Braucht die Verfassung Schutz vor Maaßen?

Der CDU-Rechtsaußen erläutert in einem Grundgesetz-Kommentar ausgerechnet das Asylgrundrecht. Der Beck-Verlag hält an ihm fest

Von Christian Rath

Er oder ich. So kann man die Intervention des Bochumer Rechtsprofessors Stefan Huster aus dem vergangenen Sommer zusammenfassen. Wenn Hans-­Georg Maaßen, der nach rechtsaußen gerückte ehemalige Verfassungsschutzchef, weiter im Grundgesetz-Kommentar „Epping/Hillgruber“ schreiben darf, dann will Huster aus dem Autorenkreis ausscheiden. Er wolle die Positionen Maaßens nicht „hoffähig“ machen, indem er mit ihm gemeinsam das Grundgesetz erläutert.

Der Verlag C. H. Beck, in dem das Buch erscheint, hat sich inzwischen entschieden. Maaßen bleibt Autor des Grundgesetz-Kommentars. Jedoch wurde der Autorenvertrag mit Huster auf dessen Wunsch aufgelöst. Begründung für die Treue zu Maaßen: Man stehe „für eine pluralistische und freie wissenschaftliche Diskussionskultur, solange sich diese im verfassungsrechtlichen Rahmen bewegt“.

Mehr Bauchschmerzen sind in einer internen Email der leitenden Beck-Lektoren zu spüren, die vom juristischen Portal LTO zitiert wird: „Sein Verhalten mag für Sie und uns in den vergangenen Jahren unerträglich gewesen sein“, heißt es dort, „eine ‚Gesinnungskündigung‘ des Verlags“ sei jedoch rechtlich nur in sehr engen Grenzen zulässig.

Vor einigen Tagen machte Huster die Entscheidung des Verlags und sein Ausscheiden via Twitter öffentlich – was im Lauf dieser Woche zu einer lebhaften Diskussion führte. Die SZ (Ronen Steinke) und die FAZ (Patrick Bahners) kritisierten C. H. Beck. Die Welt (Andreas Rosenfelder) lobte dagegen die „Standhaftigkeit“ des Verlags.

Parallel dazu zeigte Maaßen wieder einmal seine bizarre Gedankenwelt. In einem Weltwoche-Beitrag zu den Berliner Silvesterkrawallen unterstellte er Parteien und Medien, sie verschleierten gezielt die „Migranten-Kriminalität“, um die weitere „ungesteuerte Massenzuwanderung“ nicht zu gefährden. Ziel sei eine „Enthomo­genisierung“ der Bevölkerung, ein „Menschenzuchtprogramm“, das einem „antideutschen und antiweißen Rassismus“ entspringe.

Man kann Huster also gut verstehen, wenn er mit Maaßen nichts zu tun haben will. Aber ist Maaßens Beitrag in einem Buch, an dem insgesamt 40 Au­to­r:in­nen beteiligt sind, wirklich die Aufregung wert?

Auf den ersten Blick erscheint es zwar besonders befremdlich, dass Maaßen in dem Grundgesetz-Kommentar ausgerechnet Artikel 16a, das Grundrecht auf Asyl, erläutert. Allerdings wurde das deutsche Asyl-Grundrecht bekanntlich 1993 weitgehend abgeschafft. Maßgeblich ist inzwischen das eher großzügigere EU-Asylrecht.

Man kann Huster gut verstehen, wenn er mit Maaßen nichts zu tun haben will. Aber ist der Beitrag wirklich die Aufregung wert?

Maaßen schreibt also über einen ziemlich irrelevant gewordenen Grundgesetz-Artikel. Er räumt auch selbst ein, dass Artikel 16a wegen der EU-recht­lichen Entwicklung „erheblich an Bedeutung verloren“ hat. Hans-Georg Maaßen verzichtet in seiner Erläuterung von Artikel 16a sogar auf jeden Seitenhieb gegen seine Lieblingsfeindin, die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihre offene Flüchtlingspolitik des Jahres 2015. Sein Text besteht fast nur aus Rechtsprechungs-Zitaten.

Auch die bloße Beteiligung an diesem Grundgesetz-Kommentar macht Maaßen nicht „hoffähig“. Es gibt in Deutschland 17 ernst zu nehmende Grundgesetz-Kommentare. Allein acht davon gibt der C. H.-Beck-Verlag heraus, der auch Marktführer für juristische Literatur ist. Und der „Epping/Hillgruber“-Kommentar, an dem Maaßen beteiligt ist, ist ganz sicher nicht der Relevanteste von ihnen.

Wenn etwas die Hoffähigkeit von Hans-Georg Maaßen sichert, dann ist es doch eher seine fortdauernde Mitgliedschaft in der Christlich-Demokratischen Union (CDU), die ihn zur letzten Bundestagswahl immerhin als Direktkandidat in Thüringen aufstellte.