Das bringt 2023 in Berlin (2): Enteignung? Und ob!

Die Debatte über die Enteignung großer Immobilienfirmen wird auch 2023 prägen. Und vielleicht gibt es am Jahresende schon ein entsprechendes Gesetz.

Unterstützer*innen des Enteignungs-Entscheids auf einer Demonstration

Wer wird wann wie enteignet? Es bleibt spannend Foto: dpa

BERLIN taz | Die Enteignung der großen privaten Immobiliengesellschaften hat Berlin im vergangenen Jahr und dem davor thematisch geprägt, und sie wird es auch in diesem Jahr tun. Dennoch muss es keine never-ending-Story werden, denn nun stehen entscheidende Schritte an.

Zunächst aber heißt es: same procedure as every year. Die Initiative Deutsche Wohnen & Co enteignen will im Wahlkampf mitmischen. Sprecherin Isabelle Rogner kündigte gegenüber der taz an, mit Straßenständen, Veranstaltungen und Kandidatenbefragungen das Thema bei der Wiederholungswahl präsent zu halten. Damit soll nicht nicht nur die Entscheidung zuungunsten ihrer Gegner beeinflusst, sondern auch der Druck auf den nächsten Senat erhöht werden.

Der entscheidende Impuls wird jedoch von der Expertenkommission zur Vergesellschaftung kommen, die regulär bis Ende April noch vier Sitzungen vor sich hat – zwei weitere könnten bei Bedarf im Mai und Juni hinzukommen. Vereinbart ist, dass sie zügig nach Abschluss ihrer Beratungen einen Abschlussbericht vorlegt.

Der zuletzt präsentierte Zwischenbericht zeigt, die Kommission ist auf einem guten Weg, den Popanz der Vergesellschaftungsgegner von Verfassungswidrigkeit und Nichtfinanzierbarkeit vom Tisch zu räumen. Womöglich ist Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD), der auch zuletzt unbeirrt davon sprach, dass das Anliegen „offensichtlich nicht verfassungskonform“ ist, bis dahin auch bereits weggefegt.

Lackmustest der Koalition

Der Umgang mit den Einschätzungen und Empfehlungen der Kommission wird gleichfalls zum Lackmustest einer neuen Koalition werden, sofern diese nicht nur aus CDU, FDP und SPD bestehen sollte. Der Mietenexperte der Linksfraktion, Niklas Schenker, etwa sagte der taz, „der weitere Prozess muss in den Koalitionsverhandlungen festgeschrieben werden“.

Ein Gesetzesentwurf der Initiative liegt vor und gehört zu den Arbeitsgrundlagen der Kommission

Er erwarte, „dass in den ersten 100 Tagen nach Vorlage des Kommissionsberichts eine Entscheidung über die Erarbeitung eines Vergesellschaftungsgesetzes getroffen wird“. Der Prozess müsse dann umgehend starten. Sollte die Kommission Fragen unbeantwortet lassen, können dann noch Expertise und Gutachten eingeholt werden.

Wie konkret die Kommission Hinweise zur Umsetzung der Vergesellschaftung geben wird oder ob sie vor allem eine juristische Auseinandersetzung mit den Gegenargumenten liefert, ist noch nicht auszumachen. So oder so aber steht fest: Es bleibt eine große Aufgabe, ein wasserdichtes Vergesellschaftungsgesetz zu erarbeiten.

Bei null muss der Senat immerhin nicht anfangen. Ein Gesetzentwurf der Initiative liegt vor und gehört zu den Arbeitsgrundlagen der Kommission, auch wenn sie sich bislang nicht damit befasst hat. Die Linke zumindest will schon bei einer Veranstaltung im Januar ein Konzept zur Ausgestaltung einer Anstalt öffentlichen Rechts vorlegen, in die die zu enteignenden Wohnungen dann überführt werden sollen.

Endlich könnte es also in diesem Jahr mehr um die Fragen des Wie und nicht nur des Ob gehen.

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