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Buch „Nach trans“ von Elizabeth DuvalEin Subjekt stößt auf Identität

Grundlagentext für die „Trans Theory“: Elizabeth Duval räumt in „Nach Trans“ mit der Illusion der Wahlfreiheit des eigenen Geschlechts auf.

Will sich in „Nach Trans“ ein letztes Mal zum Thema zu äußern: die Autorin Elizabeth Duval Foto: Christoph Hardt/imago

Elizabeth Duval gilt als eine der interessantesten jungen Intellektuellen Spaniens. Taucht ihr Name in Besprechungen oder Fernsehdebatten auf, fällt meist schon im ersten Satz immer dasselbe Adjektiv: trans.

Nun äußert sich die heute 22-Jährige seit ihrer Jugend zu Trans-Rechten, fragt aber dennoch: Was rechtfertigt ein Etikett wie cis oder trans, wenn beispielsweise zwei Menschen dem Äußeren nach klar als Frauen erkannt werden? Sollte man sich da nicht ehrlich machen und zugeben, dass die Frage in erster Linie um das, was ein Mensch zwischen den Beinen hat, kreist und darum, „was wir als abnormal, pervers oder monströs beurteilen“? Duval glaubt: Das Ende der menschlichen Zivilisation werden wir wohl eher erleben als das Ende der Geschlechter.

Angesichts dieser Desillusioniertheit und angesichts des Hasses, den Trans-Debatten immer wieder offenbaren, überrascht die Versöhnlichkeit, die Duvals Buch „Nach Trans. Sex, Gender und die Linke“ zugrunde liegt. Sie wendet sich an diejenigen, die Bedenken haben, denen Veränderungen Angst machen, und arbeitet sich so an den Argumenten jener ab, die ihre Trans-Kritik als feministisch verstanden wissen wollen.

So sei etwa oft zu hören, trans Menschen reproduzierten durch ihre Kleidung oder Verhaltensweisen Geschlechterstereotype. Kein Problem scheinen dieselben Fe­mi­nis­t:in­nen jedoch damit zu haben, „wenn andere Körper, wie die derjenigen, die sie als Frauen bezeichnen, Weiblichkeit ‚performen‘, sich schminken oder die Haare lang tragen, ohne offenkundig auf den Umsturz des patriarchalen Systems hinzuarbeiten“.

Schimäre in der Umkleide

Auch das Schreckgespenst des lüsternen Mannes in der Frauenumkleide, der sich durch ein Umtragen des Geschlechts im Passdokument Zugang zu geschützten Räumen verschafft und, statistisch eher selten auftretend, als Chimäre die Diskussionen über Personenstandsgesetze blockiert, greift Duval auf, wenn sie von der realen Diskriminierung schreibt, die Butch-Lesben in Frauentoiletten seit jeher entgegenschlägt.

Den Fokus legt die Autorin jedoch auf den Umstand, dass Anti-trans-Aktivist:innen Wahlfreiheit in Bezug aufs eigene Geschlecht eine „übertriebene Macht“ zusprächen. Dabei besitze das Subjekt „nicht die Freiheit, zu sein, wer es sein will, sondern lediglich die Freiheit, sich selbst zu erkennen und zu finden“, schreibt Duval, die an der Pariser Sorbonne Philosophie und Literatur studiert und an eine Versöhnung zwischen wissenschaftlichen Erkenntnissen und der These vom Geschlecht als soziokultureller Struktur glaubt.

Geschlecht oder Geschlechterdifferenz würde „durch das Wiederholen bestimmter Muster und die Übernahme von Symbolen und Zeichen erworben, was dazu führt, dass ein Subjekt auf seine Identität stößt“.

Grundlagentext, auf denen andere aufbauen

Elizabeth Duval ist eigentlich Romanautorin. „Nach Trans“ schreibe sie, um sich ein letztes Mal zum Thema zu äußern. Sie ist weit entfernt von jeglichem Betroffenheitsjargon und nutzt die eigene Sprecherposition nur insofern es die identaristische Logik verlangt – die sie ebenfalls kritisiert. Etwas befremdlich wirkt lediglich die Theorie, wonach sie schreibe, weil sie nie biologische Mutter sein werde.

Die Parallele zwischen der Erziehung eines Kindes und der Schaffung eines Werks lässt sich mit Rosa Mayreder infrage stellen, die 1905 kritisierte, dass Frauen „nichts selber sein und leisten, [sondern] vielmehr ihre Söhne zu dem ‚heranbilden‘ [sollen], was ihnen selbst zu werden versagt ist“. Dennoch kann „Nach Trans“ als Grundlagentext gezählt werden, auf den folgende Den­ke­r:in­nen der Trans-Theorie noch lange aufbauen werden.

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7 Kommentare

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  • "Etwas befremdlich wirkt lediglich die Theorie, wonach sie schreibe, weil sie nie biologische Mutter sein werde.



    Die Parallele zwischen der Erziehung eines Kindes und der Schaffung eines Werks lässt sich mit Rosa Mayreder infrage stellen..."



    Befremdlich ist hier erst einmal, den Begriff der biologischen Mutter mit der Erziehung eines Kindes zu übersetzen. Die Erziehung kommt erst nach der Geburt, soweit ich weiß, und da ist die biologische Mutter als solche schon längst im Geschäft.

  • "Seit ihrer Jugend", nun ja, da darf man etwas Schmunzeln. Aber es scheint sich ja erstaunlich viel Vernünftiges in dem Buch zu finden. Wenn es keine Freiheit gibt, wenn nichts gewählt werden kann, kann auch nichts besser als das andere sein. Und dass die "Übernahme von Symbolen und Zeichen" nicht Ziel sondern nur ein Weg ist damit "ein Subjekt auf seine Identität stößt“, ist auch mal eine erfrischende Klarstellung. Wobei meiner Meinung nach weiterhin überhaupt keine Notwendigkeit besteht, weder sich definieren zu lassen, noch sich selber zu definieren. "Abnormal" ist eigentlich jeder und somit auch etwas "trans". Eigentlich wäre das Thema todlangweilig, gäbe es nicht tatsächlich Ausgrenzung und Gewalt gegen bestimmte Formen von Geschlechtlichkeit. Aber diesbezüglich würde ich eher zum Verwischen von Unterschieden raten, als zum Betonen.

  • ...eine Philosophie Studentin mit Bühne in Spanien. Es gibt echt viele gute Autor*innen zum Thema Gender, die man lieber lesen soll.

  • Es gibt keine Wahlfreiheit beim Geschlecht, nur dabei, wie man damit umgeht. Ich habe mir nicht ausgesucht, trans zu sein, ich konnte mir nur aussuchen, was ich mit der Erkenntnis mache, dass es auf die Dauer zerstörerisch und falsch für mich ist, mich als männlich erleben zu müssen und dass es dagegen durchweg befreiend und euphorisch für mich ist, mich als weiblich erleben zu können. Unter der Logik neoliberaler Sachzwänge könnte man nun diese Entscheidung zwischen "innerhalb der gesellschaftlichen Erwartungen langsam eingehen" und "außerhalb bestehender Geschlechternormen ich selbst sein" als Wahlfreiheit auffassen. Das hängt vom eigenen Freiheitsbegriff ab. Aber daran, dass ich ne Frau bin, ändert es nichts.

    Wenn man Geschlechtsidentität nicht als separat von Geschlechterrolle betrachtet, sondern als etwas performativ Erworbenes, kommt man eben nicht weit. Dann bleibt man bestenfalls dabei stecken, sich an Judith Butler abzuarbeiten, wie das Terfs und Postmodernist:innen gleichermaßen tun. Das ist unergiebig, Forscher:innen wie Leslie Feinberg waren da schon vor 30 Jahren weiter und haben begriffen, dass es neben dem biologischen Geschlecht eben nicht nur ein äußeres, soziales Geschlecht gibt, sondern auch ein rein internes Geschlechterselbstbild, das steuert, wie wir es erleben, wenn wir eine bestimmte Geschlechterrolle performen und mit welchen biologischen Geschlechtsmerkmalen wir durchs Leben gehen - ob dieser Dreiklang aus Identität, Rolle und Biologie kongruent ist oder ob Teile davon für uns nicht passen und angepasst werden müssen, hängt dann vom Einzelfall ab.

    Und die klinische Praxis zeigt eben, dass soziales und biologisches Geschlecht hinreichend gut angepasst werden können, dass eine Änderung der Geschlechtsidentität aber genau so wenig möglich ist wie andere Formen von Konversionstherapie.

  • Ich frage mich, wo all die trans Männer sind.

    • @resto:

      Also ich kenne einige. Falls Sie meinen, dass trans Frauen im medialen Diskurs eher auftauchen: Das Gefühl habe ich auch. Ich stelle mir vor, dass, genau wie maskuline Frauen in der Gesellschaft akzeptierter sind als feminine Männer, es weniger Gemüter erregt, wenn eine vermeindliche Frau sich als Mann identifiziert als wenn ein vermeindlicher Mann sich als Frau identifiziert.

      • @wooden_stick:

        Und ich denke, dass da noch mehr mitspielt-die Sozialisation zum Beispiel. Ich lese immer wieder, dass es mehr Transparenz Männer als trans Frauen gibt. Medial Schein es umgekehrt zu sein.