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Cum-Ex-Geschäfte und Hamburger Warburg-BankLandgericht lässt Anklage zu

Die Staatsanwaltschaft legt dem ehemaligen Gesellschafter der Warburg-Bank besonders schwere Steuerhinterziehung zur Last. Dabei geht es auch um Kanzler Scholz.

Hier soll es Cum-Ex-Geschäfte gegeben haben: Warburg-Bank in Hamburg Foto: Daniel Bockwoldt/dpa

Bonn dpa | Das Landgericht Bonn hat die Anklage der Staatsanwaltschaft Köln gegen den vormals persönlich haftenden Gesellschafter der Hamburger Warburg-Bank, Christian Olearius, zugelassen. Das Gericht teilte am Mittwoch in Bonn mit, das Hauptverfahren in dem Cum-Ex-Komplex werde eröffnet. Die Termine für die Hauptverhandlung sollen gesondert bekannt gegeben werden.

Die Staatsanwaltschaft legt dem Angeklagten 15 Fälle der besonders schweren Steuerhinterziehung zwischen 2006 und Ende 2019 zur Last, die er gemeinsam mit gesondert Verfolgten bzw. Verurteilten begangen haben soll. Zwei Fälle sollen im Versuchsstadium geblieben sein. Der entstandene Steuerschaden soll knapp 280 Millionen Euro betragen. Laut Gericht wurde die Anklage in 14 Fällen zugelassen und das Verfahren hinsichtlich eines Falles – Vorwurf der Steuerhinterziehung in Bezug auf den Eigenhandel des Kreditinstituts in der Dividendensaison 2010 – mit Blick auf das Doppelverfolgungsverbot nicht eröffnet.

Seit Jahren wird in der Hamburgischen Bürgerschaft untersucht, ob der damalige Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) Einfluss auf den Steuerfall der in den „Cum-Ex“-Skandal verstrickten Warburg-Bank genommen hat. Der heutige Bundeskanzler bestreitet das.

Nun soll nach dem Willen der Union auch der Bundestag einen Untersuchungsausschuss einsetzen. Er soll klären, ob in Scholz' Zeit als Hamburger Bürgermeister politischer Einfluss auf den Steuerfall genommen wurde und auf Rückforderungen gegen die Bank in Millionenhöhe verzichtet werden sollte. Auch soll geprüft werden, ob Erinnerungslücken, auf die sich der Kanzler in dem Zusammenhang beruft, glaubhaft sind.

Bei „Cum-Ex“-Geschäften nutzten Investoren eine Schwäche bei der Abwicklung der Steuerzahlung, um den deutschen Staat über Jahre hinweg um Geld zu prellen. Rund um den Dividendenstichtag schoben mehrere Beteiligte Aktien mit („cum“) und ohne („ex“) Ausschüttungsanspruch hin und her. In der Folge erstatteten Finanzämter Kapitalertragsteuern, die gar nicht gezahlt worden waren. Dem Staat entstand so ein Milliardenschaden.

Laut der Pressemitteilung soll sich der Angeklagte Olearius für das Kreditinstitut detailliert mit dessen Strategien befasst und auch von ihm dort initiierte „Cum-Ex“-Geschäfte abgesegnet haben. Zudem soll er in alle Planungen eingebunden gewesen sein, so dass er sämtliche Abläufe gekannt und die maßgeblichen Entscheidungen getroffen haben soll.

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9 Kommentare

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  • Es geht vor allem um unser Steuergeld und wie damit umgegangen wird.



    Es reicht den Ultrareichen eben nicht, dass sie zu einem guten Teil zu Lasten der Steuerbeiträge von Arbeitnehmern leben, sondern sie müssen sich direkt im Finanzamt nochmals bereichern. Der CUM-Ex-Schaden ist in Deutschland besonders hoch.



    Warum?



    Und warum ist das so eine Sensation, dass jetzt sich ein Manager der Bank verantworten muss? Im alten Preußen würde der Bürgermeister ihm eine Pistole auf den Tisch legen. Diese Gaunerei Cum-Ex dann mit Krankheit und Mitleidsturen zu bedienen, zeigt einen unglaublichen Abstieg. Wie kann man so tief sinken?



    Mich würde auch interessieren, warum das die Anleger nicht groß gekratzt hat? Wenn ich mein Geld bei solchen Banditen anlege, muss ich mich über Konsequenzen nicht wundern. Wenn ich ein geklautes Auto kaufe, kassiert das der Staat sang und klanglos ein. Hier haben die Reichen doch ihre Gewinne einfach behalten. Die wurden gar nicht dafür zur Verantwortung gezogen.

  • Das Wort „Verjährung“ suggeriert, es sei etwas aus Versehen passiert. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass eine Verjährung von Millionenbeträgen in einer Finanzverwaltung niemals (!) aus Versehen passieren kann.



    So was wird immer (!) entschieden.



    Die Entscheidung läuft hierarchisch ab. Dass Millionenbeträge, die durch organisierter Kriminalität, wie dem Cum-Ex-Komplex gestohlen wurden zurückgefordert werden, ist in der Finanzverwaltung also im Finanzamt selbstverständlich und wird von den Beschäftigten konsequent verfolgt.



    Das Ministerium hat jedoch jederzeit die Möglichkeit, einen Vorgang „von größerer Bedeutung“ an sich zu ziehen.



    Um eine korrupte Entscheidung zu verschleiern wird nicht unmittelbar, sondern mittelbar „entscheidet“. Die Spitze der Hierachie (Ministerium) sagt dem Finanzamt: „macht nix, bis wir uns melden“. D.h. ein rechtlicher Anspruch auf Rückzahlung von gestohlenen Millionenbeträgen kann durch das Finanzamt nicht festgesetzt oder erhoben werden, so lange sich das Ministerium nicht beim Finanzamt meldet. Der Cum Ex Komplex ist DAS Musterbeispiel organissierter Kriminalität und die damalige politische Führung Hanburgs erinnert sich an nix.

    • @Günter:

      Tja, in Hamburg hat man eh ein Problem mit dem Gedächnis.

      Denke da gerade an die hamburger Kotzfoltertoten ...

  • Ich fände ja Präventivhaft angemessen. Wird ja inzwischen auch für Ordnungswidrigkeit angewendet, da ist das bei Steuerbetrug doch auch recht angemessen.

  • Kleiner Korrekturvorschlag:

    "... nutzten Investoren ..."

    müsste heissen

    " ... nutzen organisierte Kriminelle ..."

  • Der Betrug mit CUM CUM (erste Milliarde € !) begann schon 2001 !!!



    Wie kann es sein, daß das Ende erst jetzt, nach 20 Jahren und insgesamt ca. 50 Mrd € Steuerbetrugs-Schaden gelungen ist ?



    Lobbyarbeit ?

    • @Thüringer:

      Lobbyarbeit ?

      Wohl eher Mittäterschaft, oder ?

  • Während Unsereiner Erzwingungshaft bekommt, reicht bei nem Hardcorebankenmafioso das Vergessen.....

  • Im Zweifelsfall wird sich keiner der involvierten Personen vor Gericht erinnern können.