Steigende Zahl von Einbürgerungen: Neue Deutsche braucht das Land

Die steigenden Einbürgerungszahlen sind eine gute Nachricht. Um zukunftsfähig zu bleiben, muss Deutschland mehr Menschen schneller den Pass geben.

Hände halten einen deutschen Reisepass

Der Staat vermittelt gern den Eindruck, es sei ein ganz besonderes Privileg, Deutscher werden zu dürfen Foto: Nikito/imago

Die Zahl klingt erst einmal gut: 168.500 Menschen haben im vergangenen Jahr die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten, ein Rekord seit 20 Jahren. Doch die Zahl klingt besser, als sie ist: Etwa 13,4 Millionen Ausländer leben in der Bundesrepublik. Rund jeder Achtzigste von ihnen hat also 2022 den deutschen Pass bekommen. Das ist sehr wenig.

Es ist sogar verflucht wenig, wenn man in Rechnung stellt, dass es die Deutschen selbst sind, die auf diese Einwanderung angewiesen sind, weil ihnen die Arbeitskräfte, die Renteneinzahler sowie Mütter und Väter auszugehen drohen. Es ist selbstverständlich trotzdem schön, dass die Zahl der Eingebürgerten gegenüber 2021 um 28 Prozent gestiegen ist. Aber es reicht nicht.

Nun bleibt es selbstverständlich jedem einzelnen Menschen selbst überlassen, ob sie oder er Bürger des Landes werden möchte, in dem sich der Lebensmittelpunkt befindet. Allerdings hängt die Entscheidung dafür oder dagegen nicht nur von der persönlichen Befindlichkeit ab. Ausschlaggebend sind die Umstände, die mit dem Prozess der Einbürgerung einhergehen.

Da ist es bisher so, dass ein Mensch in der Regel acht Jahre in Deutschland gelebt haben muss, um überhaupt das Recht zu haben, Deutscher zu werden – von weiteren Einschränkungen ganz abgesehen. Der Staat vermittelt so den Eindruck, als sei es ein ganz besonderes, hart zu erkämpfendes Privileg, Deutscher werden zu dürfen. Nur die Allerbesten dürften sich also glücklich schätzen, den roten Pass zu besitzen.

Die Zukunftsfähigkeit sichern

Das aber ist Unsinn. Die deutsche Gesellschaft benötigt Einwanderer. Deshalb gilt es, die Menschen nicht abzuschrecken, sondern ihnen die Hand zu reichen. Deshalb sollten sie, so wie es eine Gesetzesnovelle der Bundesregierung vorsieht, leichter eingebürgert werden.

Es geht hier nicht um Multikulti und die Frage eines möglichst breiten Angebots an internationalen Speisen, Tanzformen oder Kopfbedeckungen. Wer Schuhplattler bevorzugt, soll gerne dabei bleiben. Es geht vielmehr um die Zukunftsfähigkeit einer im Kern rasant alternden Gesellschaft.

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Jahrgang 1957, ist Mitarbeiter der taz und Buchautor. Seine Themenschwerpunkte sind Zeitgeschichte und der Nahe Osten. Hillenbrand ist Autor mehrerer Bücher zur NS-Geschichte und Judenverfolgung. Zuletzt erschien von ihm: "Die geschützte Insel. Das jüdische Auerbach'sche Waisenhaus in Berlin", Hentrich & Hentrich 2024

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