Energiequelle mit Potenzial: Abwärme oft ungenutzt

Die gestiegenen En­er­gieprei­se rücken Abwärme als Energiequelle ins Blickfeld. Für die effiziente Nutzung fehlen jedoch Daten und Wärmenetze.

Rotes Licht leuchtet in einem Rechenzentrum

Energie von Rechenzentren fließt in Abwärme, die meist ungenutzt verpufft Foto: Sebastian Gollnow/dpa

FREIBURG taz | Gesagt ist es immer schnell: Wir müssen industrielle Abwärme besser nutzen. Doch in der Praxis ist das nicht so leicht – vor allem, weil es an Wärmenetzen fehlt und an den Informationen darüber, wo überhaupt Abwärme anfällt. Jetzt soll unter anderem ein neues Energieeffizienzgesetz Fortschritte bringen. Ein erster Entwurf liegt vor – allerdings hat sich die Regierung bisher nicht geeinigt, die Ressortabstimmung steht noch aus.

Die Mengen an Abwärme in Deutschland sind erheblich. Die Deutsche Energieagentur (Dena) bezifferte das Energieeinsparpotenzial durch die Nutzung industrieller Abwärme einmal auf 450 Petajoule. Das sind 125 Milliarden Kilowattstunden im Temperaturbereich ab 60 Grad Celsius – und entspricht dem Heizwert von 12 Milliarden Litern Öl. Im Jahr 2015 errechnete die Dena daraus ein Einsparpotenzial von etwa 5 Milliarden Euro. Heute ist angesichts gestiegener Energiepreise mit entsprechend höheren Einsparmöglichkeiten zu rechnen.

Deshalb denken Politik, Wirtschaft und Wissenschaft vermehrt darüber nach, wie die industrielle Abwärme besser genutzt werden kann. Ein komplexes Unterfangen: Zum einen fehlt es an Daten, auf deren Grundlage die Erzeuger der Abwärme und potenzielle Abnehmer zusammenfinden können. Zum anderen gibt es vielerorts nicht genug Wärmenetze. Seit 2018 sank die Trassenlänge der deutschen Fernwärmenetze nach Zahlen des Energieeffizienzverbandes AGFW sogar geringfügig – nachdem sie zuvor zwei Jahrzehnte lang leicht angestiegen war.

Einzelne Bundesländer wollen nun gegensteuern und Daten erheben. Baden-Württemberg geht voran: Das Land hat bereits vor zwei Jahren die 103 größten Städte verpflichtet – das sind jene mit mehr als 20.000 Einwohnern –, alle relevanten Wärmedaten zusammenzutragen. Bis Ende 2023 müssen die Städte einen Plan dafür entwickeln, wie der gesamte Wärmesektor bis 2050 klimaneutral werden kann. Für das Jahr 2030 sind Zwischenziele zu definieren. Außerdem sollen alle relevanten Abwärmequellen erfasst werden.

Energieeffizienzgesetz soll IT-Branche in die Pflicht nehmen

Nun ist natürlich nicht jede Abwärme wirtschaftlich verwertbar; sei es, weil das Temperaturniveau zu gering ist, oder weil sich in vertretbarer Entfernung der Wärmequelle schlicht kein Abnehmer findet. Daher lässt sich die Nutzung von Abwärme kaum vorschreiben. Martin Pehnt, Wissenschaftlicher Geschäftsführer des Instituts für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (ifeu), schlägt vor: „Produzenten von industrieller Abwärme könnten unter bestimmten Bedingungen verpflichtet werden, diese zu marktgerechtem Preis anzubieten.“ Damit würde immerhin das Angebot offenkundig – und zumindest in einem Teil der Fälle könnten sich Abnehmer finden.

Deutlicher denn je wird das Dilemma der Abwärmenutzung im neuen Energieeffizienzgesetz. Dieses soll explizit die IT-Branche verpflichten, die Abwärme ihrer Server nutzbar zu machen. So sollen die Betreiber großer, neuer Rechenzentren sicherstellen, dass ab dem Jahr 2025 bereits 30 Prozent und ab 2027 sogar 40 Prozent der Abwärme genutzt wird.

Schließlich produzieren deutsche Rechenzentren mit ihrem Stromverbrauch von aktuell 17 Milliarden Kilowattstunden pro Jahr entsprechende Mengen an Abwärme. Der Digitalverband Bitkom verweist darauf, dass die überwiegende Mehrheit der Rechenzentren schon jetzt bereitwillig ihre Abwärme abgebe – es mangele jedoch auch hier an Abnehmern und Wärmenetzen.

Deshalb fordert auch die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz (Deneff) „transparente öffentliche Wärmeregister und eine stringente Wärmeleitplanung“. Nur so könne man die Abnahme von Abwärme in Zukunft sicherstellen.

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