaus-Michael Kühne einen Einstieg in das Projekt. Die Stadt Hamburg hat außerdem ein Rückkaufrecht für das Grundstück und das, was vom Gebäude bis dahin steht. Das greift aber wohl frühestens ab 2028. Wenn es blöd läuft, könnte der Luxusturm die nächsten vier Jahre als Bauruine das Stadtbild prägen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen