Urteil zur Parteienfinanzierung: Ein teurer Sieg

Die Parteien müssen nach einem Gerichtsurteil viel Geld zurückzahlen. Ein uneigennütziger, weil teurer Sieg der Opposition.

Canan Bayram (Die Grünen) Bundestagsabgeordnete, und Stephan Thomae (FDP), warten im Bundesverfassungsgericht auf den Beginn einer Urteilsverkündung

Grüne, FDP und Linke haben die Klage gegen die Erhöhung der Parteienfinanzierung eingereicht Foto: Uli Deck/dpa

Die Erhöhung der Parteienfinanzierung von 2018 verstieß gegen das Grundgesetz, weil sie unzureichend begründet war. Dieses Urteil des Bundesverfassungsgerichts haben Abgeordnete von FDP, Grünen und Linken erreicht. Die Klä­ge­r:in­nen haben damit einen ziemlich uneigennützigen Erfolg erzielt. Zwar können sie das Urteil politisch nutzen und der damaligen Großen Koalition eine Selbstbedienungsmentalität unterstellen. Allerdings profitierten von der Erhöhung der Staatszuschüsse ja alle Parteien gleichermaßen, also auch FDP, Grüne und Linke. Und nun müssen auch alle Parteien gleichermaßen zurückzahlen. Ein teurer Sieg also, der aber zeigt, dass Oppositionskontrolle funktioniert.

Die Bundestagsverwaltung kann jetzt rund 100 Millionen Euro von den Parteien zurückfordern und sollte dies auch tun. Denn für Vertrauensschutz ist hier kein Raum. Dass die Erhöhung der Staatszuschüsse wacklig ist, war nach Erhebung der Klage allgemein bekannt. Alle großen Parteien haben auch darauf verzichtet, die zusätzlichen Gelder auszugeben und diese stattdessen zurückgelegt. Dementsprechend trifft sie die kommende Millionen-Rückforderung auch nicht existenziell.

Eine andere Frage ist, wie das Parlament selbst mit dem Urteil umgehen sollte. Immerhin haben die Rich­te­r:in­nen Mehrbedarf für Urwahlen und Aktivitäten in sozialen Netzwerken grundsätzlich anerkannt. Es ist daher nicht anrüchig, wenn die Fraktionen für die Zukunft einen neuen, besser begründeten Anlauf unternehmen.

Theoretisch könnte die Begründung für die erhöhten Staatszuschüsse sogar rückwirkend nachgebessert werden. Doch das wäre bedenklich. Denn politische Kommunikation, die in den letzten vier Jahren aus Geldmangel unterblieb, kann ja nicht einfach nachgeholt werden.

Sieger ist am Ende wieder einmal das Bundesverfassungsgericht. Es hat sich als Wächter profiliert, ohne den Parteien ernsthaft zu schaden. Die Politik muss mal wieder eine Ehrenrunde drehen, bekommt mit etwas Verspätung aber doch, was sie vermeintlich braucht.

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

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