Faeser macht Ernst beim Waffenrecht

Die Innenministerin will per Gesetz gegen halbautomatische Waffen, Schreckschuss­pistolen und Armbrüste vorgehen. Die FDP und Lobbyverbände leisten Widerstand

Selbst für Polizisten nicht von echten Waffen zu unterscheiden: eine Schreckschusspistole, für deren Kauf und Besitz bald auch ein kleiner Waffenschein nötig sein soll – wenn es nach Faeser geht Foto: Fo­to:­ Uli Deck/picture alliance

Von Konrad Litschko

Die FDP ging sofort auf Kontra. „Immer neue Forderungen für ein schärferes Waffenrecht helfen nicht weiter“, erklärte ihr Innenexperte Manuel Höferlin zum Gesetzentwurf von Innenministerin Nancy Faeser. Erst mal solle das „vorhandene Strafmaß voll ausgeschöpft werden“. Auch Parteikollege Konstantin Kuhle sprach von einem „falschen Weg“. Und Justizminister und FDP-Mann Marco Buschmann ließ zuletzt ebenso keinen Zweifel, dass er das Vorhaben ablehnt.

Aber Faeser macht jetzt Ernst. Diese Woche legte sie ihren Vorschlag zur Waffenrechtsverschärfung vor. Er wird nun im Kabinett abgestimmt und liegt der taz vor. Das Gesetz hatte Fae­ser bereits im Frühjahr 2021 in ihrem Aktionsplan gegen Rechtsextremismus angekündigt. Nach den Reichsbürgerrazzien und der Silvesternacht machte sie noch mal Druck – und ergänzte Regelungen.

So sollen nun Waffenbehörden verpflichtend die örtliche Polizei zu Waffenbesitzern anfragen und Regelabfragen auch bei Gesundheitsbehörden durchführen. Bei der letzten Reform 2020 war bereits eine Regelabfrage beim Verfassungsschutz eingeführt worden. Nun sollen auch alle, die erstmals eine waffenrechtliche Erlaubnis beantragen, ein ärztliches oder psychologisches Zeugnis vorlegen – eine Reaktion auf den psychisch auffälligen Hanau-Attentäter, der legal Waffen besaß. Bei den Antragstellern sollen auch die Polizeidienststellen der Wohnsitze aus den vergangenen fünf Jahre abgefragt werden. Straftäter sollen erst nach 15 Jahren wieder legal Waffen besitzen dürfen, Mitglieder verbotener Vereine nach zehn Jahren.

Verboten werden zudem „kriegswaffenähnliche halbautomatische Feuerwaffen“, wie sie etwa die Rechtsterroristen von Utøya oder Christchurch nutzten. Diese wirkten in der Szene „besonders anziehend“, heißt es im Gesetzentwurf. In Deutschland sollen davon 225.000 im Umlauf sein – 60 Prozent davon in Privatbesitz.

Auch für den Erwerb und Besitz von Schreckschusswaffen soll nun ein Kleiner Waffenschein nötig sein – in der Silvesternacht wurden sie für Angriffe auf Einsatzkräfte genutzt. Gleiches soll für Armbrüste gelten, die bei Reichsbürgern beliebt sind. Und für Übungen auf Schießständen sollen nun stets Waffenerlaubnisse vorgelegt werden.

Faeser hatte erklärt, Rechtsextreme und Reichsbürger müssten „mit aller Konsequenz“ entwaffnet werden. Es brauche „maximalen Druck aller Behörden“. Nach der Silvesternacht nannte sie eine Verschärfung für Schreckschusswaffen „ein wichtiges Signal“.

Die FDP dagegen blockiert die Waffenrechtsreform von Beginn an. Auch Buschmann hält das Waffengesetz bereits für streng genug. Aktuell äußerte er sich nicht, zuletzt betonte er aber, selbst die strengsten Waffengesetze würden nicht helfen, wenn Menschen sich illegal Waffen beschafften. Auch Jagd- und Schützenverbände sind entrüstet. Schon heute gehörten Waffenbesitzer „zu den am strengsten überwachten Personengruppen in Deutschland“, klagt Friedrich Gepperth, Präsident des Bunds Deutscher Sportschützen. Das Waffengesetz sei das „strengste seiner Art“. Auch ein Verbot halbautomatischer Waffen sei „völlig willkürlich“. Diese würden bei Sportwettbewerben und Jagden eingesetzt, ihre „Deliktrelevanz“ gehe „gegen null“. Hinter Gepperth steht das Forum Waffenrecht, dem nach eigener Auskunft 200 Verbände und Vereine mit rund 750.000 Mitgliedern angehören.

Das Waffengesetz sei bereits das „strengste seiner Art“, klagt die Schützenlobby

Die Gewerkschaft der Polizei unterstützt dagegen zumindest das Vorgehen gegen Schreckschusswaffen. Deren Zahl sei viel zu hoch und sie seien selbst für Polizisten nicht von echten Waffen zu unterscheiden. Auch die mitregierenden Grünen springen Faeser bei. Im Koalitionsvertrag sei eine Reform vereinbart, erinnert Innenexperte Marcel Emmerich. „Und gerade bei der Entwaffnung von Verfassungsfeinden und bei Schreckschusswaffen gibt es erheblichen Handlungsbedarf.“ Die FDP müsse im Interesse der öffentlichen Sicherheit „ein Einsehen haben und den Koalitionsvertrag mit uns umsetzen“.

Faeser selbst verteidigte am Dienstag ihren Gesetzentwurf. Die FDP habe aber recht, dass es auch mehr Kontrollen brauche, sagte sie dem ZDF. Hierfür sei mehr Personal in den Kommunalverwaltungen nötig.