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Förderung von grüner FernwärmeDer „Booster“ blockiert

Eine neue Förderung des Bundes soll „grüne“ Wärmenetze voranbringen. Doch die verantwortliche Behörde kommt bei den Anträgen nicht hinterher.

Heizen mit grüner Fernwärme soll gefördert werden Foto: Joerg Sarbach/ap

Freiburg taz | Es sollte ein „Booster für grüne Fernwärme“ werden: Im vergangenen September startete das Bundeswirtschaftsministerium die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW). Damit sollen Fernwärmenetze vorangebracht werden, die keine fossilen Energien nutzen. Fast 3 Milliarden Euro stellt der Bund bis 2030 dafür zur Verfügung.

Doch nun wird das gut gemeinte Förderprogramm zur Blockade für viele Projekte. Das zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) kommt bei der Bearbeitung der Anträge nicht hinterher. Da Unternehmen nach den Richtlinien erst nach Erhalt der Förderzusage Aufträge vergeben dürfen, hängen viele fertig geplante Projekte nun in der Warteschleife.

Nach Zahlen der Behörde sind seit dem Start der Förderrichtlinie Mitte September bereits 315 Anträge eingegangen. „Allein im Dezember 2022 wurden fast so viele Anträge gestellt wie im gesamten Jahr 2021 im Vorgängerprogramm“, teilte ein Sprecher mit. Diese hohen Zahlen führten „leider zu Verzögerungen bei der Antragsbearbeitung“. Das liege auch daran, dass es sich bei den beantragten Maßnahmen „in der Regel um hochkomplexe Projekte handelt“.

Der enorme Erfolg des Programms hat vor allem zwei Gründe. Erstens ist die Förderung mit bis zu 40 Prozent Investitionszuschuss sehr attraktiv. Zweitens brauchte es von den ersten Veröffentlichungen bis zum Inkrafttreten fast zwei Jahre – was dazu führte, dass in Erwartung des neuen Programms mancher Investor mit seinem Vorhaben abwartete.

Weitere Anträge werden erwartet

Aufgrund der mangelnden Kapazitäten des Bafa sind viele Förderzusagen nun erst im Sommer zu erwarten. Da erst anschließend die Aufträge vergeben werden dürfen, sind die Projekte zur nächsten Heizsaison nicht mehr umzusetzen. Besonders bitter ist das für Unternehmen, die sogar bereit wären, auf eigenes Risiko vorab Aufträge zu vergeben, um keine Zeit zu verlieren. Doch damit würden sie sich selbst aus dem Förderprogramm kegeln.

Fertig geplante Wärmenetze werden somit durch die Regularien und fehlende Kapazitäten beim BAFA auf die lange Bank geschoben. Der Verband kommunaler Unternehmen rechnet auch weiterhin „mit einer enormen Anzahl an Antragsstellungen“. „Das sollte in der Personalplanung sowie beim Aufbau von Bearbeitungskapazitäten berücksichtigt werden“, so ein VKU-Sprecher.

Anfrage daher beim Bafa: Gibt es wirklich keine pragmatische Lösung, um zumindest jenen Unternehmen, die bereit sind auf eigene Faust schon vorab loszulegen, den Weg freizumachen? Die Behörde teilt mit, man könne durchaus „in besonderen, eiligen Fällen“ den Antragstellern „einen vorzeitigen Maßnahmenbeginn auf eigenes Risiko“ ermöglichen. Das nenne sich dann „unverbindliche Inaussichtstellung“. In diesem Fall trage der Antragsteller jedoch das Risiko, dass sein Förderantrag nicht oder nur teilweise genehmigt werden könnte.

Den Durchbruch wird aber auch diese Option kaum bringen. Denn erstens ist das Vorgehen auf explizite Ausnahmefälle beschränkt. Und zweitens ist der Effekt in der Praxis gering, weil die Behörde auch in diesem Fall „zumindest kursorisch die Förderfähigkeit der beantragten Maßnahme prüfen“ müsse, wie das Bafa erklärt. Weil aber auch das angesichts der Personalsituation in vielen Fällen bis zum Sommer dauern dürfte, wäre nichts gewonnen.

Somit droht der „Booster“ zumindest für die nächste Heizsaison zum Rohrkrepierer zu werden.

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2 Kommentare

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  • Warum erteilt das BAFA keinen vorzeitigen Maßnahmenbeginn bei allen Antragstellern, die schriftlich das Förderrisiko übernehmen?

    Wer einen Antrag beim BAFA stellt, kennt in der Regel alle Anforderungen und weis zu Beginn der Antragstellung bereits ob sein Vorhaben überhaupt förderfähig ist.



    Daher gibt es auch sehr viele Antragsteller die wissen auf was sie sich einlassen und auch ohne Förderung ihr Konzept umsetzen würden. Die Förderung dient in den meisten Fällen nur dazu, einen schnelleren ROI zu ermögichen. Die Mehrzahl der Antragssteller sind Überzeugungstäter.



    Alle die mit förderfähigen Konzepten grundsätzlich "nichts am Hut haben" beantragen keinen Zuschuss, da ihnen das Verfahren viel zu komplex ist und die technischen Informationen fehlen, oder sie von den nachhaltigen Konzepten grundsätzlich nicht überzeugt sind. Wenigen ist der Zuschuss zu gering, daher verfolgen sie noch immer die Atomkrafttechik. Da ist mehr Steuergeld zu gewinnen, als dies über das BAFA möglich wäre. Da ist ein BAFA-Zuschuss auch kein Anreiz. Oder fragen Sie mal einen ewig gestrigen Atomkraftbefürworter, ob er sich eine BAFA-bezuschusste Anlage in sein Häusle einbaut. Das geht doch schon aus Überzeugung und dem Nachbarblaming nicht, wenn seit Jahren über Fusionsreaktoren und anderen Schwachsinn gefaselt wurde.

    Wie so häufig steht in unserem Lande mal wieder der Behördenapparat im Weg.

    Auch bei den Balkonanlagen wird durch unnötige abrechnungstechnische und marktsichernde Vorgaben der Stromversorger gebremst. Die Niederländer sind da schon lange weiter.

    PV-Module über 2m² Flächengröße müssen über eine Bauartzulassung verfügen, wenn diese auf das Dach montiert werden, auch wenn diese eine wesentliche höhere Wind- und Schneelast vertragen und ausreichende Befestigungstechniken mitbringen. Alles unnötige bürokratische Hindernisse auf dem Weg zu mehr regenerativer Energie für unser Land.

    Oder die Regulierungen bei Mieterstromanlagen - einfach unnötig und bewusst lobbyiert.

  • Ich bin der Meinung dass jeden Samstag zwischen Wetterbericht und Lottozahlen eine Erfolgsampel unserer Regierung ausgestrahlt wird. So wie ein Zeiger bei Likes z.B.



    Da kann dann gleich jeder und jede den Erfolg der Regierungsprojekte ablesen.



    Könnte n'türlich auch sein dass das eher zu einer Versagensampel wird ...