piwik no script img

Aufteilung der Arbeit in FamilienDen Alltag organisieren Frauen

Simone Schmollack
Kommentar von Simone Schmollack

Dass immer mehr Mütter mit kleinen Kindern arbeiten, ist fast eine gute Nachricht. Denn oft arbeiten sie in Teilzeit – und regeln noch das Familienleben.

Alltag vieler Mütter: Von der Arbeit zur Kita, dann noch schnell Einkaufen Foto: zoonar/imago

D ie gute Nachricht zuerst: Fast 70 Prozent der Frauen mit minderjährigen Kindern leisten Erwerbsarbeit. Das sind 9 Prozent mehr als 2005, teilte das Statistische Bundesamt am Mittwoch mit. Auch Väter mit kleinen Kindern gehen heute öfter ins Büro oder in die Fabrik als noch vor einigen Jahren, nämlich zu 92 Prozent.

Und nun die schlechte Nachricht: Sehr viele Frauen, um genau zu sein, 65 Prozent der Mütter in Hetero-Beziehungen arbeiten in Teilzeit, während die Männer meist eine Vollzeitstelle haben. Nur bei schlappen 2 Prozent der Paare ist es umgekehrt.

So gut die aktuellen Zahlen aus dem Arbeitsmarktranking auch klingen mögen, so sehr offenbaren sie doch die Hürden, die es für Eltern nach wie vor gibt: Es fehlt noch immer an Kita- und Hortplätzen – auch wenn es mehr gibt als noch vor einigen Jahren. Es mangelt an Dynamik bei den Geschlechterverhältnissen – obwohl mehr Väter in Elternzeit gehen und einige wenige sogar länger als die üblichen zwei bis drei Monate. Es gibt zu wenig Arbeitgeber:innen, die Väter genauso behandeln wie Mütter – wenngleich manche das Gegenteil behaupten.

Männer überschätzen sich

All das führt zu einer weiteren Misere: zum sogenannten Mental Load. Auch wenn die englische Bezeichnung für eine psychische Last zum Schlagwort verkommen ist, darf die Belastung durch die Organisation des Alltags nicht gering geschätzt werden. Denn die bleibt vor allem an Frauen hängen. Selbst bei Paaren – und das ist das Erschreckende daran –, bei denen beide Part­ne­r:in­nen Vollzeit arbeiten. So zumindest hat es eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung gerade ergeben.

Interessant ist die „gefühlte“ Verteilung der Alltagsorganisation: Während Männer angeben, etwa gleich viel zu tun wie Frauen, empfinden Frauen das überhaupt nicht so. Oder anders formuliert: Männer überschätzen den Anteil ihrer Familienarbeit, während Frauen die Dreckecken sehen und genervt davon sind. Es hilft wenig, Frauen zu raten, sich mal lockerzumachen, und Männern, auch mal unter dem Bett zu saugen. Bis sich diese Ungleichheiten aufgelöst haben, wird es wohl noch eine Weile dauern.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Spannend ist, dass laut Frau Schmollack Frauen Recht haben, wenn die gefühlte Verteilung der Alltagsorganisation differiert.

    So ohne jegliche Begründung.

    Als hätten Frauen irgendwie automatisch recht.

    Dabei wäre eine Studie spannend, was sich dahinter verbirgt.

  • "Männer überschätzen den Anteil ihrer Familienarbeit, während Frauen die Dreckecken sehen und genervt davon sind. "



    Auch wenn in der taz der Feminismus herrscht, könnte der Schluss ja auch sein "Männer schätzen Ihren Anteil richtig ein, während Frauen nie zufrieden sind"?



    Das Mental-Load-Konzept schließt eben auch unrealistische Anforderungen ein.

  • Ich mag es, den Alltag zu organisieren. Wenn ich was nicht schaffe, oder es zeitlich nicht machbar ist, kann ich fast immer meinen Mann bitten (der auch feste Aufgaben im Haushalt und mit unseren drei Kindern übernimmt). Es gibt hier keine Reibungspunkte. Ich empfand schlaflose Nächte und jahrelanges Nicht-Durchschlafen als wesentlich anstrengender.

  • Schade, gerade als der Artikel interessant wurde, kommt ein knapper letzter Absatz mit "gefühlt unfair" und "wird wohl noch etwas dauern". Was wären denn enpfehlenswerte Schritte hin zu mehr Fairness? Reicht es, wenn der Mental Load in der eigenen Beziehung besser verteilt wird oder muss ich die gesamte Gesellschaft umkrempeln?

  • Ich bi nicht hetero und nicht un einer Beziehung,



    irgendwie versxhliesich mir, wo hier das Problem ist. Wenn ein Partner voll arbeitet und der andere Teilueit, ist es doch gerecht, wenn derjenige, der nicht Vollzeit arbeitet, organisatorische Aufgaben übernimmt und mehr im Haushalt macht. Problematisch wird das nur, wenn das nicht mehr freiwillig passiert. Mein persönlicher Eindruck bei Elternpaaren im Umfeld ist allerdings, dass das schon so gewollt ist, dass man Zeit für seine Kinder haben will und nicht nur deswegen Teilzeit arbeitet, weil das Betreuungsangebot fehlt. Warum auch nicht? Man bekommt ja Kinder heutzutage im allgemeinen nicht, um einen Stammhalter zu haben oder weil man vergessen hat zu verhüten, sondern weil man Zeit mit ihnen verbringen will. Verzicht übt doch dabei derjenige Partner (meist der Vater), der Vollzeit arbeitet, damit der andere Elternteil Zeit für die Kinder hat. Aber ich denke, moderne Elternpaare - egal ob hetero oder homo - sind mündig genug, selbst zu entscheiden, welche Aufteilung für sie am besten ist, ohne dass man sie darüber belehren muss, dass das gut oder schlecht ist.

  • Wer sagt denn, dass die Wahrnehmung der Frauen richtiger ist als die der Männer. Wenn die die Steuererklärung machen , das Geld anlegen oder kleine Reparaturen erledigen, was ja typisch wäre, sieht die Frau die Arbeit vielleicht auch nicht?

    Vor allem aber ist es ja in der Regel eine gemeinsame Entscheidung, kein Diktat, wer was macht. Wieso ist also diese Aufteilung ein Problem? Mehrere Kolleginnen von mir arbeiten weniger als der Partner, obwohl sie mehr verdienen würden, weil sie gerne(!) Zeit mit den Kindern bzw dem Kind erleben wollen.

  • Wenn die Autorin aus Prozentpunkten Prozente macht, muss man eigentlich nicht weiterlesen. Danke zumindest, dass die Quelle verlinkt ist, so dass man den Fehler schnell feststellen kann.

  • Das wird sich nur ändern, wenn Frauen und Männer gleichen Lohn für gleiche Arbeit erhalten.