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StolpersteinverlegungDen Namen zurückgeben

Kreuzberg hat einen Stolperstein für Käte Rogalli bekommen. Es ist der erste Stolperstein für eine trans Person ohne Deadnaming.

Der neu verlegte Stolperstein zum Gedenken an Käte Rogalli Foto: Marlena Wessollek

Berlin taz | In der Hagelberger Straße ist es ruhig, es regnet, zwischendurch kommt auch mal die Sonne raus. Etwa 40 Menschen haben sich trotz des wechselhaften Wetters versammelt, um Käte Rogallis zu gedenken.

Hier, vor der Hausnummer 21, wird an diesem Donnerstag ein Stolperstein für sie verlegt. Das Ungewöhnliche daran? Erstmals steht nicht der Deadname einer trans-Person – also der Name, der ihr bei der Geburt zugewiesen wurde –, sondern ihr selbstgewählter Name auf einem Stolperstein. „Damit setzen wir ein erinnerungspolitisches Zeichen für einen transsensiblen Umgang mit historischen Quellen“, sagt Trans-His­to­ri­ke­r*in Kai* Brust, wel­che*r die Verlegung gemeinsam mit dem bildungspolitischen Kollektiv „Educat“ initiiert hat.

„Käte hatte es von Anfang an nicht leicht im Leben“, schildert Brust. Demnach wurde Käte Rogalli von ihren Eltern rausgeworfen, weil sie sich nicht mit dem männlichen Geschlecht identifizierte, das ihr bei ihrer Geburt im September 1903 zugewiesen wurde. Davon ließ sie sich aber nicht einschüchtern: in den 20ern lebte Rogalli in Berlin offen als Frau und bezeichnete sich selbst als Transvestit – die damals geläufige Bezeichnung für trans Personen. Rogalli arbeitete als technische Zeichnerin und Feinmechanikerin. Immer wieder erfuhr sie trans- und homofeindliche Diskriminierung.

Im Nationalsozialismus wurde sie mehrfach denunziert und von der Gestapo schikaniert und inhaftiert. „Sie bekam das Sorgerecht für ihre Kinder entzogen, wurde gezwungen, Männerkleidung zu tragen, und musste Zwangsarbeit leisten“, schildert Brust. 1937 wurde Käte Rogalli für ein Jahr in das KZ Sachsenhausen verschleppt, später musste sie zwei Jahre lang in Bayern Zwangsarbeit leisten. Ab 1941 wurde Käte Rogalli in den Wittenauer Heilstätten zwangspsychiatrisiert, wo sie sich 1943 das Leben nahm. Diese Diskriminierungs- und Gewalterfahrungen seien in den Akten klar nachlesbar, meint Brust.

Keine transsensible Methodik in der Geschichtswissenschaft

Dass Stolpersteine für trans Personen bislang nur mit deren Deadname verlegt wurden, liegt Brust zufolge daran, dass lange keine Sensibilität im Umgang mit Menschen, die sich selbst als Transvestiten identifiziert haben, da war. Nicht immer könne man nachweisen, wie die Personen sich identifiziert haben, sagt Brust. Viele hätten außerdem ihre Identität verborgen, um sich selbst zu schützen. „Es gibt einfach keine transsensible Methodik innerhalb der Geschichtswissenschaft“, so Brust.

Der Stolperstein für Käte Rogalli sei daher ein wichtiger Schritt für die queere Erinnerungskultur, gerade in Bezug aus die NS-Geschichte. Trotzdem bedeutet das wohl nicht unbedingt, dass es künftig gar kein Deadnaming mehr auf Stolpersteinen gibt. „Das ist immer von der Initiative abhängig, die den Stolperstein verlegt“, erklärt Brust.

Seit dem Start des Projekts vor 30 Jahren wurden in Europa mehr als 100.000 Stolpersteine verlegt. Allein in Berlin befindet sich rund ein Zehntel davon. Im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, wo nun auch Rogallis Stolperstein in der Hagelberger Straße liegt, sind es inzwischen rund 1.000.

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