Strom- und Gasknappheit in Irland: Es könnte dunkel werden

Irland ist auf die Energiekrise schlecht vorbereitet. In Offshore-Windparks oder Solarenergie wurde bislang kaum investiert.

Staustufe im Kraftwerk Ardnacrusha

Vor 100 Jahren ermöglichte es Irland noch Unabhängigkeit: Laufwasserkraftwerk in Ardnacrusha Foto: imago

DUBLIN taz | Vor knapp 100 Jahren war Irland noch weitgehend unabhängig in Sachen Energie. Ein Laufwasserkraftwerk im Westen des Landes lieferte damals 90 Prozent des irischen Stroms. Die Regierung gab für das Kraftwerk ein Fünftel des gesamten Jahresbudgets aus, um von britischer Kohle unabhängig zu werden. Inzwischen ist man längst nicht mehr energieautark.

Deshalb werden in diesem Winter wohl die Lichter ausgehen. Das prophezeit jedenfalls Don Moore, der Vorsitzende der Irischen Akademie für Energietechnik sowie des Ausschusses für Klimaaktion. „Irland ist auf die Energiekrise schlechter vorbereitet als alle anderen Länder in Europa“, sagte er. „Wir haben uns selbst in diese Lage gebracht.“

Sein Ausschuss habe seit Jahren gewarnt, dass die Energiesituation sehr anfällig sei, besonders beim Gas. „Wir haben keine Gasspeicher in Irland. Das Gasfeld in Kinsale ist erschöpft, man hätte es als Gasspeicher nutzen und im Sommer Gas hineinpumpen können.“ Darüber hinaus sei Irland eins der wenigen Länder, das über keine Möglichkeit verfügt, Flüssiggas zu importieren.

Dabei wird mehr als die Hälfte des Strombedarfs durch Gas gedeckt. Irland importiert es aus Schottland durch ein Unterwasserrohr. Ein Drittel des britischen Gases wiederum kommt jedoch aus Norwegen, das die Lieferung vermutlich reduzieren wird. Das einzige eigene Gasfeld, Corrib im Nordwesten von Irland, wird 2030 erschöpft sein und deckt aktuell nur ein Viertel des irischen Gasbedarfs.

Auch Generatoren fehlen

Außerdem fehlt es an Generatoren. Die bereits vorhandenen sind in schlechtem Zustand, weil während der Pandemie keine Experten für die Wartung einfliegen konnten.

Wegen des Klimaschutzes hat die Regierung beschlossen, keine Ölfelder zu erschließen. Im nächsten Jahr wird das mit Öl angetriebene Kraftwerk Tarbert wahrscheinlich vom Netz gehen.

Zwischen Irland und Nord-Wales verläuft ein Stromkabel auf dem Grund der Irischen See, über das Strom je nach Versorgungslage ex- oder importiert wird. Da aber auch in Großbritannien eine Energiekrise herrscht, ist in diesem Jahr kaum noch Strom nach Irland geflossen. Und die irischen Onshore-Windparks sind ebenfalls keine sichere Bank. An windstillen Tagen kommen in den Parks nur 10 Prozent des Strombedarfs zustande.

In Offshore-Windparks oder in Solarenergie ist bisher kaum investiert worden, obwohl der Strombedarf in den vergangenen drei Jahren erheblich gestiegen ist. Das liegt zum einen am Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum, zum anderen an der Elektrifizierung des privaten und öffentlichen Verkehrs. Zum großen Teil sind auch Rechenzentren für den steigenden Bedarf verantwortlich. Dublin ist die Stadt mit der höchsten Konzentration von Rechenzentren in Europa. Weltweit beanspruchen solche Zentren 2 Prozent des Stroms, in Irland sind es jetzt schon 11 Prozent.

Kleinere Stromausfälle sind üblich

Im ländlichen Irland sind Stromausfälle im Winter üblich. Bei Stürmen fällt schon mal ein Strommast um oder es reißt ein Kabel. Aber davon sind jeweils nur kleine Gebiete betroffen. Bei einem Blackout wäre das anders. Wenn Faktoren wie Kälte, Windstille und technische Probleme zusammentreffen, könnten weite Landesteile im Dunkeln liegen.

Die Regierung hofft, das Schlimmste zu verhindern. So sollen im Notfall zunächst Großverbraucher wie Apple abgeschaltet werden, die eigene Dieselgeneratoren besitzen – damit Flughäfen, Häfen, Krankenhäuser, Wasserwerke und Gefängnisse weiterhin versorgt werden können.

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