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Radfahren mit StörfaktorenDie Anonymen Radfahrerfeinde

Auch der Weg zur Arbeit kann mit dem Rad ein Vergnügen sein. Wenn da nicht die vielen Glassplitter auf dem Weg stören würden.

So schön kann es auf dem Rad sein, wenn alles glatt läuft Foto: picture alliance/dpa/Wolfgang Kumm

Was für eine Strecke! Glatter Asphalt bis auf ein paar Huckel, mit vier Metern breit genug für Radler, Fußgänger, Läufer, Skater. Die knapp zwei Kilometer durch den Grünzug zwischen S- Bahnhof Priesterweg und Südkreuz, offiziell: Hans-Baluschek-Park, sind so etwas wie der Höhepunkt einer morgendlichen Fahrt aus dem Berliner Südwesten zum Verlagsgebäude der taz an der Friedrichstraße.

Zugegeben, die gelegentlichen Polizeikontrollen am Priesterweg, ob da auch ja keiner auf dem Fußweg, sondern bloß auf der gröbstpflastrigen Straße davor fährt, können einem das auch mal madig machen. Aber im Grunde ist es ein schönes Dahinrollen, weil der Platz eben reicht, wenn keiner mit Tempo 38 in eine Wegverschwenkung reinrast, Läufer breit nebeneinander oder Skater in der Wegmitte unterwegs sind.

Wenn da nicht die Anonymen Radfahrerfeinde wären. Diese Gruppe, hier mal ARF abgekürzt, ist zwar nirgendwo offiziell registriert, aber es muss sie geben. Zumindest nach dem Sherlock-Holmes-Prinzip, wonach jene Erklärung für ein Phänomen am wahrscheinlichsten ist, die übrig bleibt, wenn man alle anderen ausgeschlossen hat.

Das Phänomen, das sind die Glassplitter auf diesem Wegstück. Es ist nicht eine zerborstene Flasche, die immer wieder zu sehen ist. Nein, da erstreckt sich manchmal über fünf, sechs Meter eine Landschaft aus feinen Splittern. Als hätte sie jemand hingestreut. Schlimm genug, wenn dort abends feiernde Menschen meinen, ihre Flaschen zerschlagen zu müssen. Aber das würde nicht diese mitunter so großflächige Verteilung der Splitter erklären. Und vom Himmel sind sie ja nicht gefallen. Da wären die ARF zumindest eine Möglichkeit.

Schnelle Radfahrer gefallen ja grundsätzlich nicht jedem. Das gilt auch für die Pläne für die offizielle Radschnellverbindung, die dereinst über diesen Weg führen soll. „Kein Radschnellweg im Park“ ist hier und da aufgesprüht. Wobei das eine andere Gruppe sein muss, denn die Scherben sind ein gegenwärtiges Phänomen, während der Radschnellweg wohl erst gegen Ende des Jahrzehnts offiziell wird.

ARF oder nicht: Die splittrige Situation im Hans-Baluschek-Park ist kein Einzelfall. Wer wirklich mehr Menschen auf dem Weg zur Arbeit in den Sattel holen will, der muss nicht nur Radwege bauen, sondern sie auch pflegen. Und das heißt nicht bloß, alle paar Jahre mal zu schauen, ob der Asphalt noch okay ist. Es bedeutet auch, jeden Morgen eine Besenmaschine drüberfahren und die scherbigen Folgen der vorangegangenen Nacht beseitigen zu lassen. Denn wer vielleicht schon bei seiner ersten Fahrt plötzlich mit einem Platten zwischen Zuhause und Job steht, der wird sich sonst überlegen, ob er oder sie sich das noch einmal antut. Nachhaltig wäre das nicht.

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9 Kommentare

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  • Radwege werden zugeparkt, es stehen Leute darauf herum, die in ihre Handyaktivitäten vertieft sind oder es liegen Baustoffe und Glassplitter herum.



    Natürlich kann man benörgeln, dass im Park keine Fahrradtrasse sein soll und das ist einfach blöd. Autostraßen haben wir jedoch genug und gerade da, wo besonders oft so richtig fett auf die Tube gedrückt wird, wären z B Drempel super.



    Im »Autohaus Deutschland« ist so ein Gedanke offenbar unschicklich. Es bleibt beim Alten: Straßen für Autos und wenn Radwege entstehen, kommt der Nörgelbürger und tut so, als sei ihm Parkpflege besonders nah am Herzen.



    Wenn ich Scherbenstreuer*nnen erwischen würde, ich würde sie wohl auffordern, das alles aufzuessen. Von mir aus mit Mayonnaise.

    • @narkosedingsbums:

      Parkbesucher empfinden den Park als Safe Space für Fußgänger.

      Wo alte Leute nicht aufpassen müssen und kleine Kinder frei rumrennen können.

      Wenn da eine Fahrradschnellstraße durchgeht, ist in der Nähe Schluss damit.

      Aus dem gleichen Grund gibt es Protest gegen die Straßenbahnführung durch den Görlitzer Park.

      Fußgänger merken langsam, dass ihre Interessen nicht deckungsgleich mit denen der Radfahrer sind.

      Übrigens ärgere ich mich auch über die vielen Glassplitter auf Radwegen.

      • @rero:

        Das stimmt, die Interessenkonflikte sehe ich auch. Das Problem ist wahrscheinlich auch, dass alle die Wege gerne für sich hätten und so funktioniert das natürlich nicht. Man kann den ganzen Käse ohne gegenseitige Rücksichtnahme vergessen.

  • Die ARF sind aber in der gesamten Stadt unterwegs.

    Ich finde es auch sagenhaft, wo überall und wie oft Glassplitter auf Radwegen zu finden sind.

  • mal angenommen..hier sind tatsächlich Leute unterwegs um Radfahren zu sabotieren..

    ..und nun stelle man sich vor, Andere würden Nägel oder andere Gegenstände auf die Fahrbahn für Autos streuen..

    OMG da wäre sofort von "gefährlichem Eingriff in den Strassenverkehr" die Rede oder besser gleich von "Terrorismus"..

    ..aber hey..hier gehts ja "nur" um Radfahrende..und die sind ja bekanntlich sowieso keine vollwertigen Verkehrsteilnehmer..

    ..sollen sie doch Porsche fahren..

    (Satire)

  • Wer genau hinliest,



    der findet in der taz zunehmend Artikel, kleinere Beiträge und Glossen gegen Müll, Lärm, Hundehaufen und Rotz auf Gehwegen, gegen Dünnschiss im Fernsehen, gegen Pöbelei und Zerstörungswut, gegen Feuerwerk in Deppenhand, gegen Spritzen im Sandkasten und gelegentlich auch gegen Drogen als unverzichtbarem Partyzubehör.



    Nun also Glasscherben.



    Habt ihr Hunde? Oder Kinder bekommen? Einfach älter geworden, raus aus den Flegeljahren?



    Im Ernst: ich bin dankbar für das gelegentliche Anprangern von Brandstiftung aus Langweile, oder Flaschen zerdeppern, weil mir was nicht passt, andernfalls der Eindruck entstehen könnte, eine Mehrheit hätte sich mit dem groben Unfug der Deppen längst abgefunden.



    Womöglich kommt‘s irgendwann noch zur Wiederholung einer flehentlichen Bitte, an der Kita, dem Kinderladen, dem Krankenhaus und dem Gebetshaus auf schwachsinnige Graffiti doch bitte, bitte zu verzichten, ihr könnt ja woan… na ja, so diese Art.



    Danke, taz; zu schade nur und wie im Fitnessstudio, wo man meist diejenigen antrifft, die’s nicht nötig haben, zu schade, dass hier nicht diejenigen lesen, die den ganzen Rotz verursachen!

  • Es ist natürlich kriminell, wenn es so ist, dass absichtlich Glassplitter auf den Weg verbracht werden, sollte angezeigt und/oder geprüft werden.



    Dennoch war/ist es absolut keine gute Idee, Radschnellwege durch Parks zu bauen - Parks dienen der Erholung der Bevölkerung, der Muße, dem Spaziergang, Parks sind auch für Kinder und Rollstuhlfahrende da, für Menschen, die dort auch mal langsam sein dürfen. Wo Menschen nicht ständig auf der Hut sein müssen, von Rasenden angerempelt zu werden.



    In Parks gehört definitiv kein Asphalt - eine Schande ists, und das Gegenteil von Nachhaltigkeit!

    • @Toni Zweig:

      Man hätte diesen Streifen auch nicht "Park" nennen müssen. Es ist doch eher ein Streifen, geeignet zum Durchqueren.

    • @Toni Zweig:

      "Unplattbar"-Mäntel sollten das Problem doch lösen? Mir haben die in solchen Fällen sehr geholfen.