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Autobahnausbau wird von Ländern verzögertWissing auf der Standspur

Nach einer Einigung der Ampel wollte Verkehrsminister Volker Wissing Vollgas beim Autobahnausbau geben. Nun drücken die Länder auf die Bremse.

Soll ausgebaut werden: das Autobahnkreuz in Oberhausen Foto: Jochen Tack/imago

Berlin dpa | Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) droht mit Plänen für einen schnelleren Bau bestimmter Autobahnprojekte von Ländern ausgebremst zu werden. Landesregierungen, in denen die Grünen mitregieren, wollen mehr Zeit, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab. Wissing hatte den Ländern vor mehr als einer Woche eine Frist gesetzt. Sie sollten dem Bund bis Freitag mitteilen, ob sie ihr Einvernehmen zur gesetzlichen Festschreibung eines Projektes zur Engpassbeseitigung erklären.

Die Ampel-Koalition auf Bundesebene hatte sich Ende März darauf geeinigt, dass es eine Beschleunigung für Autobahnprojekte geben soll, die Stauschwerpunkte und Engstellen sind. Das sind insgesamt 145, zu denen aber auch Teilabschnitte eines Projekts gehören. Sie liegen vor allem in Nordrhein-Westfalen, Bayern, Baden-Württemberg und Hessen. Die Festschreibung eines überragenden öffentlichen Interesses solle aber im Einvernehmen mit dem jeweils betroffenen Land geschehen, hieß es in einem Beschlusspapier des Koalitionsausschusses.

Nordrhein-Westfalen hat noch kein grünes Licht für die Beschleunigung von Autobahnprojekten gegeben. „Die Gespräche dauern an“, sagte ein Sprecher von NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne).

Auch Hessen benötigt mehr Zeit für die Prüfung der Pläne. Das hessische Verkehrsministerium werde dafür „noch einige Tage länger brauchen“, teilte Minister Tarek Al-Wazir (Grüne) mit. Hessen bemühe sich um eine schnelle Bearbeitung, damit ein Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens im Bund noch vor der Sommerpause erreicht werden könne.

Noch im Abstimmungsprozess

Das Verkehrsministerium in Baden-Württemberg stimmt sich nach eigenen Angaben noch innerhalb der Regierung um Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) ab. „Wie wir dem Bundesminister antworten werden, können wir derzeit noch nicht sagen. Wir sind dazu in der Regierung noch im Abstimmungsprozess“, teilte der Sprecher des Ministeriums mit.

In Bayern will der Bund für 23 Autobahnausbauprojekte ein „überragendes öffentliches Interesse“ feststellen. Der Freistaat Bayern werde alle diese Projekte für das Planungsbeschleunigungsgesetz anmelden, so das Verkehrsministerium. Eine entsprechende Meldung an das Bundesverkehrsministerium werde fristgerecht erfolgen.

Die rheinland-pfälzische Wirtschafts- und Verkehrsministerin Daniela Schmitt (FDP) befürwortet die von ihrem Parteikollegen Wissing geplante Beschleunigung für Autobahn-Projekte. Die vom Bundesverkehrsministerium vorgeschlagene Liste an Projekten sei vollumfänglich zu befürworten. Wissing stammt aus Rheinland-Pfalz.

Überholspur durch „öffentliches Interesse“

Mit der Festschreibung eines überragenden öffentlichen Interesses sollen Planungszeiten für Verkehrswege deutlich verringert werden. Nach Darstellung des Bundesverkehrsministeriums sollen insgesamt 988 Kilometer neue Straßen gebaut werden, das entspreche 7,5 Prozent des Bestandsnetzes. Das Ziel: weniger Staus und flüssigerer Verkehr. Stimmt ein Land zu, sollen Projekte in ein von Wissing geplantes Genehmigungsbeschleunigungsgesetz aufgenommen werden, wie aus einem Schreiben des Ministers an die Länder hervorging. Der Gesetzentwurf solle zügig im Bundeskabinett behandelt werden.

In einem der dpa vorliegenden Schreiben Krischers an Wissing fordert der NRW-Minister seinen Amtskollegen im Bund auf, offene Fragen zu klären. Angesichts der Vielzahl von Projekten, die in Nordrhein-Westfalen verortet seien, benötige er vor einer Entscheidung über die Erklärung des jeweiligen Einverständnisses weitere Informationen, so Krischer. Er fragt nach den aktuellen Planungsständen der anstehenden Vorhaben und wo der Bund bei den jeweiligen Maßnahmen konkrete Beschleunigungspotenziale sieht. Krischer will zudem wissen, auf welchen Abschnitten der Engpassbeseitigungen sich zur Sanierung anstehende Brückenbauwerke befinden und wie der konkrete Plan des Bundes zur Umsetzung der Sanierung von Autobahnbrücken in Nordrhein-Westfalen aussieht.

Nordrhein-Westfalen sei ein „Hotspot“ in Bezug auf sanierungsbedürftige Autobahnbrücken, heißt es. Die erbetenen Informationen seien für die Bewertung des komplexen Sachverhalts essenziell und würden für eine Entscheidungsfindung kurzfristig benötigt.

Bayern gehen die Pläne des Bundes für einen schnelleren Autobahnausbau mit Blick auf den Freistaat nicht weit genug. Neben dem bislang vom Bund festgestellten Bedarf möchte Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) noch weitere Autobahnabschnitte beschleunigt ausgebaut haben. Wichtige Projekte aus Bayern seien dort nicht enthalten, so Bernreiter.

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11 Kommentare

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  • Der grüne Verkehrsminister möchte also vom Bund wissen, " auf welchen Abschnitten der Engpassbeseitigung sich zur Sanierung anstehende Brückenbauwerke befinden "?!



    Tja, da würde mich mal interessieren, was seiner Meinung nach Inhalt seines Jobs ist.



    Autogrammkarten ordern?



    Wenn der Minister das nicht weiß, so ist das natürlich peinlich für Ihn. Er sollte sich aber eher an fachkompetente MitarbeiterInnen wenden, ansonsten lohnt sich doch die Autogrammkartenbestellung gar nicht!

  • 6G
    659554 (Profil gelöscht)

    Fazit FDP abwählen, wo immer es geht. Und die CSU natürlich auch.

  • "sollen insgesamt 988 Kilometer neue Straßen gebaut werden, das entspreche 7,5 Prozent des Bestandsnetzes"

    Was für ein Wahnsinn.

    Der Bestand bröckelt dahin, das Klima leidet, aber das Geld soll in neue Strassen fliessen und weiter Natur zerstört werden, damit wir noch schneller fahren können!?

    Es sollte weniger Verkehr sein, nicht mehr. Mit dieser Menge an Strassen erreicht man genau das Gegenteil.

  • Guter Kommentar!

    • @Rudi Hamm:

      Dieser Kommentar sollte als Antwort bei Bolzkopf stehen

  • Wenn der Schuss nach hinten losgeht.

    Grün regierte Länder, wie Baden-Württemberg, haben die Frist für die Anmeldung bewusst verstreichen lassen.



    Während Bayern jetzt bevorzugt schneller und besser sanierte Autobahnen bekommt, bleibt der Albabstieg der A8 in BW eine Dauerstau-Nadelöhr.



    Mathematik für Grüne: Was braucht wohl weniger CO2, fließender Verkehr oder Stundenlanger Stau?

    • @Rudi Hamm:

      Kommt aufs gleiche raus. Zu viele Autos = zuviel CO2-Ausstoß.



      Dazu noch: mehr Straße = mehr Bodenversiegelung.



      Straßenausbau = unnötiger zusätzlicher CO2-Ausstoß.



      Mehr Straße = mehr Verkehr.

  • Wenn Wissings Idee einer Subventionierung des Autokaufs mit einem 49-Euro-Ticket Schule macht, braucht es auch mehr Straßen und Autobahnen.

    www.spiegel.de/wir...-bc79-8ee219b94e0f

  • Also ... die Grünen sind ja keine Verbotspartei (mehr).



    Sie haben sich weiterentwickelt.



    Zur Verhinderungspartei.



    Herzlichen Glückwunsch !

    Die einen kleben am Asphalt, die anderen an alten Zöpfen, nicht wahr ?

    • @Bolzkopf:

      Ja klar. Klischees sind kaum auszurotten. Die Grünen sind also "Verhinderungspartei". So so. Nur zum besseren Verständnis: die FDP verhindert keineswegs den DRINGEND nötigen Klimaschutze? Zudem verhindert sie auch ganz und gar nicht die genauso nötigen Brückenreparaturen. Das sind tolle Ideen, denn die Brücken müssen (siehe A45) voll gesperrt werde, die Staus werden noch länger, die Menschen über alle Maßen belastet und das Klima? Das ist laut Wissing sowieso nur BLA-BLA....

  • Nein, nicht DIE Länder, sondern Grün (mit-) regierte Länder. Das ist ok und demokratisch. Die anderen nicht. Auch das ist ok und demokratisch.