Obdachlose in Hamburg: Krätze im Winternotprogramm

Ein Ehrenamtlicher aus dem Hamburger Gesundheitsmobil beklagt einen Krätzeausbruch in einer Notunterkunft. Die zuständige Sozialbehörde dementiert.

In einem Regal liegen frische Deckenbezüge und Handtücher

Bei Krätze besonders wichtig: Frische Wäsche in einer Obdachlosenunterkunft in Hamburg Foto: Hannah Wagner/dpa

HAMBURG taz | In einer Hamburger Obdachlosenunterkunft soll schon im November die Krätze ausgebrochen sein. Das sagt ein ehrenamtlicher Obdachlosenhelfer und kritisiert die mangelnden Hygienebedingungen in der Unterkunft in der Friesenstraße. Zwar bestätigt auch die zuständige Sozialbehörde Krätze-Fälle, weist indes die Vorwürfe des Obdachlosenhelfers zurück.

Ronald Kelm engagiert sich beim Gesundheitsmobil, mit dem etwa Ärz­t*in­nen oder Pflege­r*in­nen kostenlose und anonyme medizinische Behandlung für Menschen ohne Krankenversicherung anbieten. Schon seit Wochen, so Kelm, hätten sie vermehrt Patien­t*in­nen mit Krätze behandelt. Viele dieser Menschen hätten in der Unterkunft in der Friesenstraße übernachtet.

Die Pa­ti­en­t*in­nen beschwerten sich darüber, morgens nicht duschen zu können. Ungeduscht würden sie wiederum keine saubere Kleidung in der Unterkunft erhalten, sodass die Milben in der Kleidung blieben. Das wiederum führe dazu, dass sich die Situation mit der Krätze, trotz Medikamenten, nicht bessere.

Krätze, die medizinisch auch Skabies genannt wird, ist eine Hautkrankheit, die durch Parasitenbefall ausgelöst wird. Die weiblichen Krätzmilben dringen in die oberste Hautschicht ein, wo sie sich eine Art Tunnelsystem bauen, um dort ihre Eier abzulegen. Die Folge sind starker Juckreiz und Hautausschläge.

Ein Obdachloser befinde sich in Isolation

Mangelnde Körperhygiene ist nicht der Auslöser für Krätze. Die Krankheit kann also alle treffen. Die Ansteckung mit Krätze erfolgt durch engen Hautkontakt. Bei Menschen, die in schlechten hygienischen Verhältnissen leben, befinden sich aber oft mehr Milben auf der Haut, was eine Ansteckung begünstigt. Einmal angesteckt können Pa­ti­en­t*in­nen mit einer Creme oder mit Tabletten behandelt werden. Damit diese Behandlung wirkt, ist es aber wichtig, dass alle Textilien, mit denen der Mensch in Berührung gekommen ist, bei 60 Grad gewaschen werden.

Die Unterkunft in der Friesenstraße, in der es den Ausbruch gegeben haben soll, liegt im Hamburger Stadtteil Hammerbrook und gehört zum Winternotprogramm, das vom landeseigenen Unternehmen „Fördern & Wohnen“ betrieben wird. Hier können bis zu 400 Obdachlose täglich übernachten. Tagsüber müssen sich die Obdachlosen an anderen Orten aufhalten.

Die Sozialbehörde weist die Vorwürfe des Ehrenamtlichen zurück. Lediglich eine Person sei gegenwärtig von Skabies befallen. Diese werde „entsprechend medizinisch behandelt“ und befinde sich in Isolation. Seit Beginn des Winternotprogramms Anfang November habe es nur fünf weitere Fälle gegeben. Das teilte Behördensprecherin Stefanie Lambernd auf Anfrage mit.

Dass es nur sechs Fälle gegeben haben soll, bezweifelt Kelm. „Das sind ja Mondzahlen“, sagt er. Im Gesundheitsmobil hätten sie schon viel mehr Fälle gesehen und die Pa­ti­en­t*in­nen würden sich ja nicht nur dort melden.

Fehlen Duschen oder nicht?

Auch die angeblich fehlenden Duschen dementiert die Behörde. In der Unterkunft gebe es 42 Duschen, die von der Kapazität her ausreichten, damit alle 400 Übernachtenden täglich duschen könnten. „Die haben vielleicht 42 Duschen im Haus“, sagt Kelm. Dass diese alle betriebsfähig sind, bezweifelt er aber. Er vermutet vielmehr, dass nicht genug Personal und Ehrenamtliche vorhanden seien, um die Duschenden zu betreuen. Gerade gesundheitlich beeinträchtigte Menschen, die auf der Straße leben, müssten beim Duschen überwacht werden, da sie oft Kreislaufprobleme bekommen, sagt Kelm.

Dem Vorwurf des Obdachlosenhelfers, dass Menschen, die nicht geduscht haben, keine frische Kleidung erhalten, widerspricht Lambernd ebenfalls. Auch die Sprecherin von Fördern & Wohnen betont, dass alle Maßnahmen, die die Gesundheitsämter für die Unterkünfte vorschreiben, getroffen worden seien.

Darunter falle auch die räumliche Separation der Erkrankten und „medizinische Behandlung durch das Pflegepersonal vor Ort sowie Austausch beziehungsweise Entsorgung von Kleidung und Bettzeug“. Die Duschen seien im November „kurz defekt“ gewesen, aber repariert worden. Die Kleiderkammer sei gefüllt.

Mitarbeit: Kaija Kutter

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